Griss: "Ich bin begeisterte Europäerin"

Sympathie für Irmgard Griss, aber kein Wahlkampf-Geld hat Neos-Chef Strolz
Neos luden Irmgard Griss in ihre Parteiakademie, um auszuloten, ob sie sie als Bundespräsidentin empfehlen.

Montagabend, in der Neubaugasse im 7. Bezirk. Der Saal im "Neos Lab" ist bummvoll. Irmgard Griss stellt sich der Neos-Basis, damit diese sich ein Bild von der Präsidentschaftskandidatin machen könne. Parteichef Matthias Strolz stellt zu Beginn klar, dass Griss in beiderseitigem Einvernehmen keine Parteikandidatin werden wird und kein Geld von Neos bekommen wird. Wenn die Neos am 17. Dezember in einem erweiterten Parteivorstand entscheiden, Griss zu unterstützen, wird sich dies auf eine Wahlempfehlung und eventuell organisatorische Hilfe beschränken.

Jahr in Harvard

Griss stellt sich im Telegrammstil vor: Steirerin, aus Deutschlandsberg, Volksschule, Hauptschule, Handelsakademie in Graz, wollte Lehrerin werden. Latinums gemacht, Jus studiert. Sie ging als Au-pair nach Paris und später nach London. Sie bewarb sich für ein Stipendium für Harvard und bekam es. Griss: "Dieses Jahr in Harvard war ganz entscheidend für mich." Sie lernte, dass es andere Einstellungen gab als in Österreich. Dass es nicht darum geht, "jemanden zu kennen, wenn man etwas erreichen will".

Außerdem war sie, weil sie Englisch noch nicht fließend beherrschte, gezwungen, sich direkt auszudrücken. Griss: "Die Sprache als Mittel der Verschleierung stand mir nicht zur Verfügung." Das habe sie versucht beizubehalten. Griss:"Die Rechtsordnung als Ordnung für unser Zusammenleben muss ja verstanden werden. Man sollte keine Mühe scheuen, etwas verständlich auszudrücken."

Kein Patentrezept

Griss: "Ich bin begeisterte Europäerin"
ABD0074_20151123 - WIEN - ÖSTERREICH: Die frühere OGH-Präsidentin und mögliche Präsidentschaftskandidatin Irmgard Griss während einer NEOS-Veranstaltung unter dem Titel "Österreich neu denken" am Montag, 23. November 2015, in Wien. - FOTO: APA/ROBERT JAEGER
Ihre Motivation, als Bundespräsidentin zu kandidieren, beschreibt sie so: "Flüchtlinge, Staatseinnahmen, Pensionen, Bedrohung der Sicherheit - für keines dieser Themen gibt es ein Patentrezept. In den Diskussionen wird moralisiert, simplifiziert, dämonisiert. Das ist ein gemeinsames Versagen. Jeder denkt sich: Nur ja nichts sagen, was mir schaden könnte. Das Musterbeispiel dafür war die Hypo. Wir sollten zu einer Gesellschaft kommen, in der man Dinge ansprechen kann." Daher sei sie bereit, zu kandidieren.

Der donnernde Applaus des Neos-Publikum klingt wie eine Unterstützung per Akklamation.

Dann die Diskussion.

Wie steht sie zu Religion? Griss: "Für mich zählen Grundwerte, die Charta der Menschenrechte. Ich bin katholisch geprägt. Aber Religion Privatsache. Ich habe mit keinem ein Problem, der ohne Bekenntnis ist oder eine andere Religion hat. Die Religion darf nicht das Verhalten im öffentlichen Bereich bestimmen. Man soll niemandem anderen etwas aufzwingen, auch nicht im Sinne der Aufklärung, jemandem einen Glauben auszureden."

Verfassung als Richtschnur

Frage: Wie hält sie es mit einem Bundeskanzler Strache? Würde sie ihn angeloben? Griss: "Meine Richtschnur ist die Verfassung. Dort steht, der Bundespräsident ernennt den Bundeskanzler. Das ließe den Schluss zu, er kann sich den Kanzler aussuchen. Es steht aber auch in der Verfassung, dass die Regierung das Vertrauen des Parlaments braucht. Wenn der Bundespräsident sich gezwungen sähe, jemanden zum Kanzler zu ernennen, den er nicht für tragbar hält, dann müsste er zurück treten." Sie bevorzuge, bevor es zu so einer Situation komme, sich als Bundespräsidenten für eine Sprache einzusetzen, die "die Menschen nicht verhetzt". Zu einer etwaigen Unterstützung durch die FPÖ sagt sie, sie werbe um keine Partei, weder um die Neos noch um die FPÖ. Es gebe aber Meinungsfreiheit, und wenn jemand sie unterstützt, werde sie "niemandem den Mund verbieten".

Ob FPÖ-Chef Heinz Christian Strache von Griss weiterhin so begeistert ist wie bisher, bleibt ohnehin abzuwarten Griss outet sich bei dem Auftritt vor den Neos als "begeisterte Europäerin" Griss: "Europa ist das Glück meiner Generation. Man muss alles daran setzen, dass Europa den enormen Herausforderungen, die an die EU gestellt werden, gewachsen ist."

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