Immer mehr Länder stellen Weichen Richtung Kern

Christian Kern und Werner Faymann
Vier Bundesländer haben sich schon offiziell auf den ÖBB-Chef festgelegt – obwohl erst am Freitag ein Kanzler-Casting geplant ist.

Das Wichtigste:

  • Die Landesparteien Steiermark, Kärnten, Niederösterreich und Vorarlberg haben sich offen für Christian Kern als neuen SPÖ-Chef ausgesprochen.
  • Auch Salzburg und die Gewerkschaft tendieren zu Kern.
  • Der interimistische SPÖ-Chef Michael Häupl soll aber zu Gerhard Zeiler tendieren.
  • Tirols SP-Vorsitzender Ingo Mayr will am Freitag mit Zeiler und Kern über Inhalte reden.
  • Die Favoriten Zeiler und Kern haben sich noch nicht geäußert.
  • Doskozil und Oberhauser rechnen sich keine Chancen aus.

Es gebe am kommenden Freitag kein "Hearing" mit den potenziellen Faymann-Nachfolgern Christian Kern und Gerhard Zeiler, sondern nur "laufend Gespräche", beteuerte Michael Häupls Sprecher am Dienstag. So kann man es natürlich auch interpretieren.

Faktum ist laut KURIER-Recherchen aber, dass Freitagmittag die acht roten Landes-Obmänner auf Einladung des Wiener Bürgermeisters und Interims-SPÖ-Chefs ins Wiener Rathaus kommen. Mit dabei sein werden auch andere Spitzen aus der Partei, wie Klubobmann Andreas Schieder, der Chef der roten Gewerkschafter Wolfgang Katzian sowie Frauen-Vorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek.

Diesen Proponenten sollen Kern und Zeiler Rede und Antwort stehen.

Tirols SP-Vorsitzender Ingo Mayr sagt: "Bei diesem Treffen wollen wir mit den beiden Kandidaten über parteiliche Inhalte reden."

Danach soll entschieden werden, wer Werner Faymann als Bundesparteiobmann und Bundeskanzler beerben soll.

Fixiert werden soll das beim Bundesparteivorstand am Dienstag nach Pfingsten.

Die Entscheidung könnte de facto aber auch schon wesentlich früher fallen. Denn derzeit deutet alles darauf hin, dass ÖBB-Boss Christian Kern das Rennen macht. Das Kanzler-Casting am Freitag würde dann freilich zu einer Pro-forma-Veranstaltung verkommen.

Einer, der sich hinter den Kulissen intensiv für Kern einsetzt, ist Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer. Mehrere Bundesländer haben sich schon offiziell für den 50-jährigen Wiener ausgesprochen. So haben etwa die Landesparteivorstände in der Steiermark und in Kärnten einstimmige Beschlüsse pro Kern gefasst. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser argumentierte, Kern sei "fähig zu neuen Ansätzen", grundsatzgefestigt und habe ein Auftreten, das ihn sowohl auf nationaler Ebene als auch auf internationalen Parkett eine gute Figur machen lasse.

Die SPÖ-Niederösterreich legte sich am Dienstag ebenfalls auf Kern fest.

Gewerkschaft pro Kern

Vorarlbergs SP-Obmann Michael Ritsch teilte am Dienstag vor der Sitzung seiner Landesgruppe mit, dass die wichtigsten SP-Entscheidungsträger im Ländle detto für den ÖBB-Mann seien. Auch in Salzburg läuft es dem Vernehmen nach auf Kern hinaus. Sowohl Bürgermeister Heinz Schaden also auch Landes-SP-Vorsitzender Walter Steidl haben eine Präferenz für Kern erkennen lassen. Die entscheidende Vorstandssitzung findet Mittwochabend statt.

Auch die Weichen in der Gewerkschaft sollen schon in Richtung Kern gestellt sein – FSG-Chef Katzian und ÖGB-Präsident Erich Foglar haben schon am Montag in einer Sitzung erkennen lassen, dass sie Kern als Faymann-Nachfolger sehen wollen – eine überwiegende Mehrheit also für den Bahn-Vorstandschef.

Nicht fix festlegen wollten sich vorerst die Tiroler und die oberösterreichische Landesgruppe. Tirols Ingo Mayr sympathisiert aber mit Kern. Burgenlands Landeschef Hans Niessl wurde zunächst eine Vorliebe für Zeiler nachgesagt. Mittlerweile heißt es aber, auch er könne mit Kern gut leben.

Häupl sprach mit Zeiler

Bleibt die Frage, was will Häupl? Er soll Zeiler favorisieren. Der Medienmanager hat im Wiener Wahlkampf für den Bürgermeister geworben. Zeiler sponsert zudem die SPÖ in Wien-Ottakring, wo auch Häupl seine SPÖ-Wurzeln hat.

Als Faymann Montagmittag zurückgetreten ist, war Zeiler gerade auf dem Weg in die USA – ein großer Nachteil, wenn Personalentscheidungen wie eine Kanzler- und Parteichef-Kür anstehen. Häupl soll sich in der Nacht auf Dienstag telefonisch mit Zeiler beraten haben. Mittwochfrüh soll der Ex-ORF-General nach Österreich zurückkehren.

Das Kalkül der Kern-Fraktion ist offensichtlich: "Es sollen Fakten geschaffen werden, bevor sich Zeiler präsentieren kann", erklärt ein prominenter SPÖ-Mann.

Die Befürchtung der Kern-Gegner ist, dass wieder keine inhaltliche Debatte stattfindet, wenn Kern nun rasch als neuer SPÖ-Frontmann durchgedrückt wird.

Nicht völlig ausgeschlossen war am Dienstag, dass ein lachender Dritter das Rennen macht – auch wenn das angesichts des rasanten SPÖ-Zugs in Richtung Kern äußerst unwahrscheinlich ist.

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