Die Blauen und ihr Russen-Tick

Die Blauen und ihr Russen-Tick
Freiheitliche suchen bei jeder Gelegenheit die Nähe zu Moskau. Warum eigentlich?

Sie trafen den Diplomaten in Genf, in einem Herrenhaus in der "rue Schaub". Schwere Bilder an den Wänden, Samt-bezogene Sitzmöbel, eine Botschaftsresidenz – die Bleibe von Russlands Vertreter bei den Vereinten Nationen ion Genf, Alexey Borodawkin.

Sie, das waren FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, der Chef der Partei-Akademie, Hilmar Kabas, sowie Stadtrat David Lasar und Wiens Klubobmann Johann Gudenus. Die freiheitliche Delegation parlierte mit dem früheren Vize-Außenminister über "unsinnige Sanktionen gegen Russland"; über "berechtigte Autonomieforderungen" der russischen Mehrheitsbevölkerung in der Ost- und Südukraine; und über das Referendum auf der Krim. Man war sich in vielem einig, es war ein Besuch bei Freunden, erzählt man in der FPÖ. Tatsächlich zeigt die FPÖ seit Jahren eine Affinität zu Moskau. Ehe Strache & Co. nach Genf flogen, hatte ein F-Team auf der Krim als "Wahlbeobachter" gewerkt – und eben dort Russlands Positionen mit Verve verteidigt.

Die Blauen und ihr Russen-Tick
APA17523176 - 18032014 - WIEN - ÖSTERREICH: FPÖ-Vizeparteichef Johann Gudenus am Dienstag, 18. März 2014, während einer PK der FPÖ zum "Krim-Referendum" in Wien. APA-FOTO: HELMUT FOHRINGER
Betrachter fragen sich seit langem: Warum die Nähe? Wie kommt es, dass die FPÖ Russland im Zweifel tapfer verteidigt? Und vor allem: Was haben die Blauen davon?

Eine, wohl die nahe liegendste Erklärung wäre: Geld. Seit Jahren ventilieren Kritiker, die Freiheitlichen und ihr nahe stehende Unternehmer würden finanziell von der Russland-Connection profitieren. Eine der möglichen Drehscheiben: die Österreichisch-Russische Freundschaftsgesellschaft (ORFG), in der Ost-Experte Gudenus (er spricht fließend Russisch) im erweiterten Vorstand sitzt. Das Problem ist bloß: Taugliche Belege für die These fehlen. "Wir wünschten es wäre so, dass wir Spenden aus Russland bekommen", sagt ein Strache-Vertrauter. "Aber es gibt keinen Grund, warum Oligarchen in die FPÖ investieren sollten." Bleiben freiheitliche Großindustrielle, die mit Russen Geschäfte machen. Doch die sind rar gesät. Der bekannteste, Thomas Prinzhorn, kommt eher nicht in Frage. "Prinzhorn spielt in Russland keine Rolle", sagt Wolfgang Knogler. Der Arzt ist Russland-Kenner, Finanzreferent der ORFG und hat, wie er sagt, vor "einigen Jahren sehr geholfen", Parteichef Straches Moskau-Kontakte zu intensivieren. Warum die FPÖ Russland pflegt? "Weil sie erkannt hat, dass Österreich dort enorme Interessen hat. Man denke nur an die Gasversorgung."

Neues Image

Hinzu kommt der Faktor Reputation: Die üblichen FPÖ-Gesprächspartner wie Front National oder Vlaams Belang sind ob ihrer rechtsrechten Orientierung nicht image-bildend. Da kommen Foto-Termine mit Vertretern einer ausgewiesenen Weltmacht gerade recht. "Es geht darum, uns als politisch breit, international relevant und regierungstauglich zu positionieren", sagt ein Strache-Berater. Und damit sei auch erklärt, was Russland zu den FPÖ-Gesprächen motiviert. "Russland pflegt Kontakte zu allen Kräften, die ihre strategischen Interessen vertreten – etwa, indem sie NATO- oder US-kritisch auftreten", sagt ein Freiheitlicher.

Noch sei FPÖ-Chef Strache "nur" der Oppositionschef in einem kleinen, aber feinen EU-Staat. "Aber die Russen denken langfristig. – Wer weiß schon, ob die FPÖ nicht in der nächsten Bundesregierung sitzt?"

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