Woran Abschiebungen scheitern können

Die irakische Familie hat Angst, dass sie abgeschoben wird (Archivbild).
Vor allem Marokko & Algerien blockieren. Außenminister Kurz will den finanziellen Druck erhöhen.

Nicht jeder, der kein Aufenthaltsrecht erhält, muss Österreich auch tatsächlich verlassen. Der KURIER erklärt, wieso das so ist.

Wieso kann jemand, der in Österreich kein Asyl und keinen subsidiären Schutz erhält, nicht automatisch zurück in seine Heimat abgeschoben werden?

Damit Österreich jemanden abschieben kann, braucht es ein sogenanntes Heimreise-Zertifikat des Heimatlandes. Das garantiert die Einreise des Abgeschobenen in der Heimat – ohne gibt es keine Abschiebung. Mit manchen Ländern gibt es Probleme: Sie wollen "ihre" Flüchtlinge nicht zurücknehmen – und zweifeln zB die Staatsbürgerschaf an. Ohne Pass gibt es dann kein Zertifikat.

Unter welchen Bedingungen dürfen Menschen, die nicht abgeschoben werden können, in Österreich "geduldet" bleiben ?

"Wenn jemand aus Gründen, die er nicht selbst zu vertreten hat, nicht rückgeführt werden kann, dann kann eine Duldung ausgesprochen werden", erklärt Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des Innenministerium. Zeigt sich also eine Person kooperativ, aber sein Heimatland nicht – dann wird er in Österreich "geduldet". In diesem Fall bleibt man – wie Asylwerber – in der Grundversorgung. Arbeiten darf man nicht.

Ist man nicht kooperativ, dann gibt es keine Duldung – in diesem Fall bleiben die Flüchtlinge illegal im Land. Dann dürfen sie weder arbeiten noch werden sie vom Staat versorgt.

Welche Länder sperren sich besonders gegen Rückführungen?

Probleme mit den Heimreise-Zertifikaten gibt es vor allem mit Marokko und Algerien. Flüchtlinge aus diesen Ländern haben eine Anerkennungsquote von etwa einem Prozent – von 100 Menschen, die kommen, darf also einer bleiben. Ministeriumssprecher Grundböck sagt, dass Flüchtlinge aus diesen zwei Staaten "im Regelfall" keine Papiere bei sich hätten – und es "im Regelfall" auch keine Zertifikate für sie gebe. Nach Marokko und Algerien gab es im Vorjahr Abschiebungen "im niedrigen zweistelligen Bereich", sagt Grundböck: "Deutlich weniger als hundert." Das Problem ist aber im Vergleich zur Gesamtzahl der Flüchtlinge gering: Marokkaner und Algerier haben im Vorjahr weniger als zwei Prozent aller Asylwerber in Österreich ausgemacht; von derzeit 83.000 Menschen in Grundversorgung stellen sie ein Prozent.

Wenn wir wissen, dass wir Flüchtlinge aus bestimmten Ländern nicht abschieben können – warum nehmen wir sie dann noch auf?

Sobald jemand an die Grenze kommt und Asyl beantragt, hat er Recht auf ein Verfahren, in dem sein Fall geprüft wird. Daran führt nach internationalem Recht kein Weg vorbei.

Was hat die Regierung vor, um das Problem in den Griff zu kriegen?

Außenminister Sebastian Kurz will beim Geld ansetzen. Er verweist darauf, dass die EU an Marokko 480 und an Algerien 40 Millionen Euro pro Jahr überweist – und gleichzeitig seit zehn Jahren bei den Verhandlungen zu Rückübernahme-Abkommen nichts weiter geht. "Die EU muss vom Global Payer zum Global Player werden", sagt Kurz. Die SPÖ fordert immer wieder, dass Kurz für eine höhere Zahl an Rücknahmeabkommen sorgen soll. Allerdings verhandelt – etwa mit Marokko und Algerien – die EU-Kommission für alle EU-28 – daher, so Kurz’ Büro, dürfe Österreich hier nicht eigenständig Abkommen abschließen.

Deutschland steht vor einem ähnlichen Problem – was plant Berlin?

Zum einen hat Berlin Marokko, Algerien und Tunesien als sichere Herkunftsstaaten eingestuft, um die ohnehin aussichtslosen Asylverfahren zu verkürzen. Zum anderen will man die Staaten mit Geld motivieren, Asylwerber zurückzunehmen: Über die Entwicklungshilfe sollen Millionen vor Ort investiert werden, um die Menschen von der Ausreise abzuhalten, berichtet die Bildzeitung. Die Regierung kommentiert den Plan nicht, bestätigt aber, dass Gespräche laufen.

Kommentare