Hypo: Länder marschieren gegen den Bund

Hypo: Länder marschieren gegen den Bund
Schulterschluss mit Kärnten: Bund soll Hunderte Millionen abgelten, Schelling soll zahlen.

Nach Wien fuhren die Herren mit einer Wut im Bauch auf Kärnten. "Regress" würden sie einklagen, grollten der Tiroler Günther Platter, der Vorarlberger Markus Wallner und der Oberösterreicher Josef Pühringer.

Nach fünf Stunden Krisensitzung, rauchenden Köpfen und offenen Aussprachen war jedoch alles anders: Statt acht gegen einen ein Schulterschluss aller neun Bundesländer.

Der Ärger richtet sich jetzt gegen den Bund. Und die Geldforderungen auch. Statt Kärnten soll zahlen heißt es jetzt: Finanzminister Schelling soll zahlen.

Der Hintergrund für den Knatsch ist Schellings Zahlungsstopp für die Hypo-Abbaugesellschaft Heta. Der Finanzminister hatte am Sonntag befunden: Genug gezahlt. Und der Hypo-Bad-Bank Heta den Geldhahn abgedreht. Daraufhin musste die Finanzmarktaufsicht ein "Schuldenmoratorium" über die Heta verhängen, diese darf bis Mai 2016 keine ihrer Schulden mehr bedienen. Dieses Schuldenmoratorium löst aber Haftungen der anderen Landes-Hypothekenbanken aus (siehe unten stehende Story).

Hypo: Länder marschieren gegen den Bund
ABD0111_20150304 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA0179 VOM 4.3.2015 - Der Finanzreferent Niederösterreichs Wolfgang Sobotka am Mittwoch, 4. März 2015, anl. einer PK im Rahmen einer Sondersitzung der Landesfinanzreferenten zur Lage nach dem Zahlungsstopp der Hypo-Bad Bank ("Heta") in Wien. - FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER

Seit Sonntag herrscht bei den Bundesländern Alarmstufe rot. Auf dem Spiel stand ein Insolvenz-Domino im Hypo-Sektor. Die Landespolitiker kamen daher gestern um 14 Uhr in Wien zu einer Krisensitzung zusammen. Sie fand im Palais Niederösterreich in Wien statt. Niederösterreich ist derzeit Vorsitzland der Landeshauptleute-Konferenz, dessen Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka führte die Sitzungsregie.

Kärnten-Insolvenz

Das Krisentreffen war ursprünglich für zwei Stunden angesetzt, doch erst gegen 19 Uhr gingen die Teilnehmer auseinander. Die überraschende Wende, sich am Bund zu reiben anstatt an Kärnten, passierte laut einem Sitzungsteilnehmer so: Den Ländern wurde klar, wenn auch sie sich gegen Kärnten stellen und Kärnten mit Klagen überziehen, trudelt es in die Insolvenz. Die Pleite eines Bundeslandes würde alle anderen Bundesländer auch beschädigen, sie würden etwa für ihre ausgegliederten Gesellschaften kaum mehr Geld auf dem Kapitalmarkt bekommen. "Die Dramatik der Situation wurde intern offen ausgesprochen", erzählt ein Teilnehmer. Offiziell wird die Dramatik in Floskeln wie "Bundesländer-Solidarität" und "Verantwortung für den Finanzplatz Österreich" verpackt.

Verhandlungen mit Bund

Dem KURIER liegt das von allen neun Ländern beschlossene Abschluss-Dokument der Bundesländer vor. Demnach werden die Länder den Hypo-Sektor auffangen, verlangen dafür aber Geld vom Bund. Zitat: "Die Belastungen für die Mitgliedsinstitute der Pfandbriefstelle und die betroffenen Bundesländer werden in jedem Fall gegenüber dem Bund geltend gemacht." Finanzminister Schelling bekommt einen Brief, in dem er zu Verhandlungen mit den Ländern aufgefordert wird. Die Länder sind laut Sobotka auch erbost, weil Schelling sie über den Zahlungsstopp für die Heta nicht im Vorfeld informiert hatte.

Der Zahlungsstopp des Bundes für die Schulden der Hypo-Bad-Bank "Heta", die das Milliarden-Debakel abwickeln sollte, bringt die anderen Landes-Hypos gehörig ins Schwitzen – und treibt die Bundesländer auf die Palme.

Sie toben, weil durch den Zahlungsstopp auch bei der sogenannten Pfandbriefstelle plötzlich Hunderte Millionen fehlen. Diese Pfandbriefstelle ist eine Spezialbank über die sich alle Landes-Hypos finanzieren. Sie begibt Pfandbriefe und reicht das Geld an die Landes-Hypos weiter. Fällt ein Institut aus – wie jetzt die Hypo-Bad-Bank – haften alle anderen Hypos solidarisch für ihre Schulden. Können sie nicht zahlen, müssen die Länder einspringen oder auch alle gemeinsam. Genau dieser Fall ist jetzt eingetreten.

Akut geht es um 580 Millionen Euro bis Mitte Juni, bis zum Ende des Zahlungsstopps des Bundes im Mai 2016 sind rund 800 Millionen Euro fällig.

Dieses Geld schuldet die Heta der Pfandbriefstelle, sie darf aber wegen des Moratoriums des Bundes nicht mehr zahlen. Daher hat jetzt die Pfandbriefstelle ein riesiges Liquiditätsproblem.

Die Bundesländer wollen die Spezialbank aber auf jeden Fall auffangen und sich dafür beim Bund schadlos halten. Zumindest soll über eine Kostenaufteilung verhandelt werden. Schließlich habe ja auch der Bund den Zahlungsstopp einseitig verhängt.

Nach dem Zahlungsausfall der Heta, der Abbaueinheit der Kärntner Hypo, hat die Ratingagentur Moody's am Mittwoch ihr Rating für Verbindlichkeiten der Heta deutlich gesenkt. Das Rating für vorrangige und unbesicherte Schuldverschreibungen mit Garantien des Bundeslandes Kärnten wurde von "Caa1" auf "Ca" herabgesetzt - das bedeutet: In Zahlungsverzug, mit geringer Aussicht auf Rückzahlung.

Sämtliche nachrangigen Verbindlichkeiten, die nach dem 30. Juni 2019 fällig werden, wurden von "Ca" auf "C" herabgestuft und damit als Zahlungsausfall gewertet. Die Garantien des Bundeslandes Kärnten haben nach Ansicht der Moody's-Analysten keinerlei Wert.

Gleichzeitig bestätigt Moody's sein "Aaa"-Rating mit stabilem Ausblick für die nachrangigen Verbindlichkeiten in Höhe von 1 Mrd. Euro, für die der österreichische Staat geradesteht.

Kommentare