Grasser drohen bis 16 Millionen Geldstrafe

APA7806486-2 - 08052012 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT II - Karl-Heinz Grasser am Dienstag, 8. Mai 2012, anl. einer Sitzung des Korruptions-U-Ausschusses im Parlament in Wien. APA-FOTO: HELMUT FOHRINGER
Der Staatsanwalt ortet "Gewerbsmäßigkeit", was die Strafe für den Ex-Finanzminister erhöhen würde.

Was für eine Summe: Fünfmillionenvierhundertzwölftausendsechshundertein-undvierzig Euro und 90 Cent. Um 5,4 Millionen Euro also soll Karl-Heinz Grasser zwischen 2003 und 2010 den Staat geprellt haben.

Das Finanzamt wirft dem ehemaligen Finanzminister Steuerhinterziehung im großen Stil vor (der KURIER berichtete am Wochenende). Insbesondere das komplexe Stiftungskarussell, in das KHG seine Honorare des Meinl International Power-Fonds hat einfließen lassen, könnte ihm nun zum Verhängnis werden. Im profil erklärte sich Grasser zum Opfer: Die Stiftungen sei die Idee des Steuerberaters gewesen; überhaupt ermittle die Justiz seit Jahren ohne Beweise – er habe nie Steuern hinterziehen wollen. Wie glaubwürdig ist das? Und was hat der Steuer-Akt KHG mit der BUWOG-Affäre zu tun?

Der KURIER beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was wird Karl-Heinz Grasser vorgeworfen?

Unter Mithilfe seines Steuerberaters soll Grasser die Republik zwischen 2003 und 2010 um 5,4 Millionen Euro betrogen haben. Zu der Summe tragen insbesondere Honorare aus Grassers Engagement beim Meinl International Power-Fonds bei. Hier soll Grasser – vereinfacht gesagt – veranlasst haben, dass persönliche Honorare auf ausländische Konten überwiesen wurden, ohne dass er dafür vorab die entsprechende Einkommenssteuer bezahlt hätte. Zudem soll Grasser in den inkriminierten Jahren Sachbezüge bekommen und nicht versteuert haben. Augenscheinlichstes Beispiel: ein ausnehmend günstiger Leasing Vertrag für einen Porsche 911 Carrera 4. Diesen soll Grasser anstatt der üblichen 33.000 Euro um nicht ganz 10.000 bekommen haben.

Grasser behauptet, die Bescheide über 5,4 Millionen Euro seien nicht rechtens, würden von ihm angefochten und er müsse sie deshalb nicht bezahlen. Laut Bundesabgabenordnung (§ 254) hat ein Einspruch keine aufschiebende Wirkung. Heißt das, Grasser bekommt Sonder-Rechte?

Nein. Bei strittigen Steuer-Bescheiden kann man eine Aussetzung beantragen, das heißt: Man kann dem Finanzamt den Betrag vorerst schuldig bleiben. Allerdings kostet das – nämlich 2,38 Prozent an zusätzlichen Zinsen. Zieht Grasser bis vor den Verwaltungsgerichtshof und blitzt er dort ab, dann müsste er, sofern das Verfahren ein Jahr dauert, noch einmal mehr als 128.000 Euro auf die von der Finanz geforderte Summe aufzahlen.

Grassers Verteidigung lautet im Wesentlichen: Mein Steuerberater hatte selbst eine Stiftungskonstruktion im Ausland, er hat mir geraten, das zu tun – ich bin ein Opfer. Ist das glaubwürdig?

Nein. Führende Experten sind skeptisch, ob Grasser mit seiner Argumentation durchkommt. Der Tenor: Man könne als Steuerzahler die Verantwortung nicht gänzlich an Berater delegieren – schon gar nicht als früherer Finanzminister. „Er (Grasser) wird kaum Chancen haben“, sagte etwa Fritz Kleiner, Steuerberater und Gerichtssachverständigen, im ORF-Radio. Es sei schlicht unglaubwürdig, dass Grasser nicht wusste, worauf er sich einlässt. „Das wird der Herr Finanzminister ausbaden müssen.“ Auch Margit Widinski von der renommierten Kanzlei BDO ist skeptisch. „Wir hätten in den vergangenen 15 Jahren keinem einzigen Klienten eine solche Stiftungskonstruktion empfohlen“, sagt sie zum KURIER. Angesichts der komplizierten Konstruktion (des Stiftungskarussells) sei es schwer vorstellbar, dass den handelnden Personen die Risiken nicht bewusst waren.

Wie hängt das Steuerverfahren mit den BUWOG-Ermittlungen zusammen?

Gar nicht. Im Steuerverfahren werden Mitte April zwei Zeugen befragt, dann muss der Staatsanwalt entscheiden, ob Grasser und sein Steuerberater vorsätzlich gehandelt haben und ob sie daher auch vor einen Richter müssen. Experten rechnen in der Causa mit Anklage.

Die BUWOG ist ein anderer Fall. Hier besteht der Verdacht, KHG habe als Minister Insider-Wissen bei der BUWOG-Privatisierung missbraucht und kassiert. Die Entscheidung ob gegen ihn und/oder die Spezis Meischberger und Hochegger (verdienten am BUWOG-Deal) Anklage erhoben wird, dauert noch. Der Grund: Die Justiz wartet auf wichtige Stiftungsunterlagen aus der Schweiz. Ob und wann diese kommen, ist unklar.

Was droht Grasser?

Da die Staatsanwaltschaft bei KHG von „gewerbsmäßiger“ Steuerhinterziehung ausgeht, droht ihm bei einem Finanzstrafverfahren nicht wie üblich das Zwei-, sondern das Dreifache dessen an Strafe, was er hinterzogen hat. Bei einer Steuerschuld von 5,4 Millionen Euro beträgt die Strafe 16,2 Millionen Euro. Hinzu kommt eine mögliche Haft von maximal fünf Jahren.

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