"Wir müssen Druck auf Berlin jetzt erhöhen"

NSA
Immer mehr europäische Staaten ermitteln wegen Datenspionage im Auftrag der USA.

Die Hinweise verdichten sich, dass der deutsche Geheimdienst BND im Auftrag der US-Spionageabteilung NSA europäische Datenleitungen anzapft, speichert und durchsiebt. Die österreichische, belgische und auch die niederländische Regierung haben offiziell Ermittlungen in der Causa begonnen und die deutschen Behörden um Amtshilfe gebeten. Doch das dürfte erst der Anfang sein, glaubt der österreichische Grün-Abgeordnete Peter Pilz, der den Skandal in den vergangenen Wochen scheibchenweise enthüllt hat.

Zum Hintergrund: Laut Pilz saugte der BND aus insgesamt 255 Internet-Transitleitungen Daten ab, vorrangig Geschäftsinformationen, aber auch politische Kommunikation. "Mit Terrorabwehr hatte das nie etwas zu tun", sagt Pilz.

Insgesamt sind durch das "Eikonal" genannte Programm 31 europäische und 33 andere Staaten betroffen, darunter China, Israel, Südkorea und Japan. Ausgenommen waren nur Datenleitungen nach Großbritannien, Kanada und in die USA.

Heute, Freitag, ist Peter Pilz in Paris, um gemeinsam mit französischen Grünen jene französische Datenleitungen zu benennen, die von den "Freunden" in Deutschland ausgespäht werden. In Paris will Pilz auch alle norwegischen Leitungen offenlegen, die ausspioniert werden. "Es ist eine stetige Entwicklung, ich bin sehr zufrieden", befindet der Mandatar. In der kommenden Woche empfängt Pilz in Wien Ermittler des Schweizer Nachrichtendienstes NDB, um sie mit Detailinformationen über das Anzapfen von neun Schweizer Datenleitungen aus Zürich und Genf zu versorgen.

Ziel der ganzen Aktion müsse sein, die totale Überwachung in Europa durch die Amerikaner zu unterbinden, erklärt der Grüne. Und das gehe nur, wenn immer mehr Staaten Druck auf die deutsche Regierung in Berlin ausüben.

Pilz sagt, dass seine Enthüllungen in Brüssel in der vergangenen Woche, bei der er das Ausspähen von 15 belgischen und 71 niederländischen Leitungen offenlegen konnte, einen Wendepunkt darstellen. "Nicht nur, weil diese Regierungen offiziell Ermittlungen aufgenommen haben, sondern weil ich auch im Unterausschuss im EU-Parlament eingeladen wurde, den EU-Abgeordneten den Stand der Dinge zu berichten. Und die haben ein hohes Interesse gezeigt, mehr von ihren Regierungen zu erfahren."

Diese "parlamentarische Allianz" gegen die Spionage von BND & NSA sei ein großer Erfolg, meint Pilz. "Die Abgeordneten wollen Aufklärung." Und wenn erst eine Vielzahl von europäischen Regierungen von der deutschen Regierung Antworten haben will, "dann wird man das in Berlin nicht mehr so einfach vom Tisch wischen können."

Wesentlich sei für die EU-Abgeordneten aber auch die Frage der Terrorabwehr gewesen, wie künftig die Bürger vor dieser neuen Art der Datenspionage geschützt werden können. "Wir wissen jetzt, dass die Spionageabwehr in keinem Land gut funktioniert", sagt Pilz. Aber auch die parlamentarische Kontrolle müsse besser werden.

Der Politiker fordert zudem eine Entschuldigung von der deutschen Kanzlerin Angela Merkel. Und Pilz’ belgischer Parteifreund Stefaan Vanhecke drohte gar, die Verhandlungen mit den USA über eine Freihandelszone TTIP zu unterbrechen: "Wir können ja nicht mit jemanden einen Pakt schließen, der uns ausspioniert."

Beim Internetknoten DE-CIX in Frankfurt, dem weltweit größten seiner Art (Durchfluss 4 Terabit/s) soll der deutsche Nachrichtendienst BND ausgewählte Datenleitungen europäischer Anbieter anzapfen und die Daten an die Außenstelle des US-Geheimdienstes NSA in Bad Aibling weiterleiten. Insgesamt sollen 255 Datenleitungen betroffen sein.

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