Deutschland verschärft Kontrollen: Uneinigkeit in Österreich

ÖVP-Chef Mitterlehner würde gerne ähnliche Signale wie Deutschland aussenden. Dass Kanzler Faymann bremst, ärgert die Schwarzen.
ÖVP ist erbost, weil Kanzler "nicht im Gleichklang" mit den Deutschen vorgehen will.

Dass Berlin seinen Kurs in der Flüchtlingspolitik verschärft, setzt auch Österreich unter Druck. Nach einer Krisensitzung verkündete Kanzler Werner Faymann Sonntagabend, dass die Kontrollen hierzulande vorerst nicht intensiviert werden. Diese Linie ist umstritten.

Berlin hat die Strategie geändert, weil der Flüchtlingsandrang in den vergangenen Tagen immer größer geworden war. In München waren Einsatzkräfte und Helfer am Limit. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer hatte Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel massiv unter Druck gesetzt. Und so wurde entschieden, dass die Grenzen stärker überwacht werden – und der Zugverkehr nach München zumindest vorübergehend gestoppt wird. Deutschland will ein Signal aussenden, dass nicht alle Flüchtlinge aufgenommen werden können.

Zwischen Wien und Berlin bzw. zwischen Wien und München liefen gestern die Telefone heiß. Faymann war mit Merkel in Kontakt, Innenministerin Johanna Mikl-Leitner mit ihrem deutschem Amtskollegen Thomas de Maizière und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. Die Frage, die es zu klären galt: Was bedeutet die deutsche Richtungsänderung für Österreich?

Krisensitzung

Um 16 Uhr traf die halbe Regierungsmannschaft im Kanzleramt ein: Neben Faymann waren Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, Außenminister Sebastian Kurz und Verteidigungsminister Gerald Klug dabei. Auch Flüchtlingskoordinator Christian Konrad, der Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit, Konrad Kogler, und Generalstabschef Othmar Commenda wurden hinzugezogen.

Mikl-Leitner und Kogler haben auf verstärkte Grenzkontrollen zu Ungarn gedrängt haben. Auch einen Assistenzeinsatz des Heeres sollen brachte die Innenministerin aufs Tapet. Faymann soll allerdings entgegnet haben, er wolle nicht, dass Soldaten an der Grenze stehen.

Mikl-Leitner machte kein Geheimnis aus ihrer Haltung. Nach der Sitzung erklärte sie öffentlich: „Ich habe immer gesagt, dass ein mögliches Szenario auch Grenzkontrollen sind, wenn es die Bundesregierung beschließt.“ Das war aber nicht der Fall. Faymann gab die Order aus: „Keine durchgehenden Grenzkontrollen zu Ungarn.“ Er fügte hinzu, dass man aber nicht abschätzen könne, wie sich die Kontrollen der Deutschen auswirken werden. Es werde in Österreich jedenfalls weiterhin stichprobenartig kontrolliert.

Mitterlehner hingegen sprach von „verstärkten Kontrollen wie in Deutschland“. Außenminister Kurz plädierte in der ORF-Sendung Im Zentrum auch für eine restriktivere Vorgangsweise: „Es gibt nur eine Option, nämlich im Gleichklang mit Deutschland zu agieren. Wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, dass Deutschland den Kurswechsel vornimmt, Österreich aber nicht.“ Kurz gab auch bekannt, dass Mikl-Leitner das Personal an der Grenze aufstocke.

Faymann trifft Merkel

Der Bundeskanzler reist morgen nach Berlin, um mit Angela Merkel über die neuesten Entwicklungen zu reden. Auch eine Telefonkonferenz mit EU-Ratspräsident Donald Tusk ist geplant

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