Hitlerhaus soll rechten "Kultstatus" verlieren

Hitlerhaus in Braunau könnte im Spätsommer schon der Republik gehören.
Gedenktafel oder neuer Anstrich? Ministerium will nach Enteignung Neonazis vergraulen.

"Verhindern, dass das Haus zur Pilgerstätte für Ewiggestrige wird": Diesem Slogan des Innenministeriums in Bezug auf das Geburtshaus Adolf Hitlers in Braunau sind nach einem fünf Jahre andauernden Streit mit der Eigentümerin jetzt Taten gefolgt.

Wie berichtet, wurde vergangene Woche ein Gesetzesentwurf in Begutachtung geschickt. Die Eigentümerin Gerlinde P. soll enteignet werden, die Liegenschaft in den Besitz der Republik übergehen. Im Spätsommer könnte es so weit sein.

Aber, was dann? Das Innenministerium lässt sich auf Anfrage noch nicht in die Karten schauen. Dem KURIER wurden aber einige Ideen zugetragen, wie es weiter gehen könnte. So sei etwa angedacht, eine Art Gedenktafel an der Fassade bzw. eine Stele vor dem Gebäude anzubringen, die kritisch auf den historischen Kontext hinweist.

Durch geschickte Platzierung könnte Neonazis das Fotomotiv verdorben werden. Immer wieder posieren Rechte mit dem Hitlergruß vor dem Haus, die Fotos kursieren im Netz. Erst im März waren ungarische Mitglieder des rechtsextremen Blood-&-Honour-Netzwerks in Braunau.

Um das Gebäude optisch zu verfremden, wäre auch ein anderer Anstrich denkbar. Ein pinkfarbenes Hitlerhaus wird es aber kaum werden, die Fassade steht unter Denkmalschutz.

Kontrapunkt setzen

Ziel ist es, dem Haus den "Kultstatus" unter Rechten zu nehmen. Dafür hat sich ein Expertengremium, das vom Innenministerium beauftragt worden war, ausgesprochen. Durch eine positive Nutzung solle ein "deutlicher Kontrapunkt" gesetzt werden. "Das Haus darf aber nicht überhöht werden", betont der SPÖ-Nationalratsabgeordnete und Braunauer Gemeinderat Harry Buchmayr. Eine zeithistorische Nutzung komme daher nicht infrage – da seien sich Stadt und Bund einig. Er hält eine soziale Nutzung für sinnvoll und machbar.

So gab es bereits 2015 konkrete Pläne von Volkshilfe und Volkshochschule, im Hitlerhaus Büro- und Schulungsräume einrichten. Damals hatte die Eigentümerin noch signalisiert, für einen Verkauf offen zu sein. Im Jänner sagte sie dann alle Pläne ab. Die Enteignung ist das letzte Mittel nach jahrelangen fruchtlosen Verhandlungen.

Für die Eigentümerin ist eine Entschädigung vorgesehen. Während für das Kaufangebot noch ein Schätzwert herangezogen worden war, will das Ministerium nach der Enteignung einen Gutachter beurteilen lassen, wie viel das Haus tatsächlich wert ist.

Und das dürfte, nachdem die Eigentümerin seit Jahren keine Sanierung erlaubt und es zunehmend verfällt, nicht besonders viel sein.

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