Faymann: "Nicht an Arbeitslosigkeit gewöhnen"

Mehr Jobs: Kanzler Faymann will dafür an vielen Schrauben drehen
Kanzler fordert Investition in Wachstum und Jobs sowie Bewegung von ÖVP und Ländern.

Die Wahrheit ist, wir müssen an vielen Schräubchen drehen. Das eine Wundermittel gibt es nicht", sagt Bundeskanzler Werner Faymann im KURIER-Gespräch. Er will jetzt neben der Bewältigung der Flüchtlingsfrage einen starken Akzent für Inländer – Haushalte wie Klein- und Mittelbetriebe – setzen. Ob die Botschaft im Wahlkampfgetöse ankommt, ist fraglich.

Konkret schlägt der Regierungschef ein mehrere Punkte umfassendes Konjunkturpaket vor, wo es teilweise auch um die Umsetzung von längst vereinbarten Maßnahmen geht. Hier nimmt Faymann Koalitionspartner ÖVP in die Pflicht, mahnt aber auch die Länder zur Kooperation was den Wohnbau betrifft. Bis auf Wien hätten hier alle Länder größere Defizite.

Zusätzlich zur Steuerreform, die mit Jahresanfang 2016 in Kraft tritt, sollen so die Kaufkraft gestärkt werden und neue Jobs entstehen. 20.000 Arbeitsplätze allein im Wohnungsneubau.

Von der Steuerreform 2016 erwartet sich der Kanzler viel. "Ich rechne mit einer starken Wirkung. Da kommt noch ein Schub, die Bevölkerung kann die Entlastung noch nicht spüren."

Dennoch müsste angesichts der Monat für Monat schlechter und schlechter werdenden Arbeitsmarktdaten in ein Konjunkturpaket investiert werden, ist der SPÖ-Chef überzeugt. Faymann: "Man darf sich an die Arbeitslosigkeit nicht einfach gewöhnen."

Frei übersetzt ist die SPÖ-Stoßrichtung folgende: Österreich ist ganz gut durch die Krise gekommen, jetzt gelte es aber wieder etwas zu tun. Während das Wirtschaftswachstum im europäischen Vergleich im unteren Drittel rangiert, gehört die Inflationsrate in Österreich zu den höchsten innerhalb der EU.

Faymann will den Trend umkehren: Das Wirtschaftswachstum muss wieder ins oberste Drittel der EU, die Inflation sollte nicht über dem EU-Mittelfeld liegen. Die Analyse ist unbestritten, bei den Maßnahmen spießt es sich teilweise. Faymanns Fünf-Punkte-Plan umfasst:

Wohnbau Der Kanzler fordert die Umsetzung des im März auf einer Regierungsklausur vereinbarten Wohnbaupakets. 6000 Einheiten sollen pro Jahr entstehen. Hier gibt es Widerstand der Länder, die sich bei der Wohnbauförderung nicht dreinreden lassen wollen. Faymann appelliert: "Das Paket braucht auf der anderen Seite die Zweckwidmung der Wohnbauförderung, weil leider sind manche Länder sehr kreativ darin, was man mit dem Geld sonst noch alles anstellen kann."

Stromnetzausbau Über die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren will Faymann den Ausbau der Energie-Infrastruktur vorantreiben. Auch hier würden Milliarden investiert.

Investitionen Auf EU-Ebene will er erreichen, dass wachstums- und beschäftigungsfördernde Investitionen nicht mehr ins Defizit gerechnet werden. So könnte der Nulldefizit-Kurs problemlos gehalten werden.

Mieten/Lebensmittel Auf zwei Ebenen will die SPÖ gegen die Inflation kämpfen. Eine jährliche Entlastung von 150 Euro für 300.000 Mieter soll ein Aussetzen der Richtwertmieten-Erhöhung im April 2016 bringen. Zusätzlich sagt Faymann überteuerten Lebensmittel den Kampf an, will hier den Wettbewerb unter den Supermarktketten forcieren und bei Preisabsprachen (20 Verfahen seit 2012, Schaden 25 Millionen Euro) die unrechtmäßig erwirtschafteten Gewinne abschöpfen – und dem Konsumentenschutz zukommen lassen. Das steht schon so im Regierungsprogramm, doch die ÖVP bremst.

KMU Abgerundet wird das Paket durch eine Aktion für Klein- und Mittelbetriebe mit zinsgünstigen Darlehen. Hier ziehen SPÖ und ÖVP an einem Strang.

Der Kanzler geht weiter davon aus, dass es im Herbst einen Arbeitsmarktgipfel geben wird. Derzeit blockieren einander hier die Sozialpartner. Möglich erscheint ein Abtausch zwischen einem 12-Stunden-Tag bei Gleitzeit und der 6. Urlaubswoche für alle. Faymann: "Ich kann nur an die Sozialpartner appellieren, zu einem Ergebnis zu kommen. Die Bevölkerung misst uns nicht an dem, das Richtige zu wollen, sondern das Richtige zu machen."

Flüchtlinge

Zur Frage, wie es mit der Integration der Flüchtlinge und Asylwerber weitergehe, die in Österreich bleiben und mittelfristig Wohnung und Arbeit brauchen, verwies der Kanzler auf die Regierungsklausur am kommenden Freitag. Gemeinsam mit Flüchtlingskoordinator Christian Konrad werde die Integration der Flüchtlinge – von der Ausbildung bis zum Arbeitsmarkt – Haupt- und Kernthema bei dem Treffen sein.

Kommentare