Dauerstreit um Hypo kostet weitere Milliarden

Dauerstreit um Hypo kostet weitere Milliarden
Wyman-Gutachten warnt aber: In jeder Lösungsvariante "steigen bei fehlendem Konsens Risiken erheblich".

Die Opposition erhöht massiv den Druck auf Finanzminister Michael Spindelegger. Er soll mehr als vier Jahre nach der Notverstaatlichung der Kärntner Hypo Alpe-Adria durch seinen Vor-Vorgänger Josef Pröll endlich Farbe bekennen. Doch dieser verweist auf seine „Experten“.

Die vom Finanzministerium eingesetzte „Taskforce“ unter Ex-Notenbankchef Klaus Liebscher empfiehlt die Beteiligung der heimischen Großbanken an der Hypo-Abwicklung („Bad Bank“). Eine Pleite der Hypo sei zu „riskant“ für den Standort Österreich.

Liebschers Kritiker, durchaus auch in den höchsten Kreisen des Finanzministeriums vertreten, unterstellen ihm, zu wissen, dass dieser Plan „nie und nimmer“ aufgeht. Die Banken dürften sich gar nicht am Hypo-Risiko beteiligen, die gesamte Hypo-Altlast von 19 Milliarden Euro lande absehbarerweise bei der Republik. Liebscher wolle nur die anderen Banken schützen. Deshalb sei es aus Steuerzahlersicht geboten, noch einmal die günstigere Hypo-Insolvenz zu debattieren.

Mit Erfolg

Genau diese Debatte wird nun mit jedem Tag härter geführt – abermals befeuert durch die Veröffentlichung des „Wyman-Gutachtens“ durch die Neos. Wegen Vertraulichkeitsbestimmungen getarnt als parlamentarische Anfrage. In dieser Anfrage kann nun jeder Steuerzahler nachlesen, was bisher kolportiert wurde:

Lastenteilung Oliver Wyman, ein international tätiger US-Finanzberater (z. B. der Europäischen Zentralbank), empfiehlt in seiner Analyse eine Insolvenz der Hypo – also so circa das Gegenteil dessen, was Spindelegger und Liebscher wollen. Wyman schreibt: „Bei der Insolvenzlösung besteht die Möglichkeit der Lastenteilung mit einer breiteren Stakeholder-Gruppe“. Gemeint sind die Hypo-Anleihegläubiger und die BayernLB als frühere Eigentümerin.

Risiken Die Gefahren einer Hypo-Pleite sieht Wyman vor allem in der Reaktion der Hypo-Anleihegläubiger sowie in der Antwort Bayerns und der Länder, wo die Hypo-Töchter eine maßgebliche Rolle spielen. Also Kroatien und Serbien. Hier stehen Klagsrisiken im Vordergrund.

Haftungen Dem Problem der Kärntner Landeshaftung über 12 Milliarden könnte man durch einen Tausch der Hypo-Anleihen mit Bundesanleihen entgehen, meinen die Wyman-Experten. Vorausgesetzt, die Anleihegläubiger spielen mit. Von den Befürwortern der Insolvenz im Finanzministerium wird dies als „Königsidee“ bezeichnet. Denn: Kärnten wäre sein Haftungsproblem los und die Klagsrisiken beim freiwilligen Anleihe-Tausch wären vom Tisch. „Auch die Anleihegläubiger können ja kein Interesse an jahrelangen juristischen Auseinandersetzungen haben“, sagt ein Top-Beamter.

Pleite-Gegner

Bei den Gegnern der Hypo-Insolvenz in der Hypo-Taskforce, in der Nationalbank und im Finanzministerium wird das Wyman-Papier hingegen als „Schnellschuss“, der „viele Dinge gar nicht berücksichtigt“, beurteilt. In der Tat: Wyman hat nur fünf Tage (28. November 2013 bis 2. Dezember 2013) geprüft, und da nicht die Bank, sondern nur die vorhandenen Daten des Ministeriums.

Milliarden Vor diesem Hintergrund fahren die Insolvenz-Gegner ihre Geschütze auf und errechnen 26 Milliarden Euro an volkswirtschaftlichen Kosten, sollte die Hypo in Konkurs geschickt werden. Hineingerechnet sind steigende Zinsen auf die Staatsschuld, Arbeitsplatzverluste oder höheren Kosten für andere Banken. Nachrechnen kann solche Schätzungen niemand. Veröffentlicht wurde das entsprechende Nationalbank-Gutachten auch nicht.

Transparenz Wie überhaupt ein eklatanter Mangel an Transparenz herrscht. Das Wyman-Gutachten wurde von Spitzenbeamten des Finanzministeriums in Auftrag gegeben, mit der expliziten Bitte nach „rascher Expertise“ vor einer Hypo-Aufsichtsratssitzung im Dezember 2013. Dann hat das Ministerium genau diese Expertise bis heute schubladisiert. Im Ministerium heißt es jetzt, das Wyman-Papier sei an die Nationalbank zur Quantifizierung der Szenarien weitergegeben worden.

Dort ist es offiziell aber nie angekommen, vielleicht nur bei der Taskforce. Egal, man bekommt weder dort noch dort offizielle Antworten.

Genauso ergeht es einem bei Nachfragen zum Endbericht der Taskforce. Auch der wurde nie veröffentlicht. Präsentiert wurden nur vier Modelle von 20 geprüften Alternativen samt der Empfehlung für die Bankenbeteiligung – nicht aber der Endbericht. Das macht stutzig.

Wyman hält die Zustimmung der Banken zum Beteiligungs-Modell übrigens für „unwahrscheinlich“. Aber egal welches Modell gewählt werde: „Unabdingbare Grundvoraussetzung ist ein geschlossenes und konzertiertes Handeln aller Entscheidungsträger und Beteiligten.“

Hier hat die Bundesregierung dringenden Nachholbedarf. Denn: „Bei fehlendem Konsens steigen die Umsetzungsrisiken erheblich.“

Nach der scharfen Kritik an seiner Rolle bei der Hypo-Kontrolle als früherer Notenbankgouverneur ist der nunmehrige Chef der Hypo Task Force, Klaus Liebscher, zu seiner Verteidigung ausgerückt. Die damals durchaus kritischen Berichte zur Hypo hätten nicht entsprechenden Niederschlag in den damaligen Gremien der Bank gefunden, so Liebscher in der ZIB2. Er wiederholte auch seine Ablehnung einer Insolvenz der Hypo, die zuletzt wieder stark in Diskussion gelangte. "Ohne Not" brauche ein Land mit hoher Reputation auf den Finanzmärkten wie Österreich eine Bank nicht in die Insolvenz schicken. "Davon halte ich nichts", so Liebscher.

Ob Kärntens Haftungen für die Hypo gültig sind, hänge davon ab, ob sie von der EU genehmigt wurden, sagte Europarechtsexperte Walter Obwexer in der ZiB1. Sei dies nicht passiert, dann wäre die Haftung des Landes Kärnten eine verbotene staatliche Beihilfe, die nicht gewährt werden hätte dürfen. Wenn man allerdings einer solchen Argumentation folge, hätte das Land jahrelang rechtswidrig gehandelt. Ein Rechtsstreit in der Causa sei also mehr als unrealistisch. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) hatte angedeutet, die Milliarden-Haftungen des Landes könnten Ungültigkeit sein.

Ein Anwalt Kaisers argumentiert laut Standard, Landeshaftungen seien gemäß Europäischem Gerichtshof verbotene Beihilfen. Die Polit-Lösung Österreichs mit der EU von 2001, "steht daher nicht in Einklang mit der europäischen Rechtsprechung", zitiert die Zeitung den Anwalt. Die EU-Kommission hat die Gebarung der Hypo Alpe Adria im Detail geprüft und den aktuellen Unterstützungsplan genehmigt. Im Zuge dieses Verfahrens war keine Rede von unzulässigen Beihilfen.

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