Der Abschied von Öl & Co. wird teuer werden

Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP)
Umweltminister Rupprechter im KURIER-Interview zum neuen Klima-Vertrag.

Der Klimavertrag, der Samstagnacht in Paris beschlossen wurde, bedeutet einen radikalen Umbau der Energiesysteme. Schließlich sollen sich alle Volkswirtschaften so schnell wie möglich von der Nutzung fossiler Energieträger wie Öl, Gas und Kohle verabschieden.

Was bedeutet das für Europa, für Österreich – und für jeden Einzelnen? Müssen wir im Alltag umdenken – und uns auf drastisch steigende Energiepreise einstellen?

Der KURIER hat dazu in Paris Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) befragt, der beim Klimagipfel für Österreich verhandelt hat.

KURIER: Wird uns das Gipfelergebnis letztlich nicht sehr teuer zu stehen kommen?

Andrä Rupprechter: Es ist vor allem einmal ein sehr gutes Ergebnis für Österreich, weil wir alle unsere Ziele realisieren konnten. Es wird nicht alles teurer. Ein ungebremster Ausstoß von Kohlendioxid, das die Umwelt belastet und die Zukunft der nächsten Generationen gefährdet, das würde richtig teuer werden. Nur die Treibhausgase werden einen höheren Preis bekommen. Das heißt aber nicht, dass das Leben teurer wird.

In Paris wurde das langsame Ende der fossilen Energieträger beschlossen. Wie wollen wir diese Energieträger eigentlich ersetzen?

Es ist richtig, in Paris wurde das Ende des Zeitalters der fossilen Energieträger eingeläutet. Das war notwendig, weil sie die Welt bedrohen. Gleichzeitig wurde aber der Einstieg und der Mut zu Neuem beschlossen. Etwa, dass wir unsere Energie selbst produzieren können und uns nicht von fossilen Energien abhängig machen. Die kommen außerdem aus Regionen, die nicht selten demokratiepolitisch problematisch sind.

Wir nehmen aber Erdgas und Erdöl, weil es die billigste Form der Energie ist. Also wird die Energie teurer werden?

Wir müssen uns schon fragen, warum Öl und Gas billiger sind. Nämlich weil sie – inklusive der Nuklearenergie – hoch subventioniert sind. Das Klimaabkommen ist ein Beitrag dazu, dass wir endlich gleiche Wettbewerbsbedingungen schaffen für erneuerbare und nachhaltige Energiesysteme.

Eine der größten Subventionen in Österreich ist die Pendlerpauschale, die rund 1,5 Milliarden Euro pro Jahr kostet. Wird die abgeschafft?

Wir brauchen jetzt eine Energie- und Mobilitätsstrategie bis 2050, die mit dem Klimaschutz einhergeht. Die werden wir in einem Jahr, im Dezember 2016 präsentieren. Da müssen alle Steuersysteme, alle Energiesysteme, alle Mobilitätssysteme hinterfragt werden. Wir brauchen jetzt den Mut, zukunftsweisende Entscheidungen zu treffen. Wir müssen in den Ausstieg einsteigen – raus aus allen fossilen Brennstoffen, aus Öl, aus Kohle und aus Gas.

Wäre es wirtschaftlich günstiger, nur auf erneuerbare Systeme zu setzen, hätten wir das doch schon längst gemacht.Das stimmt eben nicht. Wir haben ja bisher keinen realen Preis für CO2 gehabt, das unser Klima zerstört. Der Preis für CO2 ist derzeit fern jeder Realität, die Kohlendioxid-Emissionszertifikate kosten in Europa derzeit rund acht Euro pro Tonne, müssten aber 20 bis 30 Euro kosten. Da brauchen wir eine klare Bepreisung, und da muss es eine europäische Antwort auf dieses Problem geben, das werden wir diskutieren müssen.

Aber nur mit Wasserkraft und Holz werden wir doch nicht die Energiewende schaffen?

Ich bin überzeugt davon, dass wir mit unseren Ressourcen der erneuerbaren Energien das sehr wohl schaffen können. Wir sind jetzt schon gut unterwegs, bis 2030 wird etwa der Strom zu hundert Prozent aus erneuerbaren Energien kommen. Bis 2050 müssen wir vollständig aus der fossilen Abhängigkeit rauskommen. Und genau diese Weichenstellungen, die wir jetzt setzen müssen, sind mein Ziel.

Natürlich ist mit dem Klimavertrag von Paris nichts gerettet, schon gar nicht die Welt vor der Klimakatastrophe. Aber jetzt wurde zumindest die Möglichkeit geschaffen, dass wir nicht mehr mit Vollgas in eine für alle desaströse Zukunft rasen. Wäre der Deal von Paris doch noch geplatzt, was bis zuletzt im Bereich des Möglichen lag, hätten wir unseren Kindern und Enkelkindern aber garantiert eine Welt überlassen, die durch Dürren, Fluten, Wetterextreme und Hunderte Millionen von Klimaflüchtlingen nicht mehr rettbar und kaum mehr lebenswert gewesen wäre.

Beschlossen wurde nichts weniger als das Aus für die fossilen Energieträger. Diese haben seit der industriellen Revolution den Wohlstand beschert, auf den wir bis heute aufbauen. Das Ende dieses essenziellen Rohstoffs, der unsere Heime wärmt, uns bewegt, die Güter zu uns bringt, der unsere Maschinen betreibt und den Strom für uns erzeugt, müssen wir erst begreifen lernen. Dieser Schritt heraus – das wird die Politik uns nicht mehr lange verheimlichen können – wird uns viel Schweiß, Mühe und auch Geld kosten. Der Beschluss ist aber nicht aus naivem Gutmenschentum gefallen, sondern weil die Alternative unbezahlbar geworden wäre.

Wenig ermutigend ist, dass die Bundesregierung erst noch überlegen will, wie eine neue Energiestrategie bis 2050 aussehen soll. Es kann Energie- und Verkehrsminister unmöglich überrascht haben, dass wir aus den fossilen Energien aussteigen müssen.

Noch weniger ermutigend ist, dass ein kleines deutsches Consulting-Unternehmen derzeit im Gespräch ist, diese Strategie für sicher viel Geld zu erstellen, weil es den eigenen Experten schlicht nicht zugetraut wird.

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