Nur 30 Prozent werden davon profitieren

Nur 30 Prozent werden davon profitieren
Laut Kieferorthopäden ist für Laien nicht erkennbar, welche Fehlstellung Gratis-Zahnspangen-tauglich ist.

Von der Gratis-Zahnspange, die es ab 1. Juli geben wird, werden schätzungsweise nur 30 Prozent der Kinder und Jugendlichen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit schweren Zahn-und Kieferfehlstellungen profitieren. Darauf machte der Verband Österreichischer Kieferorthopäden (VÖK) am Freitag bei einer Pressekonferenz in Wien aufmerksam.

Für Gratis-Zahnspangen stehen pro Jahr 80 Millionen aus dem Budget des Gesundheitsministeriums zur Verfügung. 180 Kassenverträge werden österreichweit vergeben, darüber hinaus gilt weiterhin das Wahlarztprinzip. Die Rückerstattung für Privatrechnungen wird mit 80 Prozent des Kassentarifs drei Mal so hoch sein wie bisher.

Was wird bezahlt, was nicht?

Zur Gänze bezahlt wird die Korrektur von Fehlstellungen, welche unter die beiden höchsten Stufen der fünfteiligen IOTN-Skala fallen. Allerdings können auch Fehlstellungen der Stufe 3 erheblich sein, erklärte VÖK-Präsident Martin Brock. Diese betreffen ebenfalls geschätzte 30 Prozent der potenziellen Patienten.

Für den Laien ist es nach Darstellung des Kieferorthopäden nicht unbedingt erkennbar, welche Fehlstellung Gratis-Zahnspangen-tauglich ist: Denn mit dem IOTN-Index wird allein die Notwendigkeit der kieferorthopädischen Behandlung eingestuft, die sich aber nicht zwangsläufig mit ästhetischen Mängeln deckt. Der Index erfasse auch nicht die Komplexität der Behandlung, die bei Stufe 3 durchaus höher sein kann als bei Stufe 4, wie Brock und VÖK-Generalsekretärin Silvia M. Silli erläuterten.

Brock ortet eine Verunsicherung der Patienten, "weil die sich schlicht nicht auskennen". Unter IOTN 4 und 5 "kann sich kein Patient was vorstellen", sagte der VÖK-Präsident, der auf die Ärzte eine Menge Aufklärungsarbeit zukommen sieht.

Soziale Kriterien fallen weg

Darüber hinaus bemängeln die Kieferorthopäden, dass die Leistungen allein nach medizinischen, nicht aber nach sozialen Kriterien erbracht werden. Der entsprechende Vorschlag des VÖK sei nicht berücksichtigt worden. Eine soziale Staffelung der Leistungen hätte es ermöglicht, dass auch IOTN-3-Fälle von der Gratis-Zahnspange profitieren. Damit hätten 60 statt 30 Prozent versorgt werden können.

Die 180 Kassenverträgen gehen an Kieferorthopäden, obwohl Fachärzte für Kieferorthopädie offiziell gar nicht existieren - eine Besonderheit, die sich Österreich in Europa nur mit Spanien teilt. Dagegen gebe es solche Fachärzte in den USA seit 120 Jahren und in der Türkei seit 70 Jahren, erläuterte Silli. Hierzulande ist auch die Ausbildung nicht normiert. "Das macht es für Patienten die Wahl des Arztes schwerer", sagte die VÖK-Generalsekretärin.

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