ÖVP will Obergrenze ab nächster Woche

Vizekanzler Reinhold Mitterlehner und Außenminister Sebastian Kurz
Außerdem sollen die Flüchtlingszahlen durch weniger Sozialleistungen und einen "effektiven Grenzschutz" reduziert werden.

Die ÖVP will Asylanträge mittelfristig nur noch in EU-Hot-Spots zulassen. Das hat Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) am Donnerstag bei der Klubklausur in Bad Leonfelden angekündigt. Eine konkrete Flüchtlings-Obergrenze will er am 20. Jänner mit den Ländern festlegen. Sollte diese in weiterer Folge überschritten werden, denkt die ÖVP an "Wartezonen" für Flüchtlinge an der Südgrenze.

"Es müssen deutlich, deutlich, bis zum Nullpunkt eigentlich, weniger werden."

Klar machte die ÖVP vor allem, dass sie sich eine Reduktion der Flüchtlingszahlen wünscht: "Es müssen deutlich, deutlich, bis zum Nullpunkt eigentlich, weniger werden", sagte Mitterlehner. Auf die genaue Höhe der Obergrenze müsse man sich beim Asylgipfel am 20. Jänner mit den Ländern einigen. "Sie brauchen nur wenige Tage Geduld haben, dann werden wir hoffentlich dieses Thema gemeinsam lösen", so der VP-Obmann.

Strengere Verfahren, weniger Sozialleistungen

Als Richtschnur meinte Mitterlehner, dass man über die derzeit 90.000 Quartiere "noch einen Teil hinausgehen" könne. Das werde dann aber "im Wesentlichen" die Grenze sein. Eine Verankerung dieser Obergrenze im Asylrecht ist laut Mitterlehner aber nicht geplant: "Das Ziel ist nicht die rechtliche Verankerung."

Reduzieren will die ÖVP die Flüchtlingszahlen vielmehr durch strengere Asylverfahren ("Asyl auf Zeit"), weniger Sozialleistungen und durch einen "effektiven Grenzschutz", über den Mikl-Leitner mit Deutschland, Slowenien und Kroatien sprechen will. Die ÖVP hofft, dass in Slowenien und Kroatien "mehr abgewiesen wird".

"De facto müsste jemand, um bei uns nach den gesamten gesetzlichen Bestimmungen Asyl zu bekommen, mit dem Flugzeug abspringen."

Außerdem fordert die Innenministerin von Griechenland eine bessere "Grenzsicherung" zur Türkei - auch unter Einsatz der Marine und drohte andernfalls mit einem Ausschluss des EU-Mitglieds aus der Schengen-Zone. Das "Grenzmanagement" in Spielfeld soll laut Mikl-Leitner ebenfalls kommende Woche starten.

Asylanträge in EU-Hot-Spots

Sollte die "Obergrenze" dennoch weiterhin überschritten werden, sind laut Mitterlehner auch "Wartezonen" auf das Asylverfahren an der Südgrenze denkbar. Dies sei zwar rechtlich noch nicht ganz ausgegoren, so Mitterlehner. Explizit erinnerte er aber daran, dass alle Flüchtlinge über sichere Drittstaaten kämen: "De facto müsste jemand, um bei uns nach den gesamten gesetzlichen Bestimmungen Asyl zu bekommen, mit dem Flugzeug abspringen."

Mittelfristig will die ÖVP Asylanträge ohnehin nur noch in EU-Hot-Spots zulassen, also an den EU-Außengrenzen in Griechenland und Italien. Dass diese derzeit nicht funktionieren, räumte aber auch Mikl-Leitner ein. Langfristig sollen Flüchtlinge überhaupt nur noch direkt aus den Krisenregionen - nach Prüfung durch das UNHCR - in die EU kommen - und zwar maximal bis zur "Obergrenze".

"Traditionelle österreichische Haltung"

Bei der Mindestsicherung pochte Klubchef Reinhold Lopatka (ÖVP) auf die bekannten Punkte: Deckelung und mehr Sach- statt Geldleistungen für alle Bezieher (auch Österreicher). "Subsidiär Schutzberechtigte" sollen keine Mindestsicherung, sondern nur noch die Grundversorgung für Asylwerber erhalten.

Die aktuelle Situation schilderte Mitterlehner mit äußerst drastischen Worten: Man habe bis vorigen August gedacht, die Flüchtlingsbewegung mit der "traditionellen österreichischen Haltung" bewältigen zu können. Mittlerweile sei aber "eigentlich eine Völkerwanderung" nach Österreich, Deutschland und Schweden in Gang. Das sei eine "Extremsituation", daher müsse man handeln und "Grenzen setzen".

Kurz warnt vor Ankara-Abhängigkeit

Unterdessen erklärte Außenminister Sebastian Kurz in einem Interview mit der Welt, dass die Arbeitsmarktintegration der Flüchtlinge, von denen ein beträchtlicher Teil wenig ausgebildet ist, die größte Herausforderung sei. Für Österreich komme eine wachsende Arbeitslosigkeit erschwerend hinzu.

Auf die Frage, ob so verantwortliche EU-Politik aussehe, wenn man die Türkei bezahlt, dass sie so viele Flüchtlinge wie möglich zurückhält, antwortet Kurz: "Die Kooperation mit Ankara in der Flüchtlingsfrage ist notwendig. Aber wir sollten nur Aufgaben an die Türkei übertragen, für die wir die Türken auch unbedingt brauchen – etwa für die Rückstellung von Flüchtlingen." Durch die Übertragung des Grenzmanagement an die Türkei, entstehe eine massive Abhängigkeit, die Österreichs Außenminister für sehr gefährlich hält.

Es sei zwar nachvollziehbar, dass viele Politiker Angst vor hässlichen Bildern bei der Grenzsicherung haben, so Kurz. "Es kann aber nicht sein, dass wir diesen Job an die Türkei übertragen, weil wir uns die Hände nicht schmutzig machen wollen. Es wird nicht ohne hässliche Bilder gehen."

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