Faymann: "Solidarität ist keine Einbahnstraße"

Faymann zu Gast bei Hans Bürger
Der Bundeskanzler trat beim abschließenden ORF-Sommergespräch an. Seine interessantesten Zitate.

Ein letztes Mal lud ORF-Moderator Hans Bürger für dieses Jahr zum Sommergespräch. Sein Gegenüber am Montag war Bundeskanzler Werner Faymann - und schnell wurde klar: Auch hier dominierte thematisch die Flüchtlingsproblematik. Einmal mehr mahnte er europäischen Zusammenhalt ein und erhöhte den Druck auf in der Flüchtlingsfrage säumige EU-Länder.

Die besten Sager von Werner Faymann:

Zur Flüchtlingsproblematik: Die Flüchtlingsfrage ist die entscheidende Frage in ganz Europa (...) Viele Länder versuchen es mit Wegschauen und überlassen es sechs bis sieben Ländern.

Zur Unterbringung: Die 1500 Zelte gehören weg!

Zum Flüchtlingsdrama im Burgenland: Fürchterlich, man kann sich das gar nicht vorstellen, wie schrecklich das sein muss. (...) Wer da nicht sagt, wir müssen gemeinsam etwas tun, um Menschenleben zu retten, der ist auf der falschen Seite.

Zu möglichen Konsequenzen für Asylblockierer in der EU: Wir sind immerhin Nettozahler, da haben wir auch das Recht dafür zu sorgen, dass andere ihren Beitrag leisten. (...) Solidarität ist keine Einbahnstraße.

Zur Flüchtlingsquote in Österreich: Jedes Prozent, das bei Quartieren fehlt, heißt irgendwo ein Zelt, heißt irgendwo ein Traiskirchen.

Zum Durchgriffsrecht: Danke auch an die Grünen, es ist keine Selbstverständlichkeit, dass eine Oppositionspartei bei einer konstruktiven Frage mitzieht.

Zu Schleppern: Das Geschäftsmodell zu entziehen wäre das Beste, das Zweitbeste ist es, es zu erschweren.

Zur Forderung nach neuen Grenzkontrollen: Es wird doch nicht den Schleppern gelingen, Schengen zu zerstören.

Zu Christian Konrad als Flüchtlingskoordinator: Es war unsere Idee, vom Vizekanzler und mir. Wir haben gesagt, wir wollen einen Koordinator, und Reinhold Mitterlehner hat mich angerufen und gefragt, ob etwas einzuwenden wäre gegen Christian Konrad. Ich habe gesagt, es ist gar nichts einzuwenden.

Über die Spekulationen, Konrad könne als Präsident kandidieren: Ich bin kein Spekulant, auch in diesem Punkt nicht.

Über die FPÖ als Arbeiterpartei: Wir sind hier in einer direkten Auseinandersetzung mit der FPÖ und die Frage ist: Wer setzt sich durch? (...) Oder wählt man den Herrn Strache, der noch nie gezeigt hat, was er kann, außer in Ibiza, aber da war ich nicht dabei.

Zum Koalitionspartner: Ich habe eigentlich ein gutes Verhältnis zu Mitterlehner. Das schlimmste ist jene schwarz-blaue Gruppe, die bei Wolfgang Schüssel gelernt hat, wo einer diktiert und die Blauen machen dann, was gesagt wird. Diese Gruppe ist schwieriger in der ÖVP. Aber gerade Mitterlehner und Gruppen, die aus der Sozialpartnerschaft kommen, die sind ja das Verhandeln gewöhnt.

Über einen möglichen Bundespräsident Hundstorfer: Sie können richtigerweise festhalten, Rudolf Hundstorfer ist ein hervorragender Kandidat. Wir werden das im Dezember entscheiden.

Im Wordrap zum Urteil über seine Frisur: Ich habe darüber gelacht und es auch lustig gefunden, dass auch dem Vizekanzler die Haarfarbe wichtig ist.

Mehr zum Thema:

Nein, der Kanzler habe nicht extra für das Interview beim ORF-Sommergespräch trainiert, heißt es aus seinem Büro. In der finalen Runde plante SPÖ-Chef Werner Faymann auch neue Maßnahmen der Regierung im Inland anzukündigen. Dazu kam es aber nicht, weil die Flüchtlingssituation das dominierende Thema schlechthin war. Hier gab sich SPÖ-Chef Faymann ungewöhnlich angriffig.

EU-Gelder an Quoten koppeln Faymann forderte in der Flüchtlingsfrage weiterhin mehr europaweite Solidarität ein. Er verstärkte einmal mehr seinen Vorschlag, die Vergabe von EU-Fördergeld an die Erfüllung einer Aufnahmequote von Flüchtlingen zu knüpfen. "Solidarität ist keine Einbahnstraße. Länder, die sich vor der Verantwortung drücken, müssen wissen, so geht das nicht. Der EU-Finanzrahmen wird wieder verhandelt, und dann brauchen diese Länder etwas von uns."

Durchgriffsrecht zeigt Wirkung Das Chaos rund um die vielen Tausend Asylwerber in Österreich legt sich langsam, nicht zuletzt, weil das künftige Durchgriffsrecht der Regierung schon jetzt seine Wirkung zeigt. In den letzten vier Wochen wurden von den Bundesländern 3000 Quartiere zur Verfügung gestellt. "Das sind mehr als je zuvor. Das Durchgriffsrecht hat geholfen, alle zu erinnern, dass jeder seinen Beitrag leisten muss."

Das Gerücht, dass neben Christian Konrad ein zweiter erfahrener Krisenmanager eingesetzt werden soll, hat Faymann klar verneint. Außerdem will Faymann weitergehen und auf ein UNO-Mandat zum Kampf gegen den Islamischen Staat in Syrien und dem Irak pochen.

Dublin aussetzen Auf europäischer Ebene will der Kanzler – wie schon Bundespräsident Fischer anmerkte – ein Ende des kaum mehr funktionierenden Dublin-Systems. Dafür bräuchte es aber verbindliche Quoten zur Aufteilung der Kriegsflüchtlinge auf die 28 EU-Mitgliedsstaaten. "Die Dublin-Vereinbarung funktioniert nur sehr lückenhaft. Es braucht eine neue Regelung, aber diese kann die alte erst aufheben, wenn wir eine bessere haben." Doch solch ein "europäisches Asylsystem" wird (noch) keine Zustimmung in der EU-28 finden.

Kein Zaun an den EU-Außengrenzen Der ungarischen Flüchtlingspolitik von Viktor Orbán zeigte Faymann im ORF-Sommergespräch die rote Karte. Auch ein Grenzzaun für Österreich, wie es FPÖ-Chef Heinz Christian Strache gestern gefordert hat, kommt für den Kanzler nicht in Frage. "Es geht darum, die Außengrenzen zu schützen und die Ursachen für Flucht zu beseitigen. Dass jeder selber einen Zaun errichtet, das kann sich niemand wünschen. Es wird den Schleppern nicht gelingen, Schengen zu zerstören und unsere gemeinsame EU zu zerschlagen."

Und "last but not least" war auch die Bundespräsidentschaftswahl 2016 ein Thema. Hier ließ sich Faymann ein wenig in die Karten blicken, indem er meinte: "Rudolf Hundstorfer wäre ein hervorragender Kandidat. Aber wer ins Renner geht, entscheiden wir im Dezember."

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