Kronzeuge zahlt 700.000 Euro "Schadenersatz"

Kronzeuge Gernot Schieszler wurde von der Telekom auf zwei Millionen Euro Schadenersatz geklagt – Schieszler zahlt freiwillig 700.000 Euro.
Die Telekom klagte Gernot Schieszler. Jetzt wurde ein Vergleich gefunden.

Die letzten vier Jahre waren für Gernot Schieszler (44) eine echte Hochschaubahn. Der ehemalige Telekom-Manager war Kern des "Systems Telekom". Über seinen Schreibtisch lief ein Großteil der dubiosen Zahlungen an Parteien und Entscheidungsträger. Detto hatte Schieszler bei der Kursmanipulation der Telekom-Aktie, wodurch die Manager eine Prämie von 8,8 Millionen Euro kassieren konnten, eine tragende Rolle.

Doch statt wie Lobbyist Peter Hochegger oder Ex-Telekom Vorstandsdirektor Rudolf Fischer auf der Anklagebank Platz zu nehmen, wurde Schieszler von der Staatsanwaltschaft eine Exit-Strategie angeboten: Wenn er auspackt, winkt als Belohnung der Kronzeugenstatus. Eine Premiere in der Justiz.

Erster Kronzeuge

Schieszler nahm den Deal an, kooperierte, legte alle Malversationen des skandalgebeutelten Konzerns der Justiz dar. "In dieser Situation befinden sie sich in einem Tunnel, wo sie wissen, da müssen sie durch. Wie lang der Tunnel ist und was sich am Ende des Tunnels befindet, die Frage stellt sich nicht. Psychisch und physisch ist es, als wenn sie einen Marathon nach dem anderen laufen", beschreibt Schieszler die Einvernahmen bei der Staatsanwaltschaft.

Am 4. Juli 2013 war der Ex-Telekom-Manager am Ziel: Nach den ersten (nicht rechtskräftigen) Schuldsprüchen und mehrjährigen Haftstrafen gegen Fischer, Ex-Finanzvorstand Stefano Colombo und Ex-FPÖler Gernot Rumpold erklärte das Justizministerium Schieszler zum ersten Kronzeugen. Schieszlers Strafe fiel milde aus: Statt ins Gefängnis musste er 120 Stunden Sozialdienst leisten und 300.000 Euro Bußgeld zahlen. Im Herbst folgte aufgrund seiner Aussagen dann auch die (nicht rechtskräftige) Verurteilung von Strippenzieher und Lobbyist Hochegger zu 2,5 Jahren wegen Untreue.

Telekom wollte 2 Millionen

Doch Schieszler durfte nur wenige Tage aufatmen. Denn die Telekom Austria wollte Wiedergutmachung und reichte letzten Sommer Klage gegen Schieszler eine. Der Konzern begehrte auf zivilrechtlichem Weg Schadenersatz in Höhe von gar nicht schlanken zwei Millionen Euro.

Zuerst wollten Schieszler und sein Rechtsanwalt Stefan Prochaska kämpfen. Für Februar war die erste Verhandlung angesetzt. Aber zu dem zivilrechtlichen Verfahren kam es nicht. Wie der KURIER erfuhr, wurde eine außergerichtliche Einigung angestrebt. Das bestätigt auch Gernot Schieszler: "Ich wollte nicht wieder vor Gericht aussagen müssen, und natürlich wollte ich mir auch die hohen Anwaltskosten sparen." Das Risiko am Ende mit einer hohen Schadenersatzsumme sowie Gerichts- und Anwaltskosten konfrontiert zu sein, war dem dreifachen Vater dann doch zu groß.

Einigung

Auch die Telekom war offenbar an zähen Gerichtsverhandlungen nicht interessiert. Vor Kurzem einigten sich Schieszler und die Telekom. Der Ex-Manager wird 700.000 Euro Schadenersatz zahlen. Allerdings in Raten.

"In den nächsten zehn Jahren muss ich die Summe abzahlen. Das heißt, ich muss die nächsten Jahre sehr gut verdienen," so Schieszler. Insgesamt wurde der Ex-Manager zu einer Bußgeldzahlung von einer Million Euro verdonnert (700.000 Euro Telekom-Vergleich plus 300.000 Bußgeld).

Aber im Gegensatz zu Fischer, Hochegger & Co., denen in den nächsten Jahr ein Leben hinter Gefängnisgittern winkt, ist das Kapitel Telekom für den Kronzeugen damit abgeschlossen.

Seine Lehre aus der Misere? "Dass die Karriere nicht mehr der Lebensmittelpunkt ist."

Auch wenn der Status des Kronzeugen für viele Diskussionen sorgte, hat Gernot Schieszler der Justiz geholfen, die Telekom-Affäre rasch aufzuklären. Im letzten Jahr gab es die ersten Urteile. Die meisten Haftstrafen fasste Ex-Telekom-Vorstandsdirektor Rudolf Fischer aus. Für das Delikt der Untreue bei Aktienkursmanipulationen gab es drei Jahre unbedingte Haft. Wenige Monate später musste Fischer neben dem ehemaligen FPÖ-Werber Gernot Rumpold auf der Anklagebank Platz nehmen. Im sogenannten „Telekom III“-Prozess – inkriminiert war eine verdeckte Parteispende an die FPÖ in Höhe von 600.000 Euro – wurde Rumpold zu drei Jahren Haft verurteilt. Fischer bekam drei Jahre – davon sechs Monate unbedingt.

Letzten Sommer war dann der Gerichtssaal im BZÖ-Prozess prominent bestückt. Verhandelt wurde die verdeckte Finanzierung des BZÖ-Wahlkampfes 2006. Neben Fischer waren Lobbyist Peter Hochegger und der Ex-BZÖ-Abgeordnete Klaus Wittauer angeklagt. Fischer wurde freigesprochen, Hochegger fasste 2,5 Jahre Haft aus, und Wittauer wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt, davon drei Monate unbedingt.

Peter Hochegger, gegen den auch beim BUWOG-Deal ermittelt wird, geht nun in die Offensive. Er bringt gegen das Urteil eine Nichtigkeitsbeschwerde ein. Und in der Causa BUWOG deckte er Karl-Heinz Grasser, Walter Meischberger, Karl Plech sowie die Immofinanz & Co mit einer 32-Millionen-Euro-Zivilklage ein.

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