Hypo-U-Ausschuss: Kulterer hat "die Schnauze voll"

Der als Auskunftsperson geladene ehemalige Hypo-Chef Wolfgang Kulterer
Der vorletzte Tag bringt noch einmal prominente Zeugen: Ex-Bankchef Wolfgang Kulterer und Ex-Finanzministerin Maria Fekter.

Die Stimmung bei der Befragung von Ex-Bankchef Wolfgang Kulterer im Hypo-U-Ausschuss ist Donnerstagvormittag teilweise ordentlich hochgekocht. Er habe "die Schnauze voll" von "ständigen Verdächtigungen", echauffierte sich Kulterer, der im Hypo-Zusammenhang derzeit im Gefängnis sitzt. Der U-Ausschuss-Vorsitzende Norbert Hofer (FPÖ) erbat weniger Emotionen beim Fragen und Antworten.

Zu einem heftigen Wortwechsel kam es etwa, als sich NEOS-Mandatar Rainer Hable für ausländische Vermögenswerte des früheren Bankchefs interessierte. "An Ihnen ist ja ein Staatsanwalt verloren gegangen", warf Kulterer dem Abgeordneten an den Kopf. Hable konterte sinngemäß, er wäre froh, wenn die Ermittler auf ihn hören würden. "Ich hab die Schnauze voll von diesen ständigen Verdächtigungen", entgegnete Kulterer aufgebracht. Hable versuche, ein "Gespenst" aufzubauen.

Wortgefecht

Lauter wurde es im Ausschuss auch, als Team-Stronach-Klubobmann Robert Lugar an der Reihe war. Er legte Kulterer einen Kreditantrag im Zusammenhang mit dem Projekt Hilltop vor und sprach von einer "geschobenen Partie". Kulterer wies darauf hin, dass da seine Unterschrift fehle und zweifelte an der Echtheit des Papiers. "Das ist im Gerichtssaal zu klären", entschlug sich Kulterer nach einem Wortgefecht mit Lugar letztlich der Aussage. Kulterer sei als Auskunftsperson im Hohen Haus und nicht als Beschuldigter, wies Ausschuss-Vorsitzender Karlheinz Kopf (ÖVP), der Hofer abgelöst hatte, Lugar zurecht.

Dieser wollte allerdings nicht lockerlassen und sorgte mit seinem Befragungsstil mehrmals für Raunen in den Abgeordnetenreihen. "Du bist auch des Zuhörens mächtig", die Rechte einer Auskunftsperson seien zu berücksichtigen, fing sich Lugar einen weiteren Rüffel des Vorsitzenden ein. Der Ex-Bankchef verlor dann endgültig die Fassung, als Lugar ihm im Zusammenhang mit Abläufen bei Kreditanträgen ein "System Kulterer" unterstellte: "Es ist eine Schweinerei, was Sie da machen", empörte sich Kulterer lautstark. Wenn Lugar irgendetwas interpretiere, "ist mir das wurscht".

Opferrolle

Kulterer, hatte sich davor bei seinem bereits zweiten Auftritt als Auskunftsperson wieder in die Opferrolle begeben. Die Fülle an Verfahren gegen ihn bezeichnete der Ex-Manager, der im Hypo-Zusammenhang derzeit im Gefängnis sitzt, als "menschenunwürdig". Bis zum Abschied als Vorstandschef 2006 stehe er aber voll zu seiner Verantwortung.

"Balkan-Mentalität"

Er habe beispielsweise die "Balkan-Mentalität" unterschätzt, zu wenig selbst nachkontrolliert, Fehler in der Personalauswahl gemacht, zu viel Vertrauen in die dezentrale Organisation der Hypo gehabt und auch zu lange Dauern bei der Nachbesetzung der Vorstände zugelassen. Wissentlich habe er aber nie einen Schaden herbeigeführt, betonte Kulterer. Das Wachstum der Hypo sei auch zu schnell gewesen. Ohne Finanzkrise wäre ein Risikopotenzial von einer Milliarde Euro entstanden, "aber nicht mehr".

Allzuoft werde aber vergessen, dass nach ihm, Kulterer, bis zur Hypo-Verstaatlichung Ende 2009 noch drei weitere Manager Vorstandsvorsitzende der Skandalbank waren - Siegfried Grigg, Tilo Berlin und Wolfgang Pinkl. Kulterer wechselte vom Vorstandschefsessel aber vorübergehend, bis Juli 2007, auch noch in den Chefsessel des Aufsichtsrats. Zum Jahreswechsel 2007/2008 war er in manchen Hypo-Gesellschaften noch "auslaufend" tätig. Im Jänner 2008 war er letztmals in der Bank, danach habe er sie nie mehr betreten. Nie habe er den Auftrag gegeben, Akten zu vernichten. "Diese Behauptung ist ein völliger Blödsinn."

Motivation fehlt

Eigentlich fehle ihm die Motivation, die Fragen der Abgeordneten zu beantworten, denn es sei sinnlos, gab sich Kulterer polemisch. Andererseits wolle er aber sehr wohl zur Aufklärung beitragen. Er würde auch im Nachhinein keine Landeshaftungen mehr für beide Hypo-Einheiten - die Hypo-International und die Hypo-Österreich - zu bekommen versuchen, so Kulterer, damals habe er dies als Vorstandchef aber müssen.

Alleine heuer verbringt Kulterer, wie er ausführte, 70 Tage als Angeklagter bzw. Zeuge bei Gericht in Klagenfurt. Das sei fast ein halbes Arbeitsjahr. Er werde seit acht Jahren verfolgt, damit habe er schon beinahe die Höchststrafe für Wirtschaftsdelikte von zehn Jahren "abgebüßt", sagte Kulterer. Zuletzt habe es drei Freisprüche für ihn gegeben. "Leider Gottes sind zwei aber wieder von der Staatsanwaltschaft beeinsprucht worden und nun beim OGH."

Berlins Rücktritt als Alarmsignal

Die Verstaatlichung der Hypo geißelte Kulterer neuerlich. Die Bayern hätten ihren Ausstieg aus der Hypo schon 2008 beschlossen, die Österreicher hätten das viel zu spät erst 2009 gemerkt. Der Rücktritt von Berlin als Bankchef im Frühjahr 2009 hätte Alarmsignal genug sein müssen, so Kulterer. Dann sei es zur "Notverstaatlichung ohne Not" gekommen, verwendete Kulterer einen Sager, der gerne von verschiedene Oppositionspolitikern verwendet wird. Grund für die Verstaatlichung sei sicher nicht ein finanzieller Notstand der Hypo gewesen, mutmaßte der frühere Bankchef.

"Auch wirtschaftlich wurde ich ruiniert" bedauerte Kulterer. "Vier Millionen Euro habe ich bisher seit 2010 für Anwaltskosten und Gutachten aufbringen müssen. Ich habe mein gesamtes Vermögen verkauft, alle Beteiligungen verkauft. Die Transaktionen sind alle transparent in Österreich erfolgt", versuchte der Ex-Manager wohl kommenden Fragen von Abgeordneten Wind aus den Segeln zu nehmen. Alles sei vom Masseverwalter und der Soko geprüft, so der Ex-Manager, der im Privatkonkurs ist. Er habe keine Treuhänder, die Vermögen verstecken würden.

Dass er für sein "verbliebenes Vermögen, einen geerbten Bauernhof meiner Familie, kämpft", müsse verständlich sein. Am Hof lebe seine betagte Mutter, so Kulterer. Dass das Anwesen zuletzt auch in Medienberichten thematisiert wurde und sinngemäß als Asset bezeichnet wurde, sei ebenso "menschenunwürdig", meinte der frühere Hypo-Chef.

Abgeordnete mit Wehmut

Am Nachmittag muss Ex-Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) zum zweiten Mal im Ausschuss erscheinen. Die Abgeordneten zeigten sich teils etwas wehmütig wegen des bevorstehenden Endes.

Während es wenige Meter weiter im Hauptausschuss um die künftige Führung des Rechnungshofes geht, beschäftigt sich der Ausschuss im Budgetsaal weiter mit der Vergangenheit der Skandalbank Hypo, die den Steuerzahler Milliarden kostet. Kulterer stehe für ein System, in dem viele Leute profitiert hätten, denn irgendwo müsse das Geld ja hingekommen sein, meinte NEOS-Mann Rainer Hable vorm "Grande Finale". In Kulterers Vermögensverhältnissen gebe es "Auffälligkeiten".

Fekter wiederum stehe für die "Untätigkeit der Politik", man habe jahrelang eine "de facto bankrotte Bank" weitergeführt - "auf Kosten der Steuerzahler", betonte Hable. FPÖ-Mandatar Erwin Angerer fand es schade, dass eine Gegenüberstellung von Fekter und dem früheren Aufsichtsratschef Johannes Ditz vom Verfahrensrichter "verwehrt" worden sei. Ditz kommt am letzten Tag, dem 28. Juni, in den Ausschuss.

Bilanz

"Ich glaube, wir müssen uns alle an ein etwas anderes Leben - ohne Untersuchungsausschuss - gewöhnen", scherzte Hable. Er freue sich aber, in Form des Endberichts, der im Herbst vorliegen soll, Bilanz zu ziehen. Der Grüne Abgeordnete Werner Kogler erinnerte denn auch daran, dass mit der Zusammenführung von Aussagen und Akten noch "ein Stück Arbeit" vor den Abgeordneten liege.

"Es war eine extrem spannende Zeit", meinte Philip Kucher von der SPÖ. Der Abgeordnete vermeinte sogar eine Art "Sehnsucht" zu verspüren, wenn er die Ausschuss-Protagonisten eine Woche nicht gesehen hat. "Wir werden uns alle wiedersehen", versprach er aber.

"Ich bin nicht betrübt, aber ich glaube, dass der Ausschuss wichtig war", befand Angerer. Dem pflichtete ÖVP-Fraktionsführerin Gabriele Tamandl bei: "Ich glaube, dass der U-Ausschuss sehr gute Arbeit geleistet hat - auch wenn wir uns manchmal verzettelt haben", wie sie einräumte. Aber: "Fad wird mir nicht."

Ganz und gar froh über das Ende des Ausschusses zeigte sich Team Stronach-Mandatar Robert Lugar: "Das kann ich nur als Scherzfrage werten", antwortete er den Journalisten. Der Ausschuss habe sich "totgelaufen", man brauche nun schnell einen Schlussbericht.

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