Hasch-Freigabe genügt Jung-Neos nicht

Hanfblätter, normalerweise grün, wollen die Pinken nicht als Parteisymbol haben. Die Debatte über Haschisch überlagert die Themen der bürgerlichen Wirtschaftspartei
Jung-Neos fordern, auch harte Drogen wie Kokain oder LSD zu legalisieren. Strolz erteilt Absage.

So ein Jammer. Keinen interessiert die Kammer. Mit Verve präsentiert Matthias Strolz seine Pläne für die Wirtschaftsvertretung, für die seine Neos erstmals kandidieren. Und wonach fragen die Journalisten bei der Pressekonferenz in einem Wiener Lokal? Nach seiner Haltung zu Cannabis. Logisch. Die Parteimitglieder haben am Wochenende mehrheitlich beantragt, Haschisch zu legalisieren. Auf Drängen des Parteinachwuchses. Und ihr sonst mundflinker Frontmann hat sich seither nicht dazu geäußert. Nun kommt er nicht umhin. "Ich stehe hinter dem Beschluss", sagt Strolz, verhehlt aber nicht, dass er nicht so weit gegangen wäre. Er hätte "einen Zwischenschritt gemacht": Nicht mehr strafrechtlich geahndet werden sollte Kifferei, eine Geldstrafe (ergo auch kein Vermerk im Strafregister) täte es. Damit würde jene halbe Million Menschen, die Cannabis konsumiere, nicht mehr kriminalisiert. Ob der Mehrheit für Schritt zwei, der Freigabe, ist das jetzt Neos-Linie. Sie gehen damit weiter als die anderen Parlamentsparteien. Tirols SPÖ, die Sozialistische Jugend und Wiens Grüne möchten Cannabis zwar legalisieren, ihre Bundesparteien lehnen das aber ab. Detto ÖVP, FPÖ und Stronachos. Die Grünen wollen weiche Drogen "entkriminalisieren" (Geldstrafen). Das können sich auch Vorarlbergs Grüne, Rote und Blaue vorstellen. Dass die Ländle-FPÖ mit von der Partie ist, erstaunt – angesichts der Position der Bundesbrüder ("Cannabis ist klassische Einstiegsdroge").

Hasch-Freigabe genügt Jung-Neos nicht
Interview mit Matthias Strolz, Gründer und Vorsitzender der Partei NEOS, im Österreichischen Parlament. Wien, 22.10.2014
Warum wagen sich die Pinken so weit vor? "Wir sind Freunde der Eigenverantwortung und der Freiheitsliebe. Und in der Politik, um mutig zu sein. Cannabis ist ein Thema, bei dem gelogen wird bis zum Umfallen", antwortet Strolz. Dass seine Partei mit solchen Themen das Schicksal von Heide Schmidt erleiden könnte – bald Polit-Geschichte zu sein –, glaubt der Neos-Chef nicht: "Die Menschen sind viel weiter als vor 20 Jahren." Wo soll Cannabis feilgeboten werden? In "Hasch-Trafiken"? In Coffee-Shops? "Wir denken an die Abgabe über Apotheken." Es gehe darum, "Dealern und kriminellen Strukturen das Wasser abzugraben". Hat er schon gekifft, will der KURIER von Strolz wissen: "Das ist viele Jahre her."

Dass sie mit diesem Thema Wähler verprellen könnten, ist den Neos klar. Wie kam es dann zu dieser Festlegung? Ist die Regie entglitten? 312 Mitglieder haben sich vergangenen Samstag in der Früh für die Parteiversammlung registrieren lassen. Mandatar Michael Pock wollte über einen Antrag zur "Entkriminalisierung" von Haschisch abstimmen lassen. Der Parteijugend war das zu wenig; Legalisierung begehrten sie. Nach einer Debatte war es am Abend so weit. Wie viele Pinke votierten für, wie viele gegen die Freigabe? Das sei nicht zu sagen; "es wird durch Handheben mit Stimmzettel abgestimmt. Wenn klar ersichtlich ist, dass es eine Mehrheit gibt, wird nicht durchgezählt. Und es gab eine deutliche Mehrheit für die Legalisierung von Cannabis", heißt es in der Bundespartei.Als wäre die wegen dieser Positionierung nicht schon genug in der Bredouille, setzen die Jung-Neos eins drauf: Nicht nur der Konsum von und der Handel mit Cannabis sei freizugeben, alle Drogen sollten legalisiert werden, also auch harte wie Kokain, Heroin oder LSD. "Es wäre im Sinne einer freien Gesellschaft, dass jedes Individuum für sich entscheidet, welche Substanz es konsumiert", argumentieren die Junos. Verantwortungsvoller Umgang mit gesundheitsschädlichen Substanzen sei "nicht durch reine Verbotskultur erreichen".Der Parteispitze reicht es – mit den Begehrlichkeiten des Polit-Nachwuchses: "Das ist am Wochenende nicht besprochen worden. Das ist auch nicht unsere Linie. Das geht definitiv zu weit."

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