Jörg Leichtfried: "Heast, ziag an der Leine dort!"

Jörg Leichtfried: "Heast, ziag an der Leine dort!"
Der SPÖ-Verkehrsminister liebt den Schiffsverkehr besonders – Segeln ist seine Leidenschaft.

Es ist Mittagszeit. Und heiß. Jörg Leichtfried sitzt in einem schattigen Lokal am Ufer des Neusiedler Sees. "Ich bin gern am Wasser", sagt er.

Noch lieber ist der 49-jährige Steirer auf diesem unterwegs. Mit dem Segelboot. Noch muss er zuwarten, eines der hiesigen Segelschule zu besteigen. Zu wenig Wind. Endlich kommt ein Lüftchen auf – und Leichtfried in Fahrt bei dem Gedanken, das Land für eine Weile zu verlassen.

Mit Segellehrerin Julia geht er an Bord. Eine gute Stunde gleiten sie und er mit dem Boot über die Wellen. Mittlerweile ist Windstärke drei. Gesteuert und gewendet wird auf Zuruf.

Glücklich wirkt der SPÖ-Politiker, als er an die Anlegestelle in Weiden zurückkommt. Er lächelt, entledigt sich der Schwimmweste, nimmt die Sonnenbrille ab, platziert sich erneut im Schatten. Und bestellt ein Soda mit Zitrone.

Jörg Leichtfried: "Heast, ziag an der Leine dort!"

Vom Buch zum Boot

Selten könne er dem geliebten Hobby frönen, sagt Leichtfried. Die hohe Politik lasse wenig Zeit für derlei Lustbarkeit. Vor zehn Jahren hat den jetzigen Infrastrukturminister die Leidenschaft für diese Art von Verkehr gepackt. "Ich habe Bücher über das Segeln gelesen, vor allem marinehistorische. Dieser englische Zugang zur Seefahrt hat mich interessiert. Dieses hinaus aufs Meer, Fremdes entdecken, der Wille, sehr weit zu kommen mit nicht besonders ausgereiften Schiffen."

Die Lektüre reichte nicht mehr, Leichtfried wollte es wissen: "In der Ägäis bin ich mit einem Freund auf dem Boot mitgefahren. Dann hat mich das nicht mehr losgelassen." Ein Kurs folgte dem anderen. Dann waren Segelschein und Skipperlizenz da.

Was fasziniert Leichtfried an diesem Sport? "Man ist sehr konzentriert, fokussiert auf das Wetter, hat dauernd etwas zu tun. Da denkt man nicht über andere Sachen nach. Das macht den Kopf frei. Man ist weg vom Alltag und dem Berufsleben."

Politik-Parallelen

Der Ressortchef ortet Parallelen zu seinem Job: "Es gibt beim Segeln kein Zurückrudern. Das geht zwar, ist aber patschert. In der Politik gilt es ebenfalls, nach vorne zu schauen." Auch in diesem Metier sei man "abhängig von der gesamten Umgebung. Ich kann nicht immer direkt dorthin, wohin ich will, weil die Umstände es nicht zulassen. Auch in der Politik muss man gegen den Wind aufkreuzen."

Nicht nur auf dem Neusiedler See ist der Ex-EU-Abgeordnete unterwegs. Auf dem Wörthersee segelt er ebenfalls. Detto im Ausland, bevorzugt in Kroatien. "In einem dalmatinischen Hafen habe ich ein kleines Segelboot." Zu Ostern war er mit der Familie ein paar Tage dort.

Der liebste Bootskumpan sei seine Frau, beteuert der Minister. Mit Leuten seiner Zunft hat er es nicht so auf dem oder der See. Bis dato schipperte Leichtfried nur mit Parteifreunden aus seiner Heimat Steiermark.

Unerquicklich ist es bei diesen Ausflügen ab und zu: "Vor allem bei Gewitter oder Sturm. Man bekommt massiven Respekt, wenn die Wellen fast so hoch sind wie der Mast – und auf einen zukommen."

Auch handwerklich werde er immer wieder herausgefordert: "Technisch passiert ständig etwas. Einmal reißt das Segel ein, dann gibt es Motorprobleme. Ein anderes Mal funktioniert die Wasserpumpe nicht. Und das meist dort, wo niemand ist, der helfen könnte." Da seien telefonische Direktiven nötig.

Jörg Leichtfried: "Heast, ziag an der Leine dort!"

Knoten-Vergesslichkeit

Mehr ärgert Leichtfried aber etwas anderes: "Dass ich von einer Saison auf die andere vergesse, wie die komplizierten Knoten zu machen sind." Da gibt es etwa den Palstek, den Klampenschlag, den Fenderknoten und den Stopperstek.

Ungewöhnlich, aber zielgerichtet sei die Seglersprache. Und für Laien schwer zu verstehen. "Hol dicht das Großschot!" habe er einem Bootspartner einst zugeschrien. Der wusste nicht, wovon Leichtfried redet. Und so dolmetschte dieser: "Heast, ziag an der Leine dort!"

So bald wird der Rote ein Schiffchen nicht wieder von der Leine lassen. Als Landesrat hatte er seinen Sommerurlaub geplant. Dann rief ihn Neo-Kanzler Christian Kern in die Regierung. Und so wird es nichts mit Muße.

Auch mit der heutigen ist es vorbei. Leichtfried hat einen Abendtermin. Raus aus dem T-Shirt und der kurzen Hose, rein in den Anzug – und in den Abendverkehr.

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