Hans Schmid: "Kärnten wird zum Armenhaus"

Der Ex-Werber und Kärntner Hans Schmid (74) finanziert nur mehr Projekte, die ihm gefallen – wie etwa das Weingut Mayer am Pfarrplatz.
Der prominente Kärntner war ein Haider-Kritiker. Doch das Land dürfe nicht büßen müssen.

Kärnten ist ordentlich in der Bredouille. Die Landeskassen sind leer. Fast wöchentlich muss Landeshauptmann Peter Kaiser Einsparungen verkünden. Das Babygeld wurde gestrichen, kleine Landschulen werden geschlossen. Nicht einmal mehr die 550 Euro Unterstützung für Kinder aus sozial schwachen Familien für die Wien-Woche werden bezahlt. Der Bund lässt die Kärntner zappeln und ziert sich, die dringend benötigten 343 Kreditmillionen zu bewilligen. Obwohl der Exil-Kärntner, Ex-Werber und Multimillionär Hans Schmid (74) stets das System Haider kritisiert hat, versteht er nicht, warum Kärnten von der Regierung nun zum Feindbild gemacht wird. Im Interview befürchtet Schmid, dass Kärnten auf Jahrzehnte hinaus zum Armenhaus Österreichs werden könnte.

KURIER: Herr Schmid, Sie haben als prominenter Kärntner stets das System Haider kritisiert. Ist das Warten auf die notwendigen 343 Kredit-Millionen aus Wien nun die faire Rechnung, die die Kärntner serviert bekommen?

Hans Schmid: Kärnten nun dafür zu prügeln, ist falsch. Es ist eine Katastrophe, was mit der Hypo unter Haider passiert ist. Die Bank wurde permanent geprüft, doch niemand – weder die Nationalbank, noch die sonst so gefürchtete Finanzmarktaufsicht – hat den Riesenschaden bemerkt. Warum wurde hier weggeschaut?

Welchen Rat würden Sie in dieser Situation Landeshauptmann Peter Kaiser geben?

Es kann nicht sein, dass Kärnten alleine die versalzene Suppe auslöffeln muss. Denn an dieser Wahnsinnstat waren auch drei Finanzminister beteiligt. Wenn nicht die Verstaatlichung gewesen wäre, müsste Bayern die Bank jetzt sanieren und nicht Österreich. Ich würde an Peter Kaisers Stelle zuerst schauen, dass Kärnten wieder zu Liquidität kommt. Das Land muss endlich wieder atmen können. Dann würde ich drei Top-Juristen engagieren und prüfen, ob das Land Kärnten nicht gegen den Bund, die Bayern und die Nationalbank regressieren kann, weil doch schwere Fehler passiert sind. Es muss Druck aufgebaut werden.

Sie waren nie ein Freund von Jörg Haider. Aber hätten Sie geahnt, dass er auch korrupt war?

Hans Schmid: "Kärnten wird zum Armenhaus"
Babygeld; Kärnten; Jörg Haider, Gerhard Dörfler, Martin Strutz
Nein, das hätte ich mir nie gedacht. Denn Jörg Haider war ein reicher Mann. Aber leider hat er jede Bodenhaftung verloren und wusste nicht mehr, wo die moralischen Grenzen sind. Die Kärntner hat er mit Babygeld und anderen Goodies beruhigt. Die Birnbacher-Causa, die Hypo und die Seen-Causa sind ja bei Weitem noch nicht alle Schmankerln aus dieser Ära. Man vermutet ja, dass Haider auch 25 bis 40 Millionen Euro aus Libyen und dem Irak erhalten hat, die jetzt in Liechtenstein gebunkert sind. Zwei seiner engsten Vertrauten haben noch immer die Unterschriftsvollmacht für diese Konten. Haider hatte die Gnade des frühen Todes, sonst wäre er jetzt sicher schon zu fünf bis zehn Jahren Haft verurteilt worden.

Wie beurteilen Sie die Stimmung in Kärnten?

Ich war zuletzt zu Ostern in Kärnten. Langsam bemerken die Menschen in Kärnten, dass sie Jörg Haider auf den Leim gegangen sind. Auch Freunde von mir fragen sich heute, wie sie so blöd sein konnten. Aber Haider verbreitete eine Aufbruchstimmung. Er war ein Politiker mit einem unglaublichen Charisma. Wir wollen Politiker mit Charisma. Schauen Sie in die Türkei. Wäre Haider in der Steiermark oder Oberösterreich angetreten, hätte er auch dort Erfolg gehabt. In den 1980er-Jahren habe ich Wahlwerbung für die Wiener SPÖ gemacht. Damals ging es noch um das Parteiprogramm. Wer interessiert sich heute noch für ein politisches Programm?

Glauben Sie, Kärnten wird in die Insolvenz schlittern?

Ich glaube, auf dieses Szenario will sich niemand einlassen. Das wäre zu riskant. Aber ich frage mich, was passiert wäre, wenn der gleiche Skandal in einem anderen Bundesland wie Niederösterreich oder Oberösterreich passiert wäre. Ob dann auch mit solchen harten Bandagen gedroht werden würde. Ich glaube nicht. Alles würde viel sanfter ablaufen.

Wird Kärnten in den kommenden Jahrzehnten das Armenhaus von Österreich?

Das Land steht jetzt schon mit dem Rücken zur Wand. Wenn man den Kärntnern wirklich den Rucksack umhängen will, dass das Land auch die Hypo-Anleihen von den Gläubigern kaufen soll, dann werden sie zum Armenhaus von Österreich. Es gibt einen Schuldenstand, von dem man sich erholen kann. Aber es gibt auch einen Schuldenstand, von dem erholt man sich nie. Weitere fünf Milliarden Schulden wäre so ein Szenario. Kärnten hat unheimlich viele kreative Köpfe. 90 Prozent der Unternehmen exportieren ins Ausland. Ich kenne auch kein Bundesland, das so viele tolle Künstler hervorgebracht hat. Da gibt es eine Maria Lassnig, einen Peter Handke, eine Ingeborg Bachmann oder eine Christine Lavant. Man sollte auch nicht vergessen, dass die Kärntner nach dem Ersten Weltkrieg einen Abwehrkampf geleistet haben, weil sie bei Österreich bleiben wollten.

Sie investieren immer wieder Millionen in Kärnten. Gibt es Projekte, die Sie derzeit nicht umsetzen können, weil dem Land einfach das Geld ausgegangen ist?

Ich unterstütze ein Projekt des Robert-Musil-Instituts, wo ein Drittel der Kosten von mir, ein Drittel vom Land und ein Drittel vom Bund übernommen werden. Das Land wird diese Kosten jetzt nicht übernehmen können. Da sprechen wir aber nur von 10.000 Euro.

Sie gelten als guter Freund von Franz Vranitzky. Der Ex-Bundeskanzler war immer ein kompromissloser Gegner von Jörg Haider. Sind die aufgedeckten Skandale nun eine späte Genugtuung für den Alt-Kanzler?

Aus heutiger Sicht kann man nur sagen: Wie Recht und welchen Weitblick hatte Franz Vranitzky mit seiner Politik der Ausgrenzung. Und wie oft wurde er damals dafür kritisiert und oft auch verbal geprügelt.

Hans Schmid: "Kärnten wird zum Armenhaus"
ABD0047_20150423 - WIEN - ÖSTERREICH: Kärntens LH Peter Kaiser am Weg zu einem Treffen über die Finanzierung des Landes Kärnten über die ÖBFA am Donnerstag, 23. April 2015, vor dem Bundeskanzleramt in Wien. - FOTO: APA/ROLAND SCHLAGER
Der Bund will, dass Kärnten einen Knebelvertrag unterschreibt. Auch ein Aufsichtskommissär für Kärnten wird diskutiert. Sitzt der heimliche Landeshauptmann dann im Wiener Finanzministerium?

Ein strengeres Kontrollmanagement ist begrüßenswert. Das wäre schon damals bei der Hypo gut gewesen. Aber ich glaube, Peter Kaiser wird als Landeshauptmann noch viele Finanzminister kennenlernen. Ihm wurde immer vorgeworfen, dass er intelligent, aber zu farblos für die Politik sei. Ich sage: Gott sei Dank ist Peter Kaiser farblos.

Der Werdegang des Exil-Kärntners

Hans Schmid (74) stammt aus Villach. Der Ziehvater war Eisenbahner, seine Mutter hatte eine Jausenstation. Schmid begann als Anzeigenverkäufer und machte sich dann mit einer Werbeagentur selbstständig. Später schloss sich Schmid mit der Schweizer Werbeagentur GGK zusammen und gründete 1972 die GGK Wien. 2000 trennte er sich von seinen Anteilen. Mittlerweile ist Schmid Wiens größter Winzer, sowie Eigentümer des Kaufhauses Steffl und der Eishockeymannschaft Vienna Capitals

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