Kärnten bietet "Pauschale" für Haftungen

Kärnten bietet "Pauschale" für Haftungen
Wegen Klagsrisiko schrammte Kärntner Landesholding knapp an Insolvenz vorbei. Nun verhandelt die KLH mit den Gläubigern über eine Ablöse der Haftungen.

Neben dem angestrebten Generalvergleich gibt es in der Causa Hypo auch Neuigkeiten aus Kärnten zu berichten. Die Kärntner Landesholding (KLH) hat die Rechtsanwaltskanzlei Abel & Abel sowie die Investmentfirma Lazard angeheuert, um die Landeshaftungen loszuwerden. Die KLH haftet für die Hypo, und Kärnten haftet für die KLH. Die KLH hätte wegen der Rechtsunsicherheiten und der Klagsbedrohung durch Hypo-Gläubiger keine Halbjahresbilanz mehr legen können – hätte also die Insolvenz erklären müssen. Aber die KLH hat rechtzeitig ein Reorganisationsverfahren beantragt, das gerichtlich genehmigt ist.

Im Zuge dieses Verfahrens verhandelt die KLH mit Hilfe der Anwälte und der Investmentfirma sowie unter Aufsicht eines Richters mit den Hypo-Gläubigern. Ziel der Verhandlungen ist es, den Gläubigern die Haftungen mit einem Pauschalbetrag abzugelten. Anders als von Schelling gewünscht, verhandelt Kärnten nicht auf Rückkauf der Anleihen. Die Gläubiger sollen die Anleihen behalten und damit zur HETA gehen. Kärnten will die Gläubiger nur dazu bewegen, auf die Haftungen zu verzichten und bietet dafür maximal eine Milliarde. Das wäre eine Pauschale von zehn Prozent bei zehn Milliarden Haftungen. In Kärnten wird gerade eine Vermögensaufstellung gemacht, um zu beweisen, dass wirklich nicht mehr zu holen sei.

Vergleich mit Bayern

Indessen strebt Finanzminister Hans Jörg Schelling im Rechtsstreit mit Bayern um Hypo-Milliarden einen Generalvergleich an. Demnach soll Bayern 1,23 Milliarden von Österreich bekommen, im Gegenzug verzichtet Bayern auf eine etwa gleich große Summe. Der bayrische Finanzminister Markus Söder spricht von einem Vergleich 50:50, der österreichische von einem Vorteil für Österreich (45:55). Die Wahrheit ist, der Vergleich lautet 3:1 für Bayern. Bayern kriegt 75 Prozent des zwischen Österreich und Bayern umstrittenen Geldes, Österreich 25 Prozent.

Im Kern geht es um rund 4,8 Milliarden, die zum Zeitpunkt der Verstaatlichung in Form von bayrischen Krediten in der Hypo steckten. Österreich garantierte in dem Verstaatlichungsvertrag die Rückzahlung aller Bayern-Kredite, sollte „die Lebensfähigkeit der Hypo nicht mehr gegeben sein“. Von 2010 bis 2012 zahlte die Hypo 2,4 Milliarden an die Bayern zurück. Dann besann sich Österreich eines Besseren und klagte Bayern auf Wiederherausgabe dieses Geldes, weil es als Eigenkapital zu werten sei. Außerdem stoppte Österreich die Rückzahlung der restlichen ca 2,4 Milliarden. Bayern ging zu Gericht und bekam kürzlich recht: Österreich müsse das restliche Geld auszahlen und auch Österreichs „Widerklage“ wurde abgewiesen. In Summe ging es um 4,8 Milliarden.

Parlament gefragt

Mit dem Generalvergleich verzichtet Österreich nun darauf, die anhängigen Verfahren auszujudizieren, was bedeutet: Wir überlassen Bayern die bereits ausbezahlten 2,4 Milliarden und legen noch 1,23 Milliarden drauf. Das Geld soll aus der HETA kommen.

Ganz fix ist der Deal noch nicht. Schelling beauftragte Richterin Irmgard Griss, die Autorin des viel beachteten Hypo-Berichts, mit einer begleitenden Kontrolle des Vergleichs. Griss zum KURIER: „Ich nehme den Auftrag an. Ich halte es für eine gute Idee, die Sache rechtlich zu begleiten.“

Schelling braucht für die Überweisung des Geldes an Bayern eine Erlaubnis des Parlaments. Zuvor soll die neue Griss-Kommission ihr Urteil über den Vergleich abgeben. Griss sagt, sie scheue sich nicht, diese Verantwortung zu übernehmen. Schelling sagt, er könne von der mit Söder geschlossenen Vergleichsabsicht noch zurücktreten. Im Herbst soll der Griss-Bericht vorliegen, dann ist das Parlament am Zug.

Die Opposition ist jetzt schon einhellig der Meinung, Schelling habe sich über den Tisch ziehen lassen. Neos-Abgeordneter Rainer Hable spricht von einem „Vergleich ohne Not“: „Selbst wenn die Bayern die Prozesse gewonnen hätten, hätten sie beim Schuldenschnitt oder einer HETA-Insolvenz nur die anteilige Quote bekommen. Jetzt bekommen sie einen Mindestbetrag von 1,23 Milliarden.“

Wie Hable stellt auch Werner Kogler (Grüne) die Gesamtrechnung an, dass es nicht um 2,4 sondern um 4,8 Milliarden gehe. Die FPÖ verweist auf Mängel im Verstaatlichungsvertrag.

Schelling selbst sieht ebenfalls keinen Grund zum Jubeln, doch wolle er Kapitel für Kapitel der HETA abarbeiten und die Beziehungen zu Bayern normalisieren.

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Finanzminister Hans Jörg Schelling ist ein Macher-Typ. Zuletzt ventilierte Michael Spindelegger einen Vergleich in den Milliardenstreitereien mit den Bayern, es blieb allerdings bei vagen Überlegungen. Schelling handelt. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern, die bei der Hypo kostbare Zeit verplemperten und durch Entscheidungsunfähigkeit glänzten.

Was Schelling und sein bayerischer Kollege Söder ausgeklügelt haben, ist erst eine Absichtserklärung und noch kein rechtsgültiger Vergleich. Aber immerhin, beide Seiten wollen nicht noch jahrelang weiter prozessieren und das Geld der Steuerzahler für Gerichtsgebühren und Anwälte hinauswerfen. 60 Millionen Euro wurden bis jetzt schon verbraten.

Klingt vernünftig. Schelling muss sich trotzdem kritische Fragen gefallen lassen. Stimmt schon, bei einem Vergleich gibt es keinen strahlenden Sieger, aber hätte Schelling nicht mehr für Österreich herausholen können? Die Quote von 45 Prozent klingt auf den ersten Blick gut, tatsächlich kostet die Vereinbarung Österreich wesentlich mehr.

Die Bayern hängten Österreich 2009 eine Bank um, die am Rande des Abgrunds stand. Management, Aufsichtsrat und die bayerische Politik wussten ganz genau, wie kaputt die Hypo war. Das belegen Dokumente über eine Krisen-Klausur wenige Wochen vor der Verstaatlichung, die der KURIER veröffentlichte. Das Münchner Gericht würdigte das Protokoll seltsamerweise nicht. Weshalb Juristen die Berufungschancen für Österreich als sehr gut einschätzen. Aber natürlich könnte Österreich in letzter Instanz wieder verlieren.

Warum Irmgard Griss noch drüberschauen soll, bevor der Vergleich ins Parlament kommt, muss sachlich erst einmal erklärt werden. Es ist doch anzunehmen, dass Schelling bei den Verhandlungen mit den Bayern – im Gegensatz zu Josef Pröll bei der Verstaatlichung – Top-Experten dabei hatte. Griss und ihren Juristen wird vielmehr die politische Verantwortung für den Deal zugespielt. Befindet die Kommission negativ, wird der Vergleich nicht umgesetzt. Bei einem O. K. kann sich die Regierung immer noch an Griss abputzen, sollte sich später herausstellen, dass Österreich von den Bayern neuerlich über den Tisch gezogen wurde.

Für die Bayern wäre der Vergleich ein Ende mit Schrecken, aber das Hypo-Desaster wäre ein für allemal beendet. München würde in Summe mit knapp fünf Milliarden Euro Verlust aussteigen.

Für Österreich ist der Schrecken noch lange nicht zu Ende. Die Frage der zehn Milliarden Kärntner Landeshaftungen ist keineswegs geklärt. Zahlreiche Anleihe-Gläubiger sind schon vor die Gerichte gezogen, Kohorten von Anwälten warten auf den Schuldenschnitt. Die Schlussbilanz über die Katastrophen-Bank wird erst in einigen Jahren vorliegen, wenn die letzten Assets der Abbau-Einheit verwertet sind. Eines ist jetzt schon klar. Das Abenteuer wird die österreichischen Steuerzahler ungleich mehr kosten als die Bayern.

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