Haider-Film: Apfelstrudel ohne Rosinen für Jörg

Buberlpartie in Parodie-Laune in den 1990ern: Walter Meischberger, Gernot Rumpold, Jörg Haider und Susanne Riess-Passer im Film "Fang den Haider" von Nathalie Borgers ab sofort in österreichischen Kinos
Doku: Haiders Schwester Ursula bäckt im Film, Ex-Haider-Sprecher Petzner schweigt.

Ich verstehe nichts von Politik. Mit Geschichte hab’ ich auch kein Glück. Mit Wirtschaftsfinanzen lasst mich in Ruhe! Ich bin doch nur euer fescher Bub. Was ich weiß, ist nur: Ich mag mich. Und das ist ja schon ziemlich viel. In der FPÖ-Buberlpartie." Sätze von Jörg Haider, Susanne Riess-Passer, Peter Westenthaler, Walter Meischberger und Gernot Rumpold auf der Bühne gesungen, in den 1990ern als Parodie gemeint. 2015 mutet diese Filmsequenz – im Wissen um Hypo Alpe Adria, Untersuchungsausschuss und Gerichtsurteile – wie eine zynische Farce an. Es sind Dokumente wie dieses, das Jörg Haider, seine Zeit, für 90 Minuten bildhaft wieder präsent macht – in Nathalie Borgers Kino-Doku "Fang den Haider", die heute anläuft.

"Liaba Bua"

Ihn einzufangen, versuchte zu dessen Lebzeit eine Heerschar an Journalisten. Die gebürtige Belgierin Borgers wollte ihn dereinst nicht sprechen. Der deutsche ntv-Talkmaster Erich Böhme versuchte es 2000. "Sind Sie ein Neonazi? Neofaschist? Nationalist? Populist?" Haider blieb erst stumm und steinern, dann ob der Frage "Oder sind Sie einfach der nette Jörg?" süffisant lächelnd. Als "Jörg", "liaba Bua" haben die Befragten in Kärnten ihn auch nach seinem Tod 2008 in Erinnerung.

Die Regisseurin führt kapitelweise durch ihre "Reise in Haiders Welt" und dabei mitunter Gesprächspartner vor. Ex-Landeshauptmann Gerhard Dörfler versucht, mittels Zeichnung den Ortstafelstreit zu erklären. Ursula Haubner bäckt Apfelstrudel "so wie mein Bruder ihn gerne gehabt hat" – ohne Rosinen. Deren Erzählungen lässt die Filmemacherin keinen freien Lauf. Der Ton wird jäh immer leiser. Was beide erläutern und etwaig entlarven könnte, bleibt dem Zuseher so verwehrt. Haiders Frau Claudia wollte wie "Lebensmensch" Stefan Petzner erst gar nicht zu Wort kommen.

Mutter Dorothea, seine politische Ziehmutter Kriemhild Trattnig, Ex-Präsidentschaftskandidatin Heide Schmidt oder Ex-FPÖ/BZÖ-Politiker Peter Westenthaler schon. Letzterer verrät, dass die FPÖ Volksbegehren initiierte, wenn keine Wahl war, weil "er Zuneigung brauchte, er Lust hatte, unter den Leuten zu sein". Haider finanzierte mit Steuergeld vermeintlich libysches Benzin zum Selbstkostenpreis, Mutter- und Baby-Geld und blies eine biedere Landesbank zum Global Player am Balkan auf. Milliardenschwere Abenteuer, die die Doku nur streift. Haiders Ex-Sprecher Petzner will den Film auf KURIER-Nachfrage dennoch nicht sehen. "Er ist sicher tendenziös."

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