Pflegepersonal im Spital fühlt sich benachteiligt

„Pflegepersonal verdient die gleiche Aufmerksamkeit wie die Ärzte“: Erich Foglar.
ÖGB-Boss Erich Foglar warnt die Politik:Neue Ärztegehälter dürfen nicht zulasten des Pflegepersonals gehen.

Der ÖGB-Präsident war am Montag in der KURIER-Redaktion zu Besuch. Am Rande der Diskussion in der Morgenkonferenz erzählte Erich Foglar von seinen aktuellsten Sorgen. Sie gelten dem Pflegepersonal in den Spitälern.

Bekanntlich dürfen die Spitalsärzte aufgrund einer EU-Richtlinie künftig keine 72-Stunden-Dienste mehr machen. Nebenwirkung der notwendigen Arbeitszeitbeschränkung ist, dass die Ärzte lukrative Nachtdienst- und Überstundenzuschläge verlieren. Also verhandeln die Spitalserhalter (Länder) mit den Ärzten höhere Gehälter bei kürzeren Arbeitszeiten aus (siehe unten). Das kostet, und nachdem in den öffentlichen Kassen Ebbe herrscht, befürchtet der ÖGB-Präsident, die Länder könnten auf die Idee kommen, die Mehrausgaben beim Pflegepersonal einzusparen.

Mehrarbeit ohne Lohn

"In den letzten Jahren gab es massive Verschiebungen von zuvor ärztlichen Tätigkeiten hin zum Pflegepersonal, etwa, Injektionen zu verabreichen. Kein Mensch hat sich darüber Gedanken gemacht, wie sich durch diese zusätzlichen Aufgaben die Arbeit des Pflegepersonals verdichtet, oder wie sich dies auf die Arbeitszeiten auswirkt." Auch Gehaltserhöhungen habe es für die Mehrleistungen nicht gegeben.

Und nun stehe die begründete Befürchtung im Raum, "dass sich die Mehrausgaben für die Ärzte bei der nächsten Lohnrunde nachteilig für das Pflegepersonal niederschlagen", erzählt Foglar. Der ÖGB-Präsident warnt: "Es gärt gewaltig in ganz Österreich." In Oberösterreich hätten sich die Pfleger aus öffentlichen, privaten und Ordensspitälern bereits zu einer Plattform vereint, um gegen die Ungleichbehandlung zu protestieren. Foglar: "Ich würde mir wünschen, dass man sich des Pflegepersonals in gleichem Ausmaß annimmt wie der Ärzte. Für die Qualität der Patientenbetreuung ist das Pflegepersonal unerlässlich, man braucht beide Gruppen für ein gutes Spital."

Mehr Zuzug als Jobs

Zur neuen Rekordarbeitslosigkeit sagt Foglar, diese sei – neben dem zu niedrigen Wirtschaftswachstum – vor allem auch auf den massiven Zuzug von Arbeitskräften zurück zu führen. "Deutschland schrumpft, und Österreich, allen voran Wien, wächst", sagt Foglar. Österreich sei nicht in der Lage, in derselben Geschwindigkeit Jobs zu schaffen, wie Leute zuziehen.

Dass uns Deutschland beim Wirtschaftswachstum davonzieht, führt Foglar auf zwei Faktoren zurück: "Deutschlands Wachstum stützt sich derzeit sehr stark auf den Inlandskonsum." In Österreich sei zu hoffen, dass die Steuersenkung, die mit 1. Jänner 2016 in Kraft tritt, die Inlandsnachfrage stärkt. Als weiteren Nachteil nennt der ÖGB-Präsident: "Für Österreich wichtige Wirtschafts-Partnerländer in Südosteuropa und Italien stecken in der Krise."

Die Ärzte im Wiener AKH werden über einen möglichen Streik abstimmen. Das ist das Ergebnis der Kuriensitzung der Wiener Ärztekammer am Montag. Die Befragung unter allen Ärzten, die das neue Arbeitszeitgesetz betrifft, soll noch im Mai stattfinden. Konkret wird gefragt, ob man sich an einem eventuellen Streik beteiligen würde.

Bis Anfang Mai wollten die Ärztevertreter des AKH eine Lösung vorliegen haben. Da dies nicht der Fall sei, habe man in der Kuriensitzung einen Antrag auf eine Streik-Abstimmung eingebracht. "Wir haben ein halbes Jahr verhandelt. Wir liegen auch nicht weit auseinander. Aber nun muss auch eine Lösung für die offenen Punkte gefunden werden", sagt Betriebsrat Martin Andreas.

Derzeit gibt es bereits ein Angebot des Rektorats, das eine rund 30-prozentige Gehaltserhöhung sowie neue Dienstzeitmodelle vorsieht. Der Betriebsrat fordert allerdings, dass diese Gehaltserhöhung rückwirkend mit 1. Jänner 2015 in Kraft tritt. Das wird vom Rektorat abgelehnt.

Verhärtet sind die Fronten auch bei den Gemeindespitälern. Bei der Kuriensitzung wurde die jüngste Teileinigung zwischen Kammer und Stadt abgelehnt. "Für die Kollegen ist das Gesamtpaket nicht befriedigend", sagt Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres. Für Unmut unter den Ärzten sorge vor allem die von der Stadt beabsichtigten Streichung von knapp 400 Dienstposten. In den nächsten Tagen wird intern die weitere Vorgehensweise beraten. Streiks sind auch hier nicht ausgeschlossen.

"Höchst unseriös" ist für Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) die Entscheidung der Ärztekammer. "Mit dem heutigen Abstimmungsergebnis ist für mich auch klar, dass die Ablehnung mit der Sache an sich nur wenig zu tun hat."

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