EU-Pakt mit der Türkei droht zu scheitern

Ratsvorsitzender Bert Koenders im EU-Parlament in Straßburg
Appell: Ankara muss mehr tun, um Flüchtlingszahlen zu senken, sagt EU-Vorsitzender Koenders.

Über den mangelnden Schutz der EU-Außengrenze durch Griechenland, das umstrittene Abkommen der EU mit der Türkei sowie einen Aktionsplan gegen die Finanzierung von Terrorgruppen wurde am Dienstag kontrovers und heftig im EU-Parlament in Straßburg debattiert.

Der niederländische Außenminister und amtierende Ratsvorsitzende Bert Koenders betonte, die EU "muss die Flüchtlingskrise bis zum Frühjahr in den Griff bekommen. Die Zeit wird immer knapper". Mehr als 1,8 Millionen Zuwanderer und mehr als 1,25 Millionen Asylanträge haben die EU-Staaten im Vorjahr verzeichnet. Nur etwa 400 Flüchtlingen seien bisher aber EU-weit umverteilt worden. Die Weigerung einiger Mitgliedsländer, Flüchtlinge aufzunehmen, ist für Koenders "nicht akzeptabel". Jetzt habe der niederländische EU-Vorsitz mit diesen Staaten bilaterale Gespräche begonnen.

Viel aufgestauten Ärger bei Abgeordneten und EU-Politikern gibt es über die Türkei. Ende November vereinbarte die EU mit Ankara einen Deal, für Geld und andere Gegenleistungen den Flüchtlingsstrom aus der Türkei über Griechenland in die EU zu stoppen.

Das Abkommen funktioniert aber nicht. Hinter vorgehaltener Hand hört man in höchsten EU-Diplomatenkreisen und in den Kabinetten der Regierungschefs, der Pakt sei zum Scheitern verurteilt, weil die Türkei den Vereinbarungen nicht nachkomme. So unternehmen die Sicherheitskräfte viel zu wenig gegen das Schlepper-Business an der Küste.

Drei Milliarden Euro hat die EU der Türkei versprochen, Italien weigert sich, seinen Beitrag zu leisten. Dennoch könnte die Unterstützung der EU für Flüchtlingsprojekte anlaufen, die Türkei hat aber noch kein einziges Projekt vorgelegt, außer noch mehr Geld, nämlich fünf Milliarden, gefordert.

Erschwert wird die Kooperation auch durch die gewaltsame Politik Ankaras gegenüber den Kurden.

Protest gegen Erdoğan

Kritik an der Türkei, insbesondere an dem sultanesk regierenden Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan, kam am Dienstag auch aus Wien.

Aus Protest gegen den autokratisch herrschenden Erdoğan legte SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim seine Mitgliedschaft in der "Türkisch-österreichischen parlamentarischen Freundschaftsgesellschaft" ruhend. Das teilte Jarolim dem türkischen Botschafter in Österreich mit.

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