FPÖ-Bundespräsident könnte SP-VP-Personal aussuchen

Nobert Hofer hält FPÖ-Modell für eine Gesamtänderung der Verfassung
Kanzler-Entlassung & EU-Gipfel-Teilnahme verfassungsrechtlich gedeckt

Eine Wahl des Freiheitlichen Norbert Hofer zum Bundespräsidenten würde verfassungsrechtlich ein interessantes Experiment. Verfassungsbestimmungen über das Zusammenwirken von Staatsoberhaupt, Bundesregierung und Parlament, die derzeit totes Recht sind, würden erstmals lebendig und in der Praxis ausgetestet.

Hofer hat ja bereits in der ORF-Elefantenrunde gesagt: "Sie werden sich wundern, was alles möglich ist." Am Wahlabend in der ZiB 2 fügte Hofer hinzu: Er werde sich Kanzler Werner Faymann kommen lassen, um ihm Aufträge zu erteilen. Stelle sich heraus, dass die Regierung nichts Positives zusammen bringe, würde er sie entlassen. Hofer: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass es keinen besseren Bundeskanzler als Werner Faymann gibt."

Verfassungsrechtlich ist das gedeckt. Hofer kann den Kanzler entlassen oder die Regierung in ihrer Gesamtheit (nicht aber einzelne Minister). Es muss deswegen keine Neuwahlen geben. Wenn SPÖ und ÖVP weiter regieren wollen – die erforderliche Mehrheit im Nationalrat haben sie ja – können sie Hofer neue Personen für die Regierung vorschlagen. Hofer würde diese, wenn er mit den Vorschlägen zufrieden ist, "selbstverständlich angeloben". Sebastian Kurz dürfte Außenminister bleiben ("als Integrationsminister ist Kurz gescheitert"), und Hans Peter Doskozil dürfte Heeresminister bleiben. Das lässt Hofer durchblicken.

Der große Unterschied zur bisherigen Praxis wäre: Die Regierungsmitglieder würden nicht mehr ausschließlich innerhalb der Parteien ausgeschnapst. Die Einführung eines parlamentarischen Hearings, was die Mitsprache des Parlaments bei der Personalauswahl gestärkt hätte, hat Bundespräsident Heinz Fischer bei der letzten Verfassungsreform verhindert mit dem Argument, dass eine der wenigen Kompetenzen des Bundespräsidenten beschnitten würde.

Wenn Hofer Faymann entlässt, und die SPÖ nominiert keinen anderen Kanzler nach, könnte Hofer irgendwen zum Kanzler ernennen, von dem er glaubt, dass dieser im Nationalrat nicht per Misstrauensvotum gestürzt würde – also zum Beispiel Doskozil. Gegen eine Entlassung durch den Bundespräsidenten könnte sich Faymann theoretisch wehren, indem der Nationalrat Neuwahlen beschließt, und Faymann daraus bestätigt hervorgeht.

In der aktuellen Situation könnte sich Hofer als Bundespräsident ziemlich weitgehende Eingriffe in die Bundesregierung leisten, denn die Regierung und der Kanzler sind bei der Bevölkerung unten durch, und die Angst bei SPÖ und ÖVP vor Neuwahlen ist enorm.

Brisante EU-Gipfel

Hofers Ankündigung, als Bundespräsident zu den EU-Gipfeln der Staats- und Regierungschefs mitzufahren, ist verfassungsrechtlich gedeckt. Es steht nirgendwo, dass zu den Gipfeln nur der Kanzler darf. Lediglich das Stimmrecht besitzt der Kanzler als Vorsitzender des Ministerrats, aber dieses will Hofer Faymann ohnehin nicht nehmen.

Hofers Teilnahme an den EU-Gipfeln wäre aus politischen Gründen brisant. Schneiden ihn die anderen Staats- und Regierungschefs, könnte die FPÖ mit einem Sanktioneneffekt rechnen – Motto: Das böse Ausland akzeptiert das Votum des österreichischen Volks nicht. Schneiden ihn die anderen Staats- und Regierungschefs nicht, wäre das ein Riesenschritt der FPÖ auf dem Weg zur heiß ersehnten Salonfähigkeit.

Abgesehen davon kann man sich ausmalen, wie Euro-Rettungsschirme oder Flüchtlingsfragen unter Beteiligung eines freiheitlichen Bundespräsidenten in Brüssel diskutiert würden.

De facto unabsetzbar

Ein Bundespräsident ist übrigens nur durch eine Volksabstimmung absetzbar, die zuvor vom Nationalrat mit Zwei-Drittel-Mehrheit und daraufhin von der Bundesversammlung beschlossen wurden. Auch behördlich verfolgt werden darf ein Bundespräsident nur, wenn zuvor die Bundesversammlung (Nationalrat und Bundesrat in gemeinsamer Sitzung) zustimmt.

Der Bundespräsident hat viele Rechte und Einflussmöglichkeiten. Die FPÖ ist dafür, die Ämter des Kanzlers und des Bundespräsidenten zusammenzulegen. Als Bundespräsident könnte Hofer den Weg dahin bereiten.

Spannend würde es, wenn auch noch Heinz Christian Strache Kanzler würde. Dann würde die FPÖ die Abschaffung eines der Ämter wohl schnell verwerfen.

Kommentare