Fischers Appell zu Weihnachten: "Wir schaffen das"

Fischers Appell zu Weihnachten: "Wir schaffen das"
Der heilige Abend steht ganz im Zeichen der Flüchtlingskrise. Die Regierungsspitze blickt auf ein "schwieriges Jahr" zurück.

Die Flüchtlingskrise hat zumindest indirekt die politischen Wortmeldungen zum Heiligen Abend dominiert. Bundespräsident Heinz Fischer bemühte in der ORF-Sendung Licht ins Dunkel "das berühmte Zitat" der deutschen Kanzlerin Angela Merkel: "Wir schaffen das." Das gelte für alle "gesellschaftlichen Probleme", betonte Fischer. "Wir brauchen, gerade weil wir in einer schwierigen Zeit leben, Zuversicht. Österreich ist ein gut entwickeltes Land. Wir können viel." Der Regierung empfahl der Bundespräsident, noch mehr Wert auf Gemeinsamkeit zu legen.

Kardinal Schönborn drückte seine "große Hoffnung" auf Frieden in den Krisenregionen aus, denn nur das könne verhindern, dass Menschen fliehen müssten. Aber auch die reichen Staaten müssten ihren Teil beitragen: "Wenn die Entwicklungshilfe weiter gekürzt wird, dann darf man sich nicht wundern, dass die Menschen sich aus den Hungergebieten auf die Flucht machen." Schönborn kritisierte auch, "dass einige Länder die Grenzen dicht machen und andere Länder ein Übermaß an Flüchtlingsströmen verkraften müssen. Hier ist Europa gefordert, hier ist Solidarität gefordert."

Faymann: "Menschlichkeit zeigen"

Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner haben unabhängig voneinander auf ein "schwieriges Jahr" zurückgeblickt. Faymann bekräftigte einmal mehr, in der Flüchtlingskrise gehe es darum, "Menschlichkeit" zu zeigen. Mitterlehner verwies auf Leistungen der Regierung wie Steuer- und Bildungsreform.

Der Vizekanzler gelobte überdies in Hinblick auf den entsprechenden Wunsch von Bundespräsident Heinz Fischer, man werde sich im Neuen Jahr in der Regierung "bemühen, gemeinsam zu kommunizieren und noch besser gemeinsam aufzutreten. Die Österreicher wollen natürlich in Zeiten wie diesen wenige Auseinandersetzungen." Er hoffe zudem auf einen "sachlichen" Bundespräsidenten-Wahlkampf, bei dem allerdings das Flüchtlingsthema wohl ein wahrscheinliches sein werde.

Mitterlehner optimistisch

Faymann erklärte zur engen Zusammenarbeit mit Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel in der Asyl-Krise, dass er mit ihr eine gemeinsame Basis habe "in der Frage der Menschlichkeit, wie geht man um mit Menschen, die Schutz suchen. Wie geht man so damit um, dass man sich auch am 24. Dezember in den Spiegel schauen kann und sagen, wir sind ein menschliches Land."

Während Faymann davon ausging, dass es 2016 auch noch ziemlich hart wird, war Mitterlehner etwas optimistischer: "Es kann eigentlich nur besser werden." Aktuelle Wirtschaftsprognosen lassen ihn ebenso hoffen wie die Steuerreform.

Unterschiedliche Schwerpunkte haben die Klubchefs der Oppositionsparteien bei ihren Visiten in der ORF-Weihnachtssendung Licht ins Dunkel gesetzt: Von Regierungsschelte bis Optimismus in eigener Sache war alles dabei.

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache blickte auf die Wahlerfolge seiner Partei im heurigen Jahr zurück und bezeichnete sich als "Profiteur dessen, dass wir heute eine Regierung haben, die in vielen Bereichen scheitert". Die Koalition agiere "unverantwortlich", nicht zuletzt in der Flüchtlingskrise. Die nach Straches Ansicht keine ist, sondern eine "Massenwanderung". Wenig weihnachtlich-gnädig daher auch seine Botschaft an die Menschen, die nach Europa kommen: "Es gibt kein Menschenrecht auf Zuwanderung."

Die Grüne Bundessprecherin Eva Glawischnig ging davon aus, dass der Flüchtlingsstrom auch im kommenden Jahr eine große Herausforderung werden wird. Hier gemeinsame Lösungen zu entwickeln, sei die wichtigste Aufgabe für die Politik. Derzeit gehe ein "Riss auch durch die europäische Union" bedauerte sie, und vielen Menschen würden die aktuellen Entwicklungen Angst und Sorge bereiten. Glawischnig überraschte dann noch mit einer kleinen privaten Öko-Beichte: Weil der kleine Sohn so enttäuscht ob des Schneemangels sei, gebe es heuer "künstlichen Schnee am Weihnachtsbaum".

NEOS-Parteiobmann Matthias Strolz zeigte sich in eigener Sache bzw. für seine Partei "sehr zufrieden mit dem Jahr" 2015. Nicht alles habe funktioniert - so misslang der Einzug bei drei von vier Landtagswahlen -, "aber vieles dann doch". Zum Asylthema beschwor er die "Solidargemeinschaft Europa". Österreich als Nettozahler sei ja auch solidarisch, das solle man zwar nicht "gegeneinander ausspielen", aber man müsse schlicht sagen: "He, so geht das nicht", wenn "die anderen sich wegdrehen".

Ebenfalls guten Mutes trotz erheblicher Rückschläge trat Team-Stronach-Klubchef Robert Lugar auf. Fünf Abgeordnete kamen ihm heuer abhanden, vier davon Richtung ÖVP. "Wir sind jetzt zwar eine kleinere Gruppe, aber sehr motiviert", sagte er zu dieser Fast-Halbierung. "Die Grünen haben ja fast zehn Jahre gebraucht, um sich zu finden. Bei uns ist es schneller gegangen." Lugar ortet eine regelrechte "Aufbruchsstimmung" in seinem Team, und das Interesse von außen sei auch stark, gebe es doch "am Tag an die 200 Briefe von Menschen, die dabei sein wollen".

76.522 Menschen befinden sich zurzeit in Österreich in der Grundversorgung. Dazu kommen weitere 10.000, die zwar einen Asylantrag gestellt haben, aber mangels Platzangebot in Transit- und Notquartieren untergebracht sind. Für eine große Mehrheit der hauptsächlich muslimischen Flüchtlinge ist es das erste Weihnachten – und vor allem in organisierten Quartieren trachten Hilfsorganisationen danach, das Fest auch zu feiern.

Um dessen religiöse Bedeutung geht es dabei nicht. Zumindest nicht vordergründig. Ob der Weihnachtsmann oder das Christkind den Flüchtlingskindern Geschenke bringt, ist diesen egal. „Es ist einfach ein Tag zum gemeinsamen Feiern, an dem Kinder wieder Kinder sein dürfen und an dem die Menschen von ihren Sorgen abgelenkt werden“, sagt Klaus Schwertner, Generalsekretär der Wiener Caritas.

"Die Leute sind weltoffen"

Die betreut zum Beispiel das Haus Damaris in der Döblinger Bachofengasse, das zurzeit noch als Notquartier für Asylwerber fungiert, demnächst aber zum Grundversorgungsquartier aufgewertet werden soll. Die Immobilie gehört einer großen Versicherung, deren Mitarbeiter fast ein Monat Zeit investiert haben, um für die 220 Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan und dem Irak ein stimmungsvolles Weihnachtsfest vorzubereiten.

Zwei Tage vor dem Heiligen Abend – den ein Gutteil der ehrenamtlichen Helfer mit den eigenen Familien verbringt – wurde dann gefeiert. Mit gespendeten Geschenken für jedes Kind (vom Weihnachtsmann in diesem Fall, weil einer der Helfer das passende Kostüm besitzt und einen echten Bart hat), mit Weihnachtsliedern und einem gemeinsamem Essen in einer ehemaligen Lagerhalle, die sich für ein paar Stunden in einen Festsaal verwandelt hat.

„Für die Bewohner ist das Datum ohnehin nebensächlich“, sagt Haus-Leiterin Philippa Wotke. „Wichtig ist nur, dass gefeiert wird.“ Der christlichen Symbolik des Weihnachtsfests stünden alle sehr positiv gegenüber. „Die Leute sind sehr weltoffen. Viele kennen es bereits und feiern es auch gerne mit.“

Christbäume im Dusika-Stadion

Auch in den Großquartieren für Flüchtlinge fanden dieser Tage zahlreiche Weihnachtsfeiern statt. Im Haus Sidra des Arbeitersamariterbundes (ASBÖ), wo unbegleitete minderjährige Flüchtlinge untergebracht sind, wurde der Christbaum feierlich aufgeputzt, es gab ein arabisches Festessen, jede Menge Süßigkeiten und Geschenke für jeden Flüchtling.

In der Fun- und-Sport-Halle beim Ferry-Dusika-Stadion, wo viele Familien wohnen, werden heute gleich mehrere Christbäume aufgestellt, die Kinder bekommen kleine Geschenke, es wird gebastelt und Weihnachtsliedern gelauscht.

Im Flüchtlingsquartier vom Wiener Roten Kreuz in der Vorderen Zollamtsstraße wurde „sehr unorthodox“, gefeiert, wie Alexander Tröbinger vom Roten Kreuz erklärt. Der Christbaum, zum Beispiel, wurde mit Papiergirlanden behängt, die die Kinder im Spielzimmer der Einrichtung selbst gebastelt haben. „Uns geht es um Information, nicht um Missionierung“, betont Tröbinger.

Zeit mit der Familie

Für den 18-jährigen Sayed und den 19-jährigen Ali aus Afghanistan ist es bereits das zweite Weihnachten in Österreich, aber das erste, an dem sie bei Ranthild Salzer-Fölß wohnen. Die 70-jährige Pharmazeutin ließ die jungen Männer im Februar ins Dachgeschoß ihres Hauses in Währing ziehen. Seitdem wird gemeinsam gegessen, auf Urlaub gefahren und auch gefeiert.

Fischers Appell zu Weihnachten: "Wir schaffen das"
Flüchtlinge
„Das Fastenbrechen im Ramadan war sehr schön und spannend zu erleben“, sagt Salzer-Fölß. Mit Weihnachten kennen sich Sayed und Ali schon aus: „Eigentlich ist es wie unser Neujahrsfest. Es geht darum, die Arbeit und den Stress einmal zu vergessen und eine schöne Zeit mit der Familie zu verbringen.“

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