Flüchtlinge: Sobotka drängt weiter auf Notverordnung

Innenminister Wolfgang Sobotka.
Der Innenminister weist die Kritik von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zurück.

Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) drängt weiter auf die Asyl-Notverordnung, auch wenn die vereinbarte Obergrenze von 37.500 Anträgen noch nicht erreicht ist. "Wir müssen jetzt agieren", betonte Sobotka am Sonntag in der ORF-"Pressestunde". Die Kritik von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Regierungskonzept gegen illegale Migration wies der Innenminister empört zurück.

Bis Ende Mai wurden in Österreich gut 20.000 zugelassene Asylanträge gezählt. Dennoch ist es für Sobotka "zentral", dass man die Notverordnung erlasse, dies müsse "so rasch wie möglich" passieren. Er hoffe, dass hinter den bisherigen Verzögerungen bei der Vorbereitung der Verordnung keine Taktik stehe, konnte er sich einen Seitenhieb auf den Koalitionspartner nicht verkneifen.

Arbeitsmarkt

Argumentiert wurde die Notwendigkeit der Verordnung von Sobotka - mithilfe von Taferln - mit der steigenden Arbeitslosigkeit. "Es drängen immer mehr auf den Arbeitsmarkt." Man könne auch so viele anerkannte Flüchtlinge nicht in den Arbeitsmarkt integrieren.

Migranten würden sich bewusst auch deshalb Deutschland, Österreich und Schweden aussuchen, weil dort die Sozialleistungen so hoch seien, meinte Sobotka. Bei der Mindestsicherung müsse also etwas getan werden, bekräftigte er. In Libyen warteten zwischen 300.000 und einer Million Menschen auf Schlepper, ein Großteil davon "Wirtschaftsflüchtlinge", warnte der Minister.

"Untätigkeit unerträglich"

Zur Aussage des EU-Kommissionspräsidenten, dass die von Österreichs Regierung vorgeschlagene Unterbringung von Flüchtlingen in Zentren auf anderen Kontinenten nicht moralisch wäre, stellte Sobotka die Gegenfrage, ob es moralisch sei, Zehntausende im Mittelmeer ertrinken zu lassen. Da habe er noch keinen Vorschlag von Juncker gehört, konterte Sobotka. Die "Untätigkeit" sei "unerträglich". Es brauche keinen "moralischen Zeigefinger", das sei "nicht akzeptabel".

Versäumnisse der EU in der Flüchtlings- und Migrationsfrage sind für Sobotka auch das zentrale Motiv für den Austritt der Briten: Der Brexit sei ein "Alarmsignal", die EU müsse die Sorgen und Ängste der Bürger ernster nehmen, findet er. Es handle sich vor allem auch um ein Votum gegen die Migrationspolitik der Union.

"Ein kleines Land wie Österreich braucht die Europäische Union", betonte der Innenminister, es müsse sie aber auch dazu anhalten, richtige Entscheidungen zu treffen. Die EU müsse das Prinzip der Subsidiarität mehr leben und sich darauf konzentrieren, wofür sie da sei, nämlich die großen Rahmenbedingungen vorzugeben. Das habe die EU auch in der Flüchtlingskrise "sträflich vernachlässigt".

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