Geförderter Wohnbau wird unerschwinglich

Geförderter Wohnbau wird unerschwinglich
Wust an Vorschriften: Wohnbauförderung behindert günstigen Wohnungsbau für Leute mit wenig Einkommen.

Es ist paradox: Alle Arbeitnehmer und deren Arbeitgeber bezahlen mit den Lohnnebenkosten Wohnbauförderung, damit es genügend erschwinglichen Wohnraum gibt. "In der Realität sind geförderte Wohnungen für Leute mit niedrigem Einkommen unerschwinglich geworden", sagt Matthias Stadler, Präsident des Städtebundes und Bürgermeister von St. Pölten. Im Klartext: Die Förderung verfehlt die, die sie am meisten brauchen.

Der Grund laut Stadler: Länder, Bund, EU und gewisse Wünsche aus der Wirtschaft haben zu einem Wust an Vorschriften geführt, was die Kosten beim geförderten Wohnbau und damit die Mieten in die Höhe treibt. "Wir haben uns da gegenseitig hoch geschaukelt", sagt Stadler.

Als Kostentreiber nennt Stadler die Bauordnung, die Bautechnikvorschriften, 350 neue Ö-Normen pro Jahr, energetische Auflagen, Auto-Stellplätze, architektonische Gestaltungsvorschriften etc.

Ein markantes Beispiel: Der Baukostenanteil für den energetischen Bereich einer Wohnbauanlage ist wegen der vielen Energiesparauflagen von neun auf 29 Prozent gestiegen. "Dass dieser Bereich schon fast ein Drittel der Baukosten ausmacht, erscheint mir zu hoch", meint Stadler. Er räumt ein, dass durch Passivbauweise zwar die Heizkosten sinken, aber Leute, die wenig Geld haben, kommen gar nicht in den Genuss dieser niedrigen Heizkosten, weil sie sich die Wohnungen nicht leisten können. "Die 20.000 € bis 35.000 € Anschubfinanzierung sind für viele Menschen eine gewaltige, oft eine zu gewaltige Hürde", weiß der Bürgermeister.

Übers Ziel geschossen

Geförderter Wohnbau wird unerschwinglich

Matthias Stadler interview

Bei manchen Vorschriften habe man übers Ziel geschossen. So seien etwa Raumbelüftungsanlagen obligatorisch einzubauen. Diese müssten aufwendig gewartet werden und machen es unmöglich, Fenster länger als für "Stoßlüftungen" offen zu halten. Manche Ärzte halten diese Raumluftumwälzungen für schädlich (z. B. wenn ein Bewohner Grippe hat). Stadler: "Ich bezweifle, ob das das Nonplusultra ist."

Im KURIER-Interview macht der Städtebund-Präsident mehrere Vorschläge, um den geförderten Wohnbau erschwinglich zu machen:

"Ich verstehe immer noch nicht, warum wir neun verschiedene Bauordnungen haben", sagt Stadler. Die Bauordnungen sollten vereinheitlicht, vereinfacht und entrümpelt werden.

Die Vorschriften seien insgesamt darauf abzuklopfen, "ob man überall den Ferrari braucht", oder ob es nicht auch günstiger geht. Oder ob manche Vorschriften einfach veraltet sind.

Zurückhaltung beim Erlassen neuer Vorschriften; vor allem müssten "die Auswirkungen auf die Gesamtkosten beachtet werden".

Stadler nennt als Beispiele die vorgeschriebenen Autoabstellplätze in städtischen Ballungsräumen, die man revidieren könnte. Auch architektonische Gestaltungsauflagen – jede Wohnhausanlage muss durch einen "Gestaltungsbeirat" – könnte man verringern.

Schließlich fordert Stadler die Einführung einer Widmungskategorie namens "sozialer Wohnbau". Damit soll auch in Gegenden, in denen der Baugrund bis zu 1000 Euro pro Quadratmeter kostet (etwa im Wiener Umland), genügend Fläche für sozialen Wohnbau geschaffen werden. "Wenn ich Fläche für sozialen Wohnbau in der Raumordnung habe, dämmt das auch die Grundstücksspekulation ein", sagt Stadler.

Kommentare