Heta: "Schönrechnen" nicht ausgeschlossen

Heta: "Schönrechnen" nicht ausgeschlossen
Experten glauben an "Behübschung", Neos bringen Klage ein. Finanzminister hält das für "Geplänkel".

Finanzminister Hans-Jörg Schelling schließt zwar eine Bilanzfälschung bei der Hypo-Bad-Bank Heta aus, ein "Behübschung" scheint laut Experten aber möglich: Die NEOS haben angekündigt, eine Anzeige wegen Bilanzfälschung gegen unbekannt einbringen zu wollen. Am Dienstag kommentierte Schelling das als "politisches Geplänkel und Kleingeld". Hintergrund ist die massive Verschlechterung der Heta-Bilanz – war die Lücke bisher bei etwa vier Milliarden Euro, liegt der von Wirtschaftsprüfern im Rahmen des "Asset Review" erhobene Abschreibungsbedarf nun bei 7,6 Milliarden.

Finanzexperten skeptisch

Auch für den Finanzexperten Werner Doralt liegen die Fehler "offenkundig in den früheren Bilanzen", wie er im Ö1-Morgenjournal sagte. Das Loch müsse vor einem Jahr auch schon bestanden haben. Es sei "vollkommen klar", dass "auch die früheren Bilanzen falsch waren". Schließlich seien keine neuen Umstände bekannt geworden, nach denen sich neue Bewertungen ergeben hätten. Auch Wirtschaftsgutachter Fritz Kleiner, der mehrere Hypo-Gutachten erstellt hat, glaubt an Behübschungen: Noch in den Bilanzen 2009 und 2010 seien deutliche Verluste ausgewiesen worden, 2011 und 2012 sei dann plötzlich "alles paletti" gewesen. Erst 2013 folgte dann "der große Aufschrei": "Das fällt schon auf", so Kleiner im Ö1-Interview – eine Bank breche nicht in einem Jahr zusammen.

Neos bringen Klage ein

Die NEOS wollen diesen "unglaublichen und unerklärlich hohen Abschreibungsbedarf" von einem Gericht untersuchen lassen. Eine Sachverhaltsdarstellung werde laut NEOS-Finanzsprecher Rainer Hable demnächst eingebracht. "Sehr viele Leute haben Erklärungsbedarf", meinte Hable, und verwies auf die Rolle der Bankprüfer, der Aufsichtsbehörden - die Finanzmarktaufsicht FMA und Nationalbank - sowie die Rolle der Politiker. Das heiße aber nicht, dass alle schuldig seien. Die Sachverhaltsdarstellung werde sich daher gegen Unbekannt richten.

Hable glaubt nicht, dass man den neuen Abschreibungsbedarf von bis zu 7,6 Mrd. Euro alleine mit wirtschaftlichen Veränderungen oder dem Frankenkurs erklären kann, wie die FMA es etwa tut (siehe unten). Vielmehr sei in der Vergangenheit eine Salami-Taktik angewandt worden, damit die hohen Verluste - vor allem in der Zeit vor der Nationalratswahl 2013 - nicht auffallen. Hable befürchtet aber, dass damit noch nicht der ganze Schaden am Tisch liegt. Weitere Verluste drohten noch aus dem Verkauf der Südosteuropa-Töchter an den US-Investor Advent, der Italien-Tochter und den potenziellen Gläubigerklagen. "Das ist eine Blackbox, da kann man nicht so leicht reinschauen.".

Schelling schließt Bilanzfälschung aus

Finanzminister Schelling meinte nach dem Ministerrat dazu, dass der Abschreibungsbedarf bei der Heta nicht verlustschlagend sei - es handle sich dabei um eine Wertberichtigung. Die errechnete Maximalabschreibung müsse "ja nicht eintreten". Kritik äußerte der Finanzminister an der Bilanzierung der Hypo Alpe Adria. Seit 2000 hätten "nie die Zahlen gestimmt" – Bilanzfälschung schloss er aber aus.

Auch die FMA schließt sich dieser Meinung an: "Wir haben derzeit keine Hinweise auf eine Bilanzfälschung" sagt FMA-Vorstand Klaus Kumpfmüller zum plötzlich größer gewordenen Loch in der Bilanz der Hypo-Abbaueinheit Heta. Ein "Schönrechnen" der Bilanz der vergangenen Jahre könne er nicht ausschließen, sollte das aber stattgefunden haben, würde es den Beruf der Bilanzprüfer "noch weiter in Zweifel ziehen".

Ursachen für die massive Verschlechterung der Heta-Bilanz könnten neue Bewertungsmethoden bei der Schaffung der Abbaueinheit sein. Aber auch die Frankenaufwertung und die Wirtschaftsentwicklung am Balkan, die schlechter als vorhergesagt war, könnten dazu beigetragen haben, dass die Lücke aufgegangen ist.

Die Wirtschaftsprüfungskanzlei Ernst & Young (EY) wies am Dienstag "in aller Deutlichkeit" Vorwürfe zurück, dass es im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Abschlussprüfer der Hypo Alpe Adria zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei. Sämtliche Abschlussprüfungen der Hypo seien mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt und darüber umfänglich berichtet worden.

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Klagen verhindern

Der Finanzminister will bei der Abwicklung der Heta nun verhindern, dass das Bundesland Kärnten von Investoren geklagt wird. Man werde versuchen, dass es nicht zu Klagen komme, sagte er am Dienstag vor dem Ministerrat. Kärnten haftet nach wie vor mit 10,5 Mrd. Euro für die Bad Bank seiner früheren Landesbank Hypo Alpe Adria. Bei dem angedachten Schuldenschnitt drohen dem Land Schadenersatzklagen, sollten die Gläubiger der Bank auf Teile ihrer Forderungen verzichten müssen.

Laut Schelling ist man mit dem Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) auch in Verhandlungen den Kärntner Zukunftsfonds anzuzapfen. Der Zukunftsfonds war aus Mitteln des Verkaufs der Hypo Alpe Adria an die BayernLB dotiert worden, das Land will ihn nicht antasten. Im Fonds liegen derzeit noch rund 500 Mio. Euro. Der Finanzminister wiederholte heute seine Ansage, "kein frisches Steuergeld" in die Heta stecken zu wollen. "Wir haben ausreichend Geld in der Heta."

Kaiser: "Kärnten kann nicht zahlen"

Kaiser will über mögliche Insolvenz Kärntens bei einem Schlagend-Werden der Haftungen nicht diskutieren - er bezeichnete die Debatte im Ö1-"Mittagsjournal" am Dienstag als "Kaffeesudleserei". Man habe mit dem Moratorium Zeit gewonnen, es werde aber auch in einem Jahr das Land Kärnten keine zusätzlichen Einnahmequellen haben, um zehn Milliarden Euro zu bedienen, sagte der Landeshauptmann. "Kärnten hat ein Jahresbudget von 2,2 Milliarden, jeder kann sich ausrechnen, dass das Land das nicht bedienen kann." Zur Frage einer Insolvenz Kärntens und der Schaffung einer Möglichkeit, ein Bundesland insolvent werden zu lassen, erklärte er, es habe bisher noch keinen solchen Fall gegeben.

Forderungen nach einem Beitrag Kärntens aus dem Zukunftsfonds wies Kaiser nicht kategorisch zurück. Er meinte allerdings, Finanzminister Schelling sei erfreulicherweise anders als sein Vorgänger: "Bei ihm hat das Geld kein Mascherl, es muss also nicht unbedingt der Zukunftsfonds sein, außerdem geht es auch um die Anrechnung dessen, was Kärnten bereits bisher beigetragen hat." Darüber reden könne man aber frühestens in einem Jahr.

Länder-Insolvenzrecht wird geprüft

Auch Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) hält die Vorgehensweise bei der Hypo-Bad Bank für "alternativlos". Auswirkungen auf die Steuerreform befürchte er nicht und halte am 17. März als Deadline für eine Einigung fest, sagte der Vizekanzler am Dienstag vor dem Ministerrat. "Prüfen" will Mitterlehner, ob es neben dem Banken- auch ein Länder-Insolvenzrecht braucht.

"Möglicherweise brauchen wir neben dem BaSAG auch ein LaSAG", so Mitterlehner in Anspielung auf das "Banken Sanierungs- und Abwicklungsgesetz", nach dessen Regeln die Hypo-Bad Bank nun abgewickelt werden soll. Ob der Bund dem Land Kärnten im Fall von Schadenersatzklagen unter die Arme greifen würde, wollte Mitterlehner noch nicht beurteilen.

Unter den größten bekannten Gläubigern der Hypo-Bad-Bank Heta sind auch zahlreiche österreichische Investmentfonds zu finden. Am stärksten involviert ist die Linzer Kepler Fonds KAG, die Nummer fünf unter den 25 heimischen Investmentfonds. Sie sitzt auf Heta-Papieren mit einem Volumen von rund 67 Mio. Euro, geht aus einer Aufstellung der Finanznachrichtenagentur Bloomberg hervor.

In Summe umfasst die Bloomberg-Liste eine Volumen von 1,25 Mrd. Euro. An der Spitze der Liste findet sich der Pimco Funds Global Investors mit 288 Mio. Euro, gefolgt von der zur Deutschen Bank zählenden DWS Investment mit 276 Mio. Euro.

Bereits an dritter Stelle der bekannten Heta-Gläubiger folgt laut Bloomberg die Linzer Kepler Fonds KAG mit 67 Mio. Euro. Bei den weiteren österreichischen Heta-Gläubigern handelt es sich um die Allianz Invest KAG Austria (33,6 Mio. Euro), die BAWAG PSK Invest (29,8 Mio. Euro), die Pioneer Investments Austria (14,3 Mio.), die Carl Spaengler KAG (7,0 Mio.), die Security KAG (6,0 Mio.), die Schoellerbank Invest AG (5,0 Mio.), die 3 Banken-Generali-Investment (1,9 Mio.), die Gutmann KAG (1,8 Mio.), die Raiffeisen KAG (1,2 Mio.), Erste Sparinvest (751.000) und die Semper Constantia Privatbank (400.000 Euro).

Die Erste Sparinvest betonte am Dienstag gegenüber der APA, dass sie keine Heta-Bestände in ihren Publikumsfonds habe, sondern nur in einem Subsegment eines Spezialfonds, das von der BAWAG PSK Invest gemanagt werden. Der Bestand mache 300.000 Euro aus.

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