Konrad: "Müssen uns das leisten, wie viele auch kommen"

Flüchtlingskoordinator Christian Konrad
Flüchtlingskoordinator Konrad über Anforderungen: Beheizbare Zelte für den Winter, dann 50.000 Wohnungen.

Bei einem seiner seltenen öffentlichen Auftritte als Flüchtlingskoordinator umriss Ex-Raiffeisenboss Christian Konrad am Mittwoch die Anforderungen der nächsten Monate: "Das Thema wird in der nächsten Zeit nicht einfacher. Es wird eher schwieriger, auch wenn es in einigen Ländern Bestrebungen gibt, die überschwängliche Willkommenskultur wieder etwas zurückzudrängen."

Klar sei für ihn, dass sich weder Europa noch die einzelnen Länder, die alle die Genfer Flüchtlingskonvention unterschrieben hätten, wegducken könnten. Die Frage: Können wir uns das leisten?, beantwortet Konrad geradeheraus: "Wir müssen uns das leisten, wie viele auch immer kommen."

Konrads Plan

Für die kalte Jahreszeit sollen beheizbare Winterzelte für 15.000 bis 20.000 Menschen "als Übergangslösung" aufgestellt werden. Und zwar überall dort, wo die Bundesländer zu wenige Quartiere für Asylwerber zur Verfügung stellen. "Alles ist besser als Menschen, die im Freien übernachten müssen."

Für den weiteren Verlauf des Jahres 2016 brauche es dann nicht nur einen möglichst billigen Ersatz für die Winterzelte, sondern parallel dazu vor allem Wohnungen für anerkannte Flüchtlinge.

Laut Konrad sei absehbar, dass daher im kommenden Jahr in Summe ein zusätzlicher Wohnraumbedarf für 40.000 bis 50.000 Personen entsteht – wohlgemerkt zusätzlich zum inländischen Wohnraumbedarf.

Der Bau neuer Wohnungen und die Nutzung leer stehender Wohnungen sei daher vorrangig. Das Thema dürfe nicht auf die leichte Schulter genommen werden, mahnte der frühere Banker. Denn neben dem Spracherwerb sei ein ordentliches Dach über dem Kopf ein ganz zentraler Faktor für die Integration, sagte Konrad.

Seit Anfang September seien 450.000 Transitflüchtlinge durch Österreich gezogen, davon hätten 20.000 in Österreich Asyl beantragt. Im Wesentlichen sei bisher aufgrund des "überwältigenden Einsatzes der vielen Freiwilligen" alles klaglos verlaufen, dankte der Flüchtlingskoordinator den NGOs und ehrenamtlichen Helfern.

Besorgt zeigte sich Konrad hingegen über die nun aufgetauchten Fälle von Mietbetrug an Flüchtlingen oder über horrende Mietforderungen, die die Asylberechtigten – meist Mindestsicherungsbezieher – nicht leisten können.

Ungewaschene Äpfel

Auch gelte es viele bürokratische Hürden zu nehmen, vom Baurecht bis zum Vergabegesetz. In Spielfeld habe etwa ein Lebensmittelinspektor das Verteilen von steirischen Äpfeln untersagt. Begründung: Das Obst sei gespritzt und dürfe daher nur gewaschen verteilt werden. Konrad meint: "Dieses Land wird super verwaltet, darauf können wir stolz sein. Aber in einer wirklichen Notsituation sind wir aufgeschmissen."

Trotz solcher Probleme sagt Konrad: "Unsere Gesellschaft ist stark genug, so ein Thema anzunehmen. Das mag auch für die Verantwortlichen in der Politik gelten. Wer will, der kann. Ich hoffe, sie wollen."

Direkter kommentieren will der Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung die Arbeit seiner Auftraggeber nicht. Zur Zaun-Debatte meint er diplomatisch: "Da gibt es sehr viele Wortspiele. Dass dichte Zäune keine Lösung sind, weiß jeder. Aber ein geordneter Grenzzugang ist sinnvoll und nötig. Dazwischen liegt die Lösung, aber das ist eine politische Frage.

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