Klage gegen EU-Fiskalpakt

Verfassungsgerichtshof, Richter, Verhandlung
Die Opposition stößt sich daran, dass der Fiskalpakt mit nur einfacher Mehrheit beschlossen wurde.

Die Bewältigung der Euro-Krise wird erneut zum Fall für den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Nachdem sich die Höchstrichter diese Woche mit dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) befasst haben, haben FPÖ, Grüne und BZÖ nun ihre Klage gegen den EU-Fiskalpakt eingebracht. Der von SPÖ und ÖVP mit einfacher Mehrheit beschlossene Vertrag verpflichtet Österreich zu einem strengen Sparkurs. Die Opposition hat nun ihre Möglichkeit genutzt, mit einem Drittel der Nationalratsabgeordneten eine Verfassungsklage gegen den Pakt einzubringen.

Die am Freitag eingebrachte Klage stößt sich im Wesentlichen daran, dass der Vertrag im Vorjahr nur mit einfacher Mehrheit beschlossen wurde. Aus Sicht der Oppositionsparteien enthält der Fiskalpakt nämlich eine Reihe verfassungsändernder Bestimmungen (u.a. die "Schuldenbremse") und hätte daher eine Zweidrittelmehrheit gebraucht. Daher beantragen die drei Parteien die teilweise oder ganze Aufhebung des Vertrages.

Die wichtigsten Fragen:

Was ist der Fiskalpakt? Beim Fiskalpakt handelt es sich formal nicht um EU-Recht, sondern (weil Großbritannien und Tschechien verweigerten) um einen Staatsvertrag zwischen 25 von 27 EU-Staaten. Der Vertrag sieht vor, dass das um Konjunkturschwankungen bereinigte "strukturelle Defizit" maximal 0,5 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen darf; Staatsschulden über 60 Prozent des BIP müssen binnen 20 Jahren abgebaut werden ("Schuldenbremse").

Wogegen richtet sich die Klage? Aus Sicht der Opposition enthält der Fiskalpakt verfassungsändernde Bestimmungen und hätte daher eines Verfassungsgesetzes zur Umsetzung gebraucht. Als verfassungsändernd gewertet werden fünf Punkte, darunter die "Schuldenbremse" (Einschränkung der Budgethoheit des Nationalrats), die Verpflichtung, bei der Einleitung von Defizitverfahren mit der EU-Kommission zu stimmen (verfassungswidriges Weisungsrecht der Kommission) und die Übertragung von Hoheitsrechten an die EU-Kommission bzw. den Europäischen Gerichtshof ohne Verfassungsgrundlage. Inhaltlich stützt sich die Klage auf ein Gutachten des Salzburger Verfassungsrechtlers Stefan Griller.

Was droht im Falle einer Aufhebung? Sollte der VfGH den Fiskalpakt tatsächlich kippen, dann wären die praktischen Konsequenzen möglicherweise trotzdem gering. Dies deshalb, weil es künftigen Regierungen nicht verboten wäre, sich "freiwillig" an Schuldenbremse & Co zu halten. Außerdem bliebe auch ein verfassungswidriger Fiskalpakt völkerrechtlich bindend. Würde Österreich gegen seine Bestimmungen verstoßen, dann wäre das also eine Völkerrechtsverletzung, wie auch in der Verfassungsklage der Opposition eingeräumt wird.

Was ist eine Drittelbeschwerde? Laut Verfassung (Artikel 140 B-VG) hat das Parlament die Möglichkeit, ein Bundesgesetz beim Verfassungsgerichtshof anzufechten, wenn das ein Drittel der Abgeordneten in National- oder Bundesrat wünscht. Diese Möglichkeit haben FPÖ, Grüne und BZÖ nun genützt. Unterstützt wird ihre Verfassungsbeschwerde von 70 der 183 Nationalratsabgeordneten.

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