Foglar: "Arbeitnehmerschutz bei Gewerbereform nicht mitentsorgen"

Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl und ÖGB-Chef Erich Foglar
Präsidenten von ÖGB und WKÖ skeptisch bei Entrümpelung der Gewerbeordnung.

Ist die kräftige Reduktion der Bankenabgabe vor allem für SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern ein heikles Themenfeld, so gilt selbiges für ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner bei der Reform der Gewerbeordnung.

Geht es nach den mächtigen Sozialpartnern, steht das Match derzeit 1:0 für Kern.

Denn sowohl ÖGB-Präsident Erich Foglar als auch Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl sind – wenn auch unterschiedlich euphorisch – für die kräftige Reduktion der Bankenabgabe zu haben.

Aber beide Präsidenten sind skeptisch, was eine allzu forsche Entstaubung der Rechtsvorschriften in der Gewerbeordnung angeht. Geregelt sind dort die Vorschriften für immerhin noch 82 reglementierte Gewerbe – vom "Arbeitsvermittler" bis zum "Zahntechniker". Und 440 freie Gewerbe in Österreich. Das sind jene Berufe vom "Abdecker" bis zum "Verkehrsflächenreiniger", für deren Ausübung man keine Meisterprüfung braucht.

Nur noch ein Schein

Kern des Reformansatzes von VP-Vizekanzler und Wirtschaftsminister Mitterlehner ist die Idee vom einheitlichen Gewerbeschein für alle freien Gewerbe.

Der Nageldesigner, der heute nur Finger-, aber keine Fußnägel lackieren darf, außer er hat zwei Gewerbescheine, käme also in Zukunft mit einem Schein aus. Das erspare über alle Selbstständige in Österreich 40.000 Anmeldeverfahren pro Jahr, wirbt Mitterlehner.

Kammer-Chef Leitl ist skeptisch. Der einheitliche Gewerbeschein "könne zu einer Verwaltungsvereinfachung führen", zentral sei jedoch, dass weiter die Zuordnung der Berufe zu den jeweiligen Kollektivverträgen und Fachorganisationen in der Kammer möglich sei. Und hier gehe es nicht um die Mitgliedsbeiträge, sagt Leitl seinen Kritikern, sondern um die spezifische Interessensvertretung etwa bei den Lohnverhandlungen. Leitl: "Die Betriebe müssen wissen, wo sie hingehören."

Gewerkschaftschef Foglar wendet das Spiegelbildliche ein: "Man darf bei der Entrümpelung der Gewerbeordnung nicht den Arbeitnehmerschutz gleich mitentsorgen." Foglar kündigt an, diesem Thema bis zum Herbst eine "sehr hohe Aufmerksamkeit" zu widmen, schließlich hängen an der Gewerbe-Reform zentrale Arbeitnehmerrechte – von branchenspezifischen Schutzbestimmungen über Arbeitszeit-Regelungen und Berufsausbildungs-Vorschriften bis hin zur Entlohnungsfrage, sprich die Einstufung der Mitarbeiter in die Kollektivverträge. Foglar: "Wenn es nötig ist, werden wir uns hier vehement einbringen. Wir wollen die Auswirkungen aber dann beurteilen, wenn sie klar absehbar sind."

Ganz anders klingen beide Präsidenten bei der Bankenabgabe. 2017 würde sie rund 1,5 Milliarden Euro ausmachen (550 Millionen nationale Steuer, eine Milliarde Euro für EU-Fonds). Die Regierung plant eine Reduktion auf in Summe 500 bis 600 Millionen, also auf zirka ein Drittel. Die Banken sollen dafür jedoch eine einmalige Abschlagszahlung in Höhe von einer Milliarde Euro leisten, die Kanzler Kern für die Bildung verwenden will.

Gute Banken

Christoph Leitl hält die Banken-Entlastung wenig überraschend für "unumgänglich". Aber auch Erich Foglar anerkennt ihre Rolle für die Kreditvergabe in der Realwirtschaft. Foglar: "Banken sind unverzichtbar, ohne sie bekommen wir keinen Aufschwung hin. Wir können mit dieser Lösung leben, unter der Prämisse, dass das Geld der Abschlagszahlung in der Bildung ankommt, wo es benötigt wird. Beim Ausbau der ganztägigen Schulformen."

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