Smartphone-Verbot am Steuer

Smartphone am Steuer: Facebook, eMail und SMSen wird auch offiziell verboten
Nur noch Telefonieren mit Freisprecheinrichtung und Navigieren bleibt mit dem Handy erlaubt.

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen hinter dem Lenkrad auf der Autobahn Richtung Süden, alle Spuren sind voll, und weil Ihr Smartphone gerade in der Mittelkonsole liegt und der Verkehr nur gemächlich dahinrollt, beschließen Sie: Ich check’ jetzt meine eMails und schau’ kurz nach, was sich gerade auf Facebook tut.

Die Frage ist nun: Dürfen Sie das? Ist der Gebrauch des Handys am Steuer nicht nur gefährlich, sondern auch längst total verboten?

Die richtige Antwort lautet: Eigentlich ja – aber eben nur eigentlich. Denn streng genommen stammt das Kraftfahrzeuggesetz, kurz KFG, aus einer Zeit, als man den Begriff "Smartphone" noch nicht kannte. Und das bedeutet, das laut KFG mit Stand 1999 nur das "Telefonieren ohne Benützung einer Freisprecheinrichtung" verboten ist – von SMSen, eMail-Schreiben, Facebooken etc. war da noch keine Rede.

Neues Verbot

Geht’s nach den Regierungsparteien, soll sich das in Bälde ändern. Denn Anfang nächster Woche schicken SPÖ und ÖVP eine KFG-Novelle in Begutachtung, die Autofahrern auf heimischen Straßen nur noch zwei Dinge mit dem Mobiltelefon erlaubt: das Telefonieren mit Freisprecheinrichtung; und das Verwenden des Handys als Navigationsgerät – sofern eine Halterung (an der Windschutzscheibe) existiert.

"Wir tragen mit dem neuen Gesetz dem technischen Fortschritt Rechnung und reagieren auch auf die steigenden Unfallzahlen", sagt Andreas Ottenschläger, der Verkehrssprecher der ÖVP zum KURIER.

Rund 200.000 Autofahrer wurden im Vorjahr wegen "Handy am Steuer" mit Strafen zwischen 50 und 72 Euro belangt.

Auffallend ist, dass sich die Zahl der tödlichen Unfälle, die durch Ablenkung verursacht wurden, seit dem Jahr 2005 verdoppelte; jeder dritte Unfall im Straßenverkehr ist mittlerweile auf eine Ablenkung zurückzuführen; und allein im Vorjahr starben laut Verkehrsministerium 60 Personen, weil jemand beim Fahren abgelenkt war.

200.000 SMS

Wie dramatisch die technischen Entwicklungen des Smartphones das Fahrverhalten und damit die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer beeinflussen, zeigen auch Zahlen des Kuratoriums für Verkehrssicherheit: Demnach werden jeden Tag auf Österreichs Straßen um die 900.000 Telefonate ohne Freisprech-Einrichtung geführt; 200.000 SMS verschicken die Lenkerinnen und Lenker, während sie hinterm Steuer eines Autos sitzen.

Im Verkehrsministerium wurde angesichts der Entwicklung im Mai eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich mit dem Thema Ablenkung im Straßenverkehr auseinandersetzt und bis 2016 Vorschläge zu weiteren gesetzlichen Veränderungen erarbeitet. "Letztlich geht es aber immer um Bewusstseinsbildung", sagt eine Sprecherin von Verkehrsminister Alois Stöger zum KURIER. Denn vieles, was die Menschen beim Autofahren tun (mit dem Beifahrer reden, das Radio bedienen, Trinkflasche öffnen, etc.) könne und solle ja nicht verboten werden.

Laut Verkehrsministerium bietet ein Auto-Cockpit im Jahr 2015 bis zu 61 Funktionen (Bordcomputer, Klima-Anlage, Knöpfe für Außenspiegel, etc.), 1983 waren es nur 7.

Autofahrer
Die größte Ablenkung für Autolenker ist laut Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV) "Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung". Die zweithäufigste Ablenkung ist das "Texting" (SMS, eMail, Internet), gefolgt von "Essen und Trinken".

Motorradfahrer
werden laut KfV am häufigsten von "Insekten am Visier" abgelenkt; außerdem irritieren die "Bedienung des Navis" sowie "Objekte außerhalb" (Werbetafeln, etc.).

Radfahrer
werden am häufigsten durch "Musikhören" abgelenkt. Darauf folgt "Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung" und "Nach etwas greifen" (z.B. Gepäckträger).

Generell ist es heute de facto in ganz Europa verboten, beim Autofahren zu telefonieren. Durchaus unterschiedlich sind freilich die Geldbußen, die der jeweilige Gesetzgeber für die Verkehrssünder vorsieht.

Kommt man in Österreich – trotz verschärfter Gesetzeslage (siehe oben) – mit maximal 72 Euro davon (Regelstrafe sind 50 Euro, wer nicht gleich bezahlt, bezahlt mehr), sind die benachbarten EU-Staaten bei weitem nicht so kulant. Italien etwa sieht für telefonierende Autofahrer eine Mindeststrafe von 160 Euro vor, in Slowenien sind es ebenfalls mindestens 120 Euro; und in Spanien, Estland und Dänemark bezahlt man für das Verwenden eines Smartphones am Steuer bereits mindestens 200 Euro.

Spitzenreiter sind bei der Strafhöhe die Niederlande: Hier wird das Delikt "Handy am Steuer" laut ÖAMTC mittlerweile mit 230 Euro bestraft.

Verbot für Knopf im Ohr

Eine wesentliche Veränderung gibt es seit Kurzem für Autofahrer in Frankreich: Seit 1. Juli ist es auf französischen Straßen verboten, Kopfhörer zu verwenden. Das bedeutet, dass Lenker sich nicht nur strafbar machen, wenn sie im Auto mit Ohrstöpsel Musik oder Radio hören, sondern auch, wenn sie eine "Knopf im Ohr"-Freisprech-Einrichtung verwenden. Die Strafdrohung: 135 Euro.

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