Flickwerk Netz-Politik

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In den USA fischen Politiker längst im Internet nach Wählern. Österreichs Parteien zieren sich noch.

Es geht so einfach: US-Präsident Barack Obama knuddelt ein Baby bei einem Wahlkampfauftritt, Augenblicke später ist das Bild online für 31,6 Millionen seiner "Fans" auf Facebook zu sehen. Das mediale Echo ist groß, die Kosten sind minimal.

Und in Österreich? Da wurde vergangene Woche der Kärntner Freiheitliche Kurt Scheuch wieder verhaltensauffällig – mit einem Internet-Video ("respekTiere") auf der Videoplattform YouTube, dessen Inhalt er sich nicht einmal selbst erklären konnte. Aufwand hoch, viel politischer Spott obendrein.

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Dialog

Längst sind auch in Österreich alle Parteien und Spitzenpolitiker in den Sozialen Netzen vertreten. Doch die wenigsten haben auch verstanden, wie die neuen Medien funktionieren.

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Am Anfang war das Internet Monolog, das Web 2.0 ist aber Dialog", erklärt Pick. Langatmige Fernsehansprachen per Video oder langweilige Presseaussendungen im Netz zu verbreiten, würden heute nicht mehr goutiert. Pick: "Es geht nicht um Kommunikation, sondern um Mobilisierung. Die Kampagnen-Taktik der vergangenen 50 Jahre im heutigen Internet anzuwenden, wird nicht funktionieren." Heute gehe es um die Vernetzung von Menschen und Themen – und um Emotionen.

"Soziale Medien funktionieren nur über Authentizität", meint Rudi Fußi, einst selbst politisch aktiv, jetzt als Berater bei Social-Media-Workshops gefragt – etwa bei Neo-Politiker Frank Stronach. "Zum Beispiel beim Kurznachrichtendienst Twitter. Das ist keine Plattform für Presseaussendungen, wie er von vielen missverstanden wird, sondern für den politischen Dialog. Die Politiker müssen aber bereit sein, diesen Dialog auch zu führen", sagt Fußi. Denn bei Sozialen Medien fallen alle Hürden des echten Lebens, mit Politikern in Kontakt zu kommen, weg. "Politsprech funktioniert da nicht. Dafür muss das Gefühl stimmen, als Bürger von seinem Gegenüber ernst genommen zu werden."

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Bemerkenswert ist, dass bisher nur die Freiheitlichen in den Sozialen Netzwerken erfolgreich sind: FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache etwa hat über 120.000 "Fans" auf Facebook, viel mehr als die Spitzenpolitiker der anderen Parteien zusammen. "Die Anzahl seiner Facebook-Fans ist außergewöhnlich hoch", sagt Fußi. "Strache verwendet die Sprache der Jugend und wirkt in seine Zielgruppen hinein. Dagegen ist Werner Faymanns Auftritt null authentisch." Via Facebook wünscht Strache seinen "Fans" ein schönes Wochenende, lädt zum blauen Clubbing ein, beschwert sich über den "Politfunk ORF" oder über "Asylmissbrauch". Die Freiheitlichen sind auch auf der Videoplattform YouTube mit großem Abstand die Quoten-Kaiser.

Twitter hingegen wird offenbar von der Spitzenpolitik großräumig gemieden, unter den Top 10 finden sich mehrheitlich eher unbekannte Grün-Politiker. Das Twitter-Team von Kanzler Faymann hat seit November 2011 nichts mehr veröffentlicht. Dialog mit dem Wähler sieht 2013 anders aus.

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