Grüne in der Imagefalle: Gegen Spaß, für Verbote

Glawischnig am Montag im ORF-Sommergespräch.
Eva Glawischnig im ORF-"Sommergespräch". Stark in den Städten, schwach am Land: Die Grünen leiden unter ihrem schlechten Ruf.

Terroranschläge in Europa, keine Lösung für die Flüchtlingsproblematik – die aktuellen Themen spielen den Grünen nicht gerade in die Hände. Dabei hält die Öko-Truppe rund um Frontfrau Eva Glawischnig ohnehin einen Europa-Rekord – nirgends sonst sind die Grünen so stark.

Dass sie stetig gewachsen und nach der letzten Parlamentswahl 2013 einen Höchststand von 12,4 Prozent erreicht haben, kehrte Glawischnig am Montag auch im ORF-Sommergespräch hervor. Die Kritik an ihrer Partei, es offenbar nicht zu schaffen, die ländliche Bevölkerung und die Protest-Wähler zu erreichen, ließ sie unbeantwortet.

Die Zahlen sahen zuletzt eindrucksvoll aus – hatte doch Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen, der sich um das Amt des Bundespräsidenten bewirbt, in der ersten Stichwahl eindrucksvolle 2.251.517 Wähler (50,35 %).

Grüne in der Imagefalle: Gegen Spaß, für Verbote
Ein "Van der Bellen-Effekt" ist aber nicht zu sehen. Auch in aktuellen Umfragen liegen die Grünen nur bei zwölf bis 15 Prozent. Woran das liegt? "Die Wähler unterscheiden da klar zwischen dem Personenwahlkampf für die Hofburg und normalen Wahlen", erklärt OGM-Meinungsforscherin Karin Cvrtila.

Die Expertin erwähnt, dass die Grünen längst in vielen Landesregierungen gute, wenn auch stille Arbeit leisten und eigentlich zeigen, dass eine Grün-Regierung nicht gleich Chaos bedeute. "Ein Problem ist sicher, dass sie nach wie vor sehr stark polarisieren", sagt Cvrtila. Man mag sie – oder gar nicht.

Zudem würden die Landesparteien recht unterschiedlich agieren, unterschiedliche Themen besetzen, unterschiedliche Inhalte vermitteln. "Mir fehlt eine Bundes-einheitliche Linie."

Von einer Öffnung hin zu einer "linkspopulistischen Partei", wie Peter Pilz das anstrebt, hält die Meinungsforscherin aber nichts. "Dann hätten sie sehr schnell ein Problem mit ihrer Glaubwürdigkeit."

Schwach am Land

Aber wofür stehen die Grünen eigentlich? "Zweifellos für den Umweltgedanken, für Multikulti, und sie geben sich in vielen Politikbereichen oft linker als die SPÖ." Entsprechend enden wollend sei ihr Wählerreservoir, meint die Expertin von OGM, das im urbanen Bereich lebe, und höher gebildet sei. "

Am Land schaut es für die Grünen dafür nicht gerade berauschend aus", beschreibt sie ein großes Dilemma, das schon bei der Hofburg-Wahl offensichtlich war. Van der Bellen gewann – teils sehr deutlich – in allen Landeshauptstädten, und hatte sehr schlechte Ergebnisse am Land. "Ich denke, dass die Grünen dort nach wie vor kein gutes Image haben. Sie sind die Linken aus der Stadt, die gegen Spaß und für Verbote sind", beschreibt Cvrtila das Imageproblem.

Das habe auch damit zu tun, dass sie kaum Parteistrukturen am Land hätten, aber auch, dass Grün-Themen selten die Probleme der ländlichen Bevölkerung berühren. "Und die Partei der Pendler sind sie sicher auch nicht."

"Herkules-Aufgaben" Flüchtlinge und Türkei

Die Grünen hätten sehr wohl Themen, die die Menschen am Land berühren, betonte Glawischnig im ORF-Sommergespräch – Klimaschutz, leistbare Mobilität etwa. „Aber natürlich darf eine Partei nie aufhören, an sich zu arbeiten. Wir diskutieren auch, wie wir uns aufstellen und freuen uns auf die nächste Nationalratswahl.“

Parteipolitik sei momentan aber zweitrangig - man habe sich in den vergangenen Wochen darauf konzentriert, Van der Bellen beim Hofburg-Wahlkampf zu unterstützen.
Und jetzt gelte es, „Herkules-Aufgaben“ wie den Türkei-Konflikt und Flüchtlingsströme zu bewältigen.

Beim Thema Visa-Freiheit sei sie „sehr skeptisch“, die Entwicklungen in der Türkei seien nach dem Putsch-Versuch „sehr ernst“. Dass Erdogan droht, den Pakt mit der EU aufzulösen und Flüchtlinge nach Europa zu schicken, sei absehbar gewesen, sagt Glawischnig: „Die EU bleibt erpressbar, solange sie selbst keine Lösung findet.“

Und wie wird es Van der Bellen angesichts dieser brisanten Themen im Wahlkampf ergehen? "Gerade in Zeiten von Verunsicherung und Ängsten braucht es eine Persönlichkeit wie ihn, die Besonnenheit ausstrahlt und sehr sorgfältig mit unserer Zukunft umgeht", sagt die Grünen-Chefin. Daher sieht sie die Chancen für den Hofburg-Kandidaten Van der Bellen auch durch die jüngsten Terrorattacken nicht geschmälert. Er würde "nicht zündeln" in Richtung EU-Austritt - während FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und der FPÖ-Kandidat Norbert Hofer "das Wort Öxit zusammen erfunden" hätten.

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