Faymann: Bei Flüchtlingen "machen wir nur Notlösungen"

Werner Faymann
Hilfe auf europäischer Ebene erhofft. Dennoch steigen Erwartungen an Asylgipfel.

"Jeder macht irgendetwas" - das was Hilfsorganisationen im Kleinen - etwa bei der so genannten Wertevermittlung an Flüchtlinge kritisieren, ließe sich auch auf das Große, die Bundesebene, anwenden. Nach dem heutigen Ministerrat gab Bundeskanzler Werner Faymann sogar unumwunden zu, dass auch die Regierung in der Asylkrise nur Notlösungen zu bieten hat. Solange es kein europäisches Asylrecht gibt und die Hotspots an der EU-Außengrenze nicht funktionieren, habe er keine optimale Lösung sondern nur Notlösungen zu bieten. Das solle man auch nicht verschweigen, so Faymann.

Der Kanzler, der das Pressefoyer ohne Vizekanzler Mitterlehner bestritt, gab sich nach den koalitionsinternen Streitereien in den vorigen Wochen (mehr dazu siehe hier) vor dem morgigen Asylgipfel mit den Bundesländern betont konsensorientiert. Er möchte eine gemeinsame Lösung erreichen und der Bevölkerung zeigen, dass "wir als Regierung gemeinsam vorgehen". Ziel des Gipfel sei es, Maßnahmen zu setzen, die die Zahl der Flüchtlinge reduziere. "Daraus ergeben sich Grenzen", sagte Faymann zu der von der ÖVP geforderten Obergrenze. Er möchte sich allerdings auf die Maßnahmen konzentrieren und nicht auf Wortklaubereien. Die Flüchtlingskrise sei ein "hartes Thema", bei dem es mit dem Austauschen von politischem Kleingeld nichts zu gewinnen gebe.

Hoffnung auf Hotspots

Was den von Außenminister Sebastian Kurz ins Spiel gebrachten "Domino-Effekt" durch die Zurückdrängung von Flüchtlingen in Richtung Osten betrifft, verwies Faymann einmal mehr auf die geplanten Hotspots. Wenn diese Hotspots funktionieren würden, gebe es auch keinen Rückstau. Er sei aber grundsätzlich der Meinung, dass sich Flüchtlinge das EU-Land, in dem sie Asyl bekommen nicht aussuchen können sollen. Der Kanzler zeigte sich gleichzeitig erfreut, dass es bei der Fertigstellung der Hotspots Fortschritte gebe (Italien plant etwa auch einen Hotspot in Tarvis). Er freue sich über jeden Erfolg, den es auf EU-Ebene gebe. Man dürfe nicht die Flinte gleich ins Korn werfen, so Faymann.

Auch wenn Mitterlehner nicht dabei war, seine Parteikollegen rückten auch am Dienstag einmal mehr aus, um die bekannten Positionen zu betonen. So erneuerte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner ihre Forderungen nach der Obergrenze, die sich "faktisch" ergebe. Ohne Obergrenze gebe es nächsten Sommer tausende obdachlose Flüchtlinge in Österreich. Solange das nicht ausreichend passiert, seien die Nationalstaaten zu eigenen Maßnahmen gezwungen. "Wir tun das. Wir werden nicht mehr warten." Schon lange gebe es das Versprechen für Hotspots. Die Ministerin will sich aber zunächst anschauen, wie diese funktionieren. Künftig soll in diesen Einrichtungen der Asylantrag gestellt werden. Bis dahin setze Österreich auf das Grenzmanagement, auf Obergrenzen und Maßnahmen zur Reduktion der Flüchtlingszahlen. So sei etwa der Zaunbau beschlossen worden, jetzt werde das Grenzmanagement hochgefahren. Jedem in der SPÖ sei mittlerweile klar, dass die "grenzenlose Willkommenskultur" zu massiven Problemen führe, stellte Mikl-Leitner außerdem fest. Finanzminister Hans Jörg Schelling sprach sich für eine "kapazitätsorientierte Obergrenze" aus. Bei Kriegsflüchtlingen gelten hingegen andere Regeln.

Skepsis in Berlin

Mit etwas Skepsis sieht der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier dem heimischen Gipfel entgegen. "Um es ganz offen zu sagen: Ich weiß nicht, worauf das hinausläuft," so der SPD-Politiker. Daher könne er auch nicht sagen, ob Deutschland dann die dieselben Maßnahmen ergreifen werde. "Das ist erst dann zu beantworten, wenn wir wissen, was die Österreicher tun. Das wissen wir gegenwärtig nicht," sagte Steinmeier. Generell müsse man aber akzeptieren, dass es "die eine Lösung" nicht gebe. "Auch die Schließung von Grenzen ist keine Lösung", betonte Steinmeier. "Wir brauchen ein ganzes Setting von nationalen, europäischen, bilateralen und außenpolitischen Lösungen." Und man brauche Beharrlichkeit, die nicht nur zum nächsten Parteitag oder zur nächsten Landtagswahl reiche, "sondern mindestens zwei, drei Jahre".

Man dürfe sich keinesfalls von der Vorstellung verführen lassen, dass das Flüchtlingsproblem durch eine einzige Entscheidung gelöst werde. "Ich garantiere Ihnen: Die Lösung liegt auch nicht in der Grenzschließung." Dazu seien die Dynamik und der gegenwärtige Druck viel zu stark. Es sei Aufgabe der Politik, dies der Öffentlichkeit zu erklären.

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