Helfer schlagen Alarm: Geld fehlt

Christoph Schweifer, Andrea Wagner-Hager, Annelies Vilim, Michael Chalupka, Sebastian Corti und Werner Kerschbaum
20 statt fünf Millionen: Die geplante Aufstockung des Hilfefonds wurde eingespart.

Angesichts zahlreicher internationaler Krisen urgieren österreichische Hilfsorganisationen die Aufstockung des Katastrophenhilfefonds von fünf auf 20 Millionen Euro. Diese ist zwar im Regierungsübereinkommen vorgesehen, mittlerweile aber dem Sparstift zum Opfer gefallen.

Als "beschämend" bezeichnete Annelies Vilim, Geschäftsführerin des Dachverbands Globale Verantwortung, den Betrag von fünf Millionen Euro. Der Dachverband vertritt die Interessen von 42 NGOs und hat die Kampagne "Mir wurscht?" ins Leben gerufen. In deren Rahmen richteten Vertreter der Organisationen vor Journalisten im Technischen Museum in Wien - symbolträchtig vor antiquierten Feuerlöschwagen - den Appell an die Regierung, mehr Geld zur Verfügung zu stellen.

Rotkreuz-Generalsekretär Werner Kerschbaum fordert die Aufstockung des Fonds zur Bekämpfung von Ebola. In Westafrika sind bisher mehr als 4.000 Menschen an der Viruserkrankung gestorben. Was die Bekämpfung der Epidemie so schwierig macht und großen Aufwand erfordert, sind einerseits das mangelhafte Gesundheitssystem in den am meisten betroffenen Staaten und die Tatsache, dass die Epidemie erstmals in dicht besiedelten Gebieten auftritt. Andererseits sind es kulturelle Gepflogenheiten: So ist es Brauch, dass Angehörige Körperkontakt zu Verstorbene haben. Hier müssen die Hilfsorganisationen massiv Aufklärungsarbeit leisten, betonte Kerschbaum.

Kritik von Diakonie

Im Bürgerkriegsland Syrien, in dem heftige Kämpfe zwischen Kurden und der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) toben, sind nach den Worten von Diakonie-Direktor Michael Chalupka zwölf Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Im Nordirak sind 1,2 Millionen Menschen vor dem IS auf der Flucht. "Die fünf Millionen Euro sind weniger, als die Spender im Rahmen der Aktion 'Nachbar in Not' für die Region aufgebracht haben", erklärte die Direktor der Diakonie. Er ortet ein "völliges Versagen der österreichischen Bundesregierung in dieser Situation". Die eine Million Euro, die Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) aus dem Fonds für Soforthilfe im Nordirak zur Verfügung stellte, wiegt nach Ansicht von Chalupka nicht das Minus Österreichs nach Spendenappellen der UNO für Syrien auf. Denn einer Oxfam-Studie zufolge nur 26 Prozent der erbetenen Spenden zur Verfügung gestellt.

Sebastian Corti, Geschäftsführer von World Vision, ist mit einer Syrerin verheiratet und hat im Libanon gelebt. Das kleine Land mit 4,6 Millionen Einwohnern hat nach offiziellen Zahlen 1,2 Millionen syrische Flüchtlinge aufgenommen. Das entspräche drei Millionen Flüchtlingen in Österreich. Niemand verlasse sein Land freiwillig. "Die Menschen wollen nicht eine soziale Hängematte, von der sie wissen, dass es sie nicht gibt", sagte Corti. Über eine Aufstockung des Fonds im geforderten Ausmaß würde sich seiner Überzeugung nach niemand beschweren: Es wären 2,60 Euro pro Österreicher und Jahr statt 50 Cent.

Winter in der Ukraine

Eine sofortige Sonderdotierung des fast leeren Katastrophenfonds forderte Christoph Schweifer von der Caritas angesichts des bevorstehenden Winters in der Ukraine: Nach den Kämpfen im Osten haben 400.000 Menschen das Land verlassen, dazu gibt es ungefähr die selbe Anzahl an Binnenflüchtlingen. Sie sind unter anderem bei Verwandten und in nicht beheizbaren Ferienlagern untergebracht. Schweifer sieht einen "Wettlauf gegen de Zeit".

Care-Geschäftsführerin Andrea Wagner-Hager erinnerte an die Situation im Südsudan. Dort werden Anfang kommenden Jahres schätzungsweise eine Million Menschen unter Mangelernährung leiden. Vor Kämpfen zwischen Aufständischen und Regierungstruppen sind eineinhalb Millionen Menschen auf der Flucht. Sie haben ihr Vieh, Getreide und Saatgut verkaufen müssen.

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