Frist für Abschiebung nach Ungarn verstrichen

Grenzübergang Nickelsdorf: Zehntausende kamen aus Ungarn.
Ungarn wäre für viele Flüchtlinge zuständig, die im Sommer kamen - Österreich hat sie nicht zurückgeschickt.

Zehntausende Menschen kamen im vergangenen Sommer über Ungarn nach Österreich – bis die ungarische Regierung Mitte September mit einem kilometerlangen Zaun die Grenze zu Serbien dicht machte.

Gemäß des EU-Asylsystems ("Dublin-Verordnung") hätten alle, von denen man wusste, dass sie über Ungarn kamen, dorthin zurückgebracht werden müssen. Dazu kam es allerdings nicht.

Kanzler und Vizekanzler kritisierten über Monate den Umgang der Orban-Regierung in Ungarn mit den Flüchtlingen. Hilfsorganisationen warnten vor menschenunwürdigen Zuständen, unter denen Schutzsuchende untergebracht wurden. Im September stoppte gar der Verwaltungsgerichtshof eine Abschiebung nach Ungarn. Die Begründung lautete damals: Die Annahme, dass Ungarn für Flüchtlinge ein sicheres Land sei, bestehe angesichts der aktuellen Lage nicht mehr.

Dennoch gab es kein generelles Abschiebe-Verbot: Es wurde nach wie vor im Einzelfall geprüft, ob eine Abschiebung noch möglich sei – und dann in jedem Einzelfall entschieden, dass dem eben nicht so ist.

Was nach einem bürokratischen Schildbürgerstreich klingt, hatte einen ganz praktischen Hintergrund: Für den Fall, dass sich die Lage in Ungarn bessern würde, könnte Österreich ja die Zehntausenden Flüchtlinge wieder zurückschicken – aber nur, wenn ordnungsgemäß in jedem Fall ein Verfahren geführt wurde.

Diese Rechnung ist nicht aufgegangen.

Zeit abgelaufen

Denn Rückführungen nach dem Dublin-System müssen innerhalb von sechs Monaten erfolgen. Und diese Frist ist in den vergangenen Wochen Tag für Tag für viele Flüchtlinge abgelaufen. Praktisch heißt das: Österreich bleibt auf all jenen, die vergangenes Jahr über Ungarn gekommen sind, "sitzen".

Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des Innenministeriums, verweist gegenüber dem KURIER darauf, dass jeder Fall einzeln geprüft wird. Er bestätigt aber: "Wenn die Dublin-Rückführung nicht innerhalb eines halben Jahres stattfinden kann, tritt Österreich inhaltlich in das Verfahren ein." Das heißt: Die Asylverfahren werden hierzulande geführt – und Ungarn ist aus dem Schneider.

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