Faymann-Gegner für Parteitag im Juni, er will bleiben

Häupl redet mit Länderchefs, Niessl hat ein gewichtiges Wort mitzureden.
Häupl sucht am langen Wochenende in Geheimgesprächen mit roten Länderchefs Ausweg aus SP-Krise.

Es gibt bereits zwei mögliche Veranstaltungslokale, in denen die Amtsübernahme und -gabe stattfinden könnte: Während SPÖ-Bundesparteichef Werner Faymann am Dienstag weiter daran arbeitete, seine drohende Ablöse abzuwenden, machte sich die Länder-übergreifende "Reform-Fraktion" bereits ernsthafte Gedanken, wo denn der nächste Bundesparteitag stattfinden soll.

Laut KURIER-Informationen wurden zwei Locations für Anfang Juni angefragt; die Entscheidung über die Vorverlegung könnte am Montag fallen – da tagt der Bundesparteivorstand.

Einvernehmen

Die Zeichen für den Kanzler stehen jedenfalls auf Sturm.

Noch stellt sich der gleichermaßen als Königsmacher und -mörder gehandelte Wiener SPÖ-Chef Michael Häupl nicht offen gegen seinen Bundesparteichef. "Ich führe die Gespräche mit den Ländern, aber ich führe sie im Einvernehmen mit dem Bundesparteiobmann. Das ist keine Aktion gegen ihn", sagte Häupl, der bis Montagvormittag mit allen Landesparteiobleuten einzeln gesprochen haben will.

Doch selbst wenn Wiens Bürgermeister nicht müde wird zu erklären, dass seine Gespräche nichts weiter seien als die "seriöse Vorbereitungsarbeit für den Bundesparteivorstand am 9. Mai".

Wirklich glauben will Wiens erstem Genossen das niemand so recht– am allerwenigsten die einzelnen SPÖ-Chefs in den Bundesländern. In allen für die SPÖ wichtigen Landeshauptstädten und -parteien wird dem KURIER am Dienstag bestätigt, dass Faymanns Entscheidung, Michael Häupl das Krisenmanagement zu überantworten, wohl eher ein weiteres Zeichen der Schwäche war.

Interimschef Häupl

"Aus meiner Sicht wäre der Kanzler am Zug gewesen", sagt etwa der steirische SPÖ-Chef Michael Schickhofer zum KURIER. "Aber wenn die Diskussion jetzt offen und tabulos gemeinsam mit Michael Häupl geführt wird, dann bin ich natürlich auch dazu sehr gerne bereit."

Der starke Rote im Osten, Hans Niessl, wollte sich gestern nicht im Detail äußern. In seiner Landespartei heißt es aber, dass nun "Michael Häupl das Ruder in der Partei übernommen hat".

Und in weiterer Folge sei es nur schwer vorstellbar, dass am kommenden Montag anlässlich des vorgezogenen Parteivorstandes keine personelle Entscheidung falle – immerhin werde Werner Faymann an der Parteispitze mittlerweile von der großen Mehrheit der Parteibasis und Funktionäre in Frage gestellt bzw. offen abgelehnt. "Häupl ist jetzt de facto Interims-Chef, er lotet mit den anderen acht Länderchefs die Zukunft der SPÖ aus."

Faktum ist, dass mittlerweile auch die längst nicht geschlossen hinter Faymann stehende Gewerkschaft am 9. Mai, also am Tag der Entscheidung, eine Fraktionssitzung anberaumt hat, in der die sozialdemokratischen Gewerkschafter (FSG) ihre Entscheidung für oder gegen einen Neustart fällen wollen.

Arbeiterkammerpräsident Rudolf Kaske will sich in der Führungsdebatte der SPÖ weder für noch gegen Faymann positionieren. "Ich stehe an der Seite der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer", sagte der AK-Boss am Dienstag bei einem gemeinsamen Kurz-Auftritt mit dem SPÖ-Parteichef.

"Es muss rasch gehen"

Dass der Parteitag – wie von Faymann und den Seinen gefordert – erst im November stattfindet, gilt mittlerweile als unwahrscheinlich.

"Es muss rasch gehen, Geschwindigkeit geht vor Perfektion, denn die Parteibasis und die Österreicher erwarten, dass die SPÖ schnell wieder mit den Füßen auf den Boden kommt", sagt Salzburgs SPÖ-Boss Walter Steidl zum KURIER. Für Steidl ist der 9. Mai der Lostag.

Dass aufs Tempo gedrückt wird, ist leicht erklärt. Es sollen Fakten geschaffen sein, ehe am 8. Juli ein neuer Bundespräsident angelobt wird.

Neben der Frage, wer nach Faymann allenfalls an der Parteispitze inthronisiert werden könnte, um glaubhaft einen neuen Kurs zu vermitteln (siehe Artikel unten), beschäftigt Partei-Sanierer Häupl auch die Frage, ob und wie man dem Vorsitzenden einen gesichtswahrenden Rückzug ermöglichen kann, konkret: Welche Funktion könnte der Ex-Kanzler im Falle einer Macht-Übergabe noch übernehmen?

"Rechnen Sie weiter mit mir"

Werner Faymann selbst setzt die Debatte um seine Führung mittlerweile sichtlich zu. Im Presse-Foyer nach dem Ministerrat gab sich der Bundeskanzler gestern vergleichsweise übellaunig und antwortete auf die Frage, ob Michael Häupl denn nun eine Art Schiedsrichter-Funktion in der SPÖ einnehme: "Michael Häupl hat sich unterstützend geäußert."

Auf die Frage, ob seine Kanzlerschaft demnächst zu Ende sei, sagte der Parteichef: "Ich kenne diese Debatte seit acht Jahren. Rechnen Sie weiter mit mir."

Zwar ist noch nicht fix, ob es den Faymann-Gegnern gelingen wird, den Parteichef vom Sessel zu stoßen. Dennoch wird schon intensiv darüber diskutiert und spekuliert, wer im Fall des Falles das Ruder in der SPÖ und auch im Kanzleramt übernehmen könnte.
Immer wieder tauchen dabei zwei Namen auf: Christian Kern und Gerhard Zeiler.

Dem ÖBB-Boss wird schon lange ein Interesse am Chefposten in der Regierung nachgesagt. Bisher hat er das aber stets dementiert. Erst vor wenigen Tagen hat der Spitzenmanager im profil kundgetan: „Ich gehöre nicht zu denen, die bei offenem Fenster schlafen, damit sie den Ruf nicht überhören.“

Als definitive Absage wollen das namhafte Sozialdemokraten dennoch nicht verstehen: „Christian Kern ist intelligent genug, sich nicht rauszulehnen.“ Einige gewichtige Fürsprecher hat der gebürtige Wiener jedenfalls bereits. Bei den steirischen Roten ist er beispielsweise gut angeschrieben. Auch in der Gewerkschaft soll der 50-Jährige Unterstützer haben.

Ex-Politik-Sekretär

Politik-Erfahrung hat Kern in seiner Zeit als rechte Hand von Peter Kostelka sammeln können – zunächst, als dieser Staatssekretär war, dann im SPÖ-Klub, als Kostelka dessen Leitung übernahm.
Auf derlei Erfahrung kann freilich auch Gerhard Zeiler verweisen. Der international erfolgreiche Medienmanager werkte unter Fred Sinowatz und später auch noch für dessen Nachfolger, Franz Vranitzky. Danach zog es den heute 60-jährigen Wiener ins TV-Business. Er war ORF-General, CEO der RTL-Group und ist seit 2012 Präsident von Turner Broadcasting System International. Im Juni 2015 sagte er in einem KURIER-Interview: „Für den Fall, dass die Entscheidungsträger der SPÖ mich fragen sollten, ob ich Verantwortung übernehmen würde, dann wäre ich bereit, dann würde ich nicht Nein sagen.“ Gestern wollte sich Zeiler auf KURIER-Anfrage nicht zur Causa äußern.
Prominente Rote würden es jedenfalls gerne sehen, dass der Medien-Macher Faymann ersetzt. So soll ihn etwa Wiens Bürgermeister Michael Häupl favorisieren. Zeiler ist Ottakringer wie Häupl. Der Top-Manager hat sich im Wiener Wahlkampf für den Wiener SP-Chef stark gemacht. Zeiler soll bereits Kontakte in der Partei geknüpft haben. Vor einigen Wochen soll er etwa Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl getroffen haben.
In der Steiermark heißt es, man könnte – trotz einer Präferenz für Kern – aber auch mit Zeiler leben.

Die Alternativen

Nicht auszuschließen ist freilich, dass ein Dritter das Rennen macht. Genannt wird in diesem Zusammenhang etwa SPÖ-Klubchef Andreas Schieder. Davon wollte er gestern nichts wissen. Ihn fülle die Funktion als Klubobmannes aus.
Dass Faymann weiterhin an der Spitze stehen soll, das hat gestern nur der Tiroler SP-Chef Ingo Mayr gefordert.
Keinesfalls übernehmen will jedenfalls Michael Häupl – „Mit 67? Nein!“

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