Debatte um Grenzkontrollen neu entflammt

Debatte um Grenzkontrollen neu entflammt
Flüchtlinge mit Kurs auf die EU: Nun steht der Schengen-Pakt wieder zur Diskussion.

Angefangen hat Horst Seehofer: Der bayerische CSU-Chef plädierte am Montag für die Wiedereinführung von Grenzkontrollen, um die Zuwanderung von Flüchtlingen besonders aus Italien zu stoppen. Seehofer warf der italienischen Regierung in der Bild-Zeitung vor, gegen das Schengener Abkommen zum freien Grenzverkehr zu verstoßen, indem Flüchtlinge über Österreich nach Deutschland weitergeschickt würden. Gefolgt ist seine Partei: Die CSU will nach Informationen von Spiegel Online in einem Sieben-Punkte-Plan vorschlagen, die gemeinsame Grenze zu Österreich wieder zu kontrollieren, indem man das Schengen-Abkommen vorläufig außer Kraft setzt (siehe unten).

Auch österreichische Spitzenpolitiker springen auf diesen Zug auf: Innenministerin Johanna Mikl-Leitner hält ebenfalls die Wiedereinführung von Grenzkontrollen gegen einen Flüchtlingsstrom Richtung Österreich für denkbar - auch wenn sie es sich "nicht wünscht". In einer schriftlichen Stellungnahme zeigte sie Verständnis für Seehofers Vorstoß. Wer die Entwicklungen der letzten Wochen beobachtet habe, könne so etwas nicht mehr von vornherein ausschließen. Es gebe eine "extreme Schieflage innerhalb Europas", was die Versorgung von Asylwerbern betreffe. Die Solidarität einzelner Staaten werde auf eine harte Probe gestellt, wenn sich manche Länder aus ihrer Verantwortung verabschiedeten. Nötig wäre für sie eine fixe Quotenverteilung in ganz Europa.

VP-Chef Reinhold Mitterlehner sieht ebenfalls in der EU-weiten Verteilung der Flüchtlingsströme ein "substanzielles Problem", wie er am Dienstag vor dem Ministerrat sagte. Daher sei es auch nicht auszuschließen, dass man eine Wiedereinführung von Grenzkontrollen "ventilieren" müsse.

Blau dafür, Grün dagegen

Die politischen Reaktionen zum Thema bewegen sich erwartungsgemäß entlang der Parteilinien. Die FPÖ hat sich etwa am Dienstag für eine "sofortige" Einführung von Grenzkontrollen ausgesprochen. Die Innenministerin hätte "längst tätig werden müssen", so FP-Chef Strache.

Klare Ablehnung kam von den Grünen. Menschenrechtssprecherin Alev Korun: "Anstatt dieses lebensfremde, unsolidarische System mit EU-internen Grenzkontrollen weiter auf die Spitze zu treiben und dann auf den Kollaps der vier Küstenstaaten (Griechenland, Italien, Malta, Spanien, Anm.) zu warten", brauche es einen "Systemwechsel": Statt des Dublin-Systems (Asylgesuch dort, wo der Betroffene zuerst die EU betritt) plädiert Korun für eine prozentuelle Verteilung der Flüchtlinge auf alle EU-Länder je nach Einwohnerzahl und Wohlstand des Landes. "Das wäre eine faire und solidarische Asylpolitik in der EU", so Korun.

Die bayerische CSU reagiert mit einer drastischen Forderung auf steigende Asylwerberzahlen und Flüchtlinge im Freistaat: Laut Informationen von Spiegel Online gibt es ein Sofortprogramm der Konservativen, das in sieben Punkten fordert, das Schengen-Abkommen außer Kraft zu setzen, um wieder Kontrollen an der Grenze zu Österreich vornehmen zu können. So will die CSU Deutschland gegen den Flüchtlingsstrom, der via Italien in die EU drängt, wappnen.

Das Sofortprogramms stehe am kommenden Montag zum Beschluss, heißt es und sei zwischen Parteispitze und Parteichef Horst Seehofer abgesprochen. "Lampedusa darf kein Vorort von Kiefersfelden (Grenzort zu Österreich) werden", zitiert das Onlinemagazin den CSU-General Scheuer mit drastischen Worten. Seehofer hatte sich schon früher für die Wiedereinführung von Kontrollen ausgesprochen.

Weiters will die CSU eine Aufstockung des Personals beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge; zudem solle Berlin nicht genutzte Kasernen als Flüchtlingsunterkünfte zur Verfügung stellen, sowie einen Fonds für Flüchtlingshilfe schaffen. Laut Spiegel Online soll der Fonds 100 Millionen Euro schwer sein.

Aktuell: Mutmaßliche Salafisten an deutsch-österreichischer Grenze festgenommen.

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