Ministerin in der Zwickmühle

Gabriele Heinisch-Hosek sucht derzeit mit der Lupe in ihrem Ressort nach Sparpotenzialen.
Sollen Lehrer künftig zwei Stunden länger unterrichten? Der Finanzminister macht Spar-Druck. Die Lehrergewerkschaft geht gegen diese Pläne in die Offensive.

Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek steht derzeit schwer unter Druck. Seit Längerem ist bekannt, dass ihr Ressort deutlich zu wenig Geld hat – in diesem Jahr rund 340 Millionen, im kommenden Jahr schon über eine halbe Milliarde Euro.

Gewerkschaft droht

Die rote Ministerin muss mittlerweile an zwei Fronten kämpfen – gegen das Finanzministerium, das konkrete Sparmaßnahmen verlangt, und nun auch gegen die Gewerkschaft, die ab heute Dienstag mit Plakaten an rund 6000 Pflichtschulstandorten in ganz Österreich gegen kolportierte Pläne der Ministerin wettert, wonach die Lehrverpflichtung aller 126.000 Lehrern um zwei Stunden erhöht werden soll.

Tenor der Aktion der Lehrergewerkschaft: Die Lehrer müssen einen Teil der Steuerreform quasi aus eigener Tasche finanzieren (siehe Faksimile). "Wir müssen aufmerksam machen, was die Regierung plant", erklärt Paul Kimberger, Sprecher der mächtigen Lehrer-Gewerkschaft, den Hintergrund der Aktion. "Die Regierung hat ja versprochen, dass alle von der Steuerreform profitieren werden. In Wahrheit werden wir Lehrer aber draufzahlen." Für die Plakat-Aktion zeichnet die ÖVP-nahe FCG-Fraktion innerhalb der Gewerkschaft, der auch Kimberger angehört. Solche Plakate in den Schulen zu affichieren, sei als gewerkschaftliche Aussendung erlaubt, sagt Kimberger.

Hintergrund

Zum Hintergrund der Aktion: Ende der vergangenen Woche wurden die Pläne bekannt, wonach Lehrer künftig um zwei Stunden pro Woche länger in den Klassen unterrichten sollen. Das, so bestätigt das grundsätzlich auch das Ministerium, würde Einsparungen in Höhe von rund 360 Millionen Euro bringen. "Reden kann man über alles", erklärte Heinisch-Hosek dazu noch am Freitag, auch wenn sie konkrete Pläne dementiert. Kimberger will das nicht glauben: "Eigentlich hat sie damit bestätigt, dass die Lehrer zur Ader gelassen werden sollen." Auch gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen werden nicht mehr ausgeschlossen.Schelling spartDas Budget des Bildungsressorts ist mit rund acht Milliarden Euro zwar eines der größten, doch mehr als 92 Prozent davon werden für Personalkosten (Lehrer-Gehälter) verwendet. Kolportiert wird auch einen andere Option, wie Heinisch zumindest kurzfristig den Budgetpfad einhalten könnte: Es geht um die Mieten für die Schulgebäude von rund 360 Millionen Euro, die an die Bundesimmobiliengesellschaft BIG überwiesen werden müssen. Bereits 2014 wurden Heinisch die Miet- und Instandhaltungskosten bis 2016 gestundet. Das wird jetzt auch für 2015 angedacht. Wirklich helfen würde das nicht, da eine Stundung ja nur bedeutet, dass die Ministerin zu einem späteren Zeitpunkt die Mieten bezahlen muss.

Viel Zeit bleibt Heinisch-Hosek nicht mehr, ein Sparkonzept zu erarbeiten, das kommende Woche im Ministerrat abgesegnet werden muss. Ab morgen, Mittwoch, ist sie außer Landes. Sie nimmt an den Gedenkfeiern zum internationalen Holocaust-Tag im ehemaligen Vernichtungslager Auschwitz in Polen teil.

Heute in einer Woche will die Bundesregierung den groben Finanzrahmen für 2016 bis 2019 beschließen. Festgelegt werden darin die Ausgabenobergrenzen für die einzelnen Ministerien. Gemeldet wird dieser "Budgetpfad" samt der geplanten "Kostendämpfungsmaßnahmen" schließlich nach Brüssel.

Die konkreten Einzelmaßnahmen für das Budget 2016 werden erst später verhandelt, am 14. Oktober wird Finanzminister Hans Jörg Schelling seine erste Budgetrede halten.

Fix sind indes die Ziele, der Weg dorthin ist umstritten: Weil eine Steuerreform zu finanzieren ist und gleichzeitig das Wirtschaftswachstum wesentlich schlechter ausfällt als noch beim letzten Finanzrahmengesetz (2015 bis 2018) vor einem Jahr prognostiziert, muss besonders strikt gespart werden. Außerdem hat die Regierung bei ihrem Steuerreform-Beschluss ein strukturelles Nulldefizit für 2016 mitbeschlossen.

Am härtesten dürfte es die Beamten treffen. Denn: Insgesamt wollen Bund und Länder 1,1 Milliarden durch Kürzungen in der Verwaltung und bei Förderungen aufbringen. 430 Millionen Euro soll der öffentliche Dienst dazu beisteuern.

Eine Summe, die sich wiederum aus noch lange nicht ausverhandelten Positionen zusammensetzt: Bescheidene Gehaltsrunden, weniger Überstunden und ein kolportierter "Solidarbeitrag" von Spitzenbeamten – ab welcher Einkommenshöhe ist freilich noch offen.

Der Vize-Chef in der Gewerkschaft öffentlicher Dienst, Peter Korecky, kennt die Pläne der Regierung bisher nur aus den Medien und ist entsprechend verärgert. "Mit uns hat niemand geredet", sagt Korecky zum KURIER. Er halte strikt am Kurs von ÖGB und AK fest: "Wir zahlen uns die Steuerreform nicht selbst. Das muss selbstverständlich auch für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst gelten", sagt der Beamtengewerkschafter.

Aber auch die Ministerien selbst müssen sparen, von den Sachkosten (zum Beispiel Inserate) bis hin zu Fahrtkostenzuschüssen.

Hier trifft es jene Ressorts am härtesten, die aufgrund ihres hohen Personalkostenanteils sehr wenig Spielraum haben, namentlich das Bildungs- und das Verteidigungsministerium.Dazu kommt das Einfrieren von Förderungen, was die Landwirtschaft überproportional treffen dürfte. Zu Kürzungen bei den Arbeitsmarktförderungen und in der Forschung soll es nach dem Wunsch der Koalitionäre nicht kommen. Im Gegenteil: Die Arbeitslosigkeit steigt, hier drohen Mehrausgaben.

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