Wer Angehörige pflegt, soll künftig belohnt werden

Wolfgang Brandstetter: "Ich beeinflusse keine Verfahren."
Justizminister Brandstetter will Pflegeleistung honorieren. SPÖ signalisiert Zustimmung.

Wer Familienmitglieder am Ende ihres Lebens pflegt, der soll verpflichtend etwas von einem allfälligen Erbe abbekommen. Diesen Wunsch hegen Justizminister Wolfgang Brandstetter und Vizekanzler Michael Spindelegger. Seit etwas mehr als sechs Monaten ist Brandstetter im Amt; und am Freitag erklärte der Quereinsteiger gemeinsam mit dem ÖVP-Chef, welche Änderungen man noch 2014 im Erbrecht vornehmen will.

Die für Bürger wohl spannendste Neuerung: „Pflegende Angehörige müssen beim Erben Vorteile bekommen“, sagt Brandstetter. Konkret soll die Pflegeleistung eines Familienmitglieds finanziell „angemessen“ berücksichtigt werden. Wie genau, lässt Brandstetter noch offen. Fest steht: Erst soll der Anspruch des Pflegenden abgegolten, und erst dann das Erbe aufgeteilt werden. „Am formalen Erbrecht der Erbberechtigten wird sich damit aber nichts ändern“, sagt Brandstetter.
Die Sorge, dass es zu – zusätzlichen – Auseinandersetzungen kommen könnte, teilt er nicht: „Erbrachte Pflegeleistungen werden ja schon jetzt dokumentiert.“

Familienbetriebe

Um die Übergabe von Familienunternehmen zu erleichtern, will die ÖVP zudem die Auszahlung des Pflichtteils flexibler gestalten. Familienmitglieder, die einen Betrieb übernehmen, sollen den Mit-Erben die Pflichtteile auch in Raten auszahlen oder stunden können. „In den nächsten zehn Jahren steht die Übergabe von 58.000 Betrieben an. 70 Prozent davon sind Familienunternehmen – eben diese muss man unterstützen“, sagt Spindelegger.

Der Koalitionspartner scheint den Vorhaben wohlwollend gegenüberzustehen. „Wenn pflegende Familienmitglieder für ihre Leistung finanziell belohnt werden, bilden wir damit das reale Leben ab. Echte Hilfe zählt mehr als Pflichtverwandtschaft“, sagt SP-Justizsprecher Hannes Jarolim zum KURIER. Auch die ÖVP-Pläne für die Erleichterung von Betriebsübergaben goutiert er.

Kritik der Staatsanwälte

Die jüngst im KURIER thematisierte Kritik von Staatsanwälten an der Reform der Strafprozessordnung (die Strafverfolger stört, dass Ermittlungen maximal drei Jahre dauern dürfen), kann Brandstetter nicht verstehen: „Die Justiz macht, was viele Unternehmen im Sinne der Qualitätssicherung tun: Sie evaluiert nach drei Jahren einen Vorgang.“ Letztlich nütze die Befristung den Staatsanwälten. Warum? „Stellt ein unabhängiger Richter nach drei Jahren fest, dass Ermittlungen fortgesetzt werden müssen, dann passiert das natürlich.“ Den Ermittlungsbehörden sei fortan aber der Rücken gestärkt, weil sie nicht dem Vorwurf ausgesetzt seien, Verfahren zu verschleppen.

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