Darabos will Jet-Deal anfechten

Darabos will Jet-Deal anfechten
Jetzt soll die Staatsanwaltschaft einen Ausstieg aus dem Eurofighter-Deal prüfen

Dem Verteidigungsminister reicht es. Norbert Darabos konnte die Eurofighter ohnehin nie leiden, er hatte gegen die Kampfjets als Oppositionspolitiker während der Schüssel-Regierung gekämpft, als Verteidigungsminister ab 2007 konnte er immerhin Preis und Stückzahl der Eurofighter reduzieren. Jetzt hofft er, dem ungeliebten Flugzeug endgültig die Flügel nehmen zu können.

Am Donnerstag hat Minister Darabos veranlasst, mit der Staatsanwaltschaft Wien Kontakt aufzunehmen um die Ermittler zu bitten, den komplizierten Eurofighter-Vertrag auf Ausstiegs- oder Teilausstiegsmöglichkeiten überprüfen zu lassen. Der Sprecher des Ministers bestätigte dem KURIER eine entsprechende Meldung des Standards vom Freitag.

Konkret heißt es in dem Schreiben: „Es wird ersucht, (...) die Unterlagen auf etwaige Rechtsfolgen, die sich aus den verschiedenen Vertragsklauseln (Rücktritt, Teilrücktritt und etwaige Schadenersatzansprüche etc.) ergeben würden, zu überprüfen.“ Was erhofft sich der Minister von der Expertise der Staatsanwaltschaft?

Schmiergeld

Begründet ist sein Vorgehen durch die Ermittlungen der Korruptionsjäger, die massive Schmiergeldzahlungen beim Eurofighter-Deal beziehungsweise bei den Gegengeschäften vermuten. Das Ministerium habe keine Detail-Informationen über die Ermittlungen, erklärte Darabos‘ Sprecher, und könne daher zur Zeit nicht beurteilen, ob bereits Konsequenzen gezogen werden können. „Der Ankauf muss zur Gänze aufgearbeitet werden“, zitiert der Standard den Minister, „deshalb begrüßen wir die Ermittlungen der Justiz.“ Sollte Schmiergeld vom Eurofighter-Konzern EADS geflossen sein, werde sich die Republik schadlos halten.

Erst am Dienstag voriger Woche haben an mehreren Standorten in Österreich, der Schweiz und in Deutschland eine Welle an Hausdurchsuchungen stattgefunden. In Österreich erfolgten in Linz und in Tirol Razzien, in Deutschland wurden von rund 50 Beamten drei EADS-Standorte im Großraum München durchsucht. Die Ermittler hoffen Beweismittel sicherzustellen, um vermutete Kickback-Zahlungen beim Eurofighter-Kauf zu beweisen. Die Razzien gehen auf Rechtshilfeersuchen zurück, die von der Staatsanwaltschaft Wien gestellt wurden.

Der Grüne Aufdecker Peter Pilz sieht jetzt schon ausreichend Gründe, um aus dem Eurofighter-Vertrag auszusteigen: „Wir können das Klumpert zurückgeben.“ Wozu ließ EADS auf der Isle of Man und anderen, steuerschonenden Destinationen ein gutes Dutzend Briefkastenfirmen mit Namen wie „Vector Aerospace LLP“, „Centro Consult“ oder „Columbus Trade Services“ errichten, fragt sich der Abgeordnete?

Während die Staatsanwaltschaften noch den genauen Zweck all der Briefkasten- und möglichen Scheinfirmen hinterfragen, die im Zuge des Eurofighter-Kaufs ins Leben gerufen wurden, bot Pilz am Donnerstag eine gleichermaßen einfache wie ernüchternde Erklärung an: Das Netzwerk war nötig, damit EADS bei dem 1,8 Milliarden-Euro-Deal österreichische Politiker, Beamte und Unternehmer schmieren kann.

78 Millionen Euro sind laut Pilz bereits jetzt rekonstruierbar, die tatsächliche Summe könnte weit über 160 Millionen liegen. Anhand ausgewählter Beispiele beschrieb der Grüne, wie die Bestechung im Einzelfall abgelaufen ist. „Den größten Brocken machten wohl Schmiergeldzahlungen bei Schein-Gegengeschäfte aus“, sagt Pilz.

Wie sollen die Schein-Gegengeschäfte gelaufen sein? Unternehmen wurden mit dem in den Briefkastenfirmen geparkten Geld dafür bezahlt zu behaupten, der Deal X mit der Firma Y wäre ohne Hilfe von EADS nie zustande gekommen.

Das Geld soll bar bezahlt worden sein. Eines der Unternehmen, gegen die ermittelt wird, ist Stronachs Magna-Konzern. Wie das Nachrichtenmagazin Format berichtet, hat die Staatsanwaltschaft Wien beim Wirtschaftsministerium um Unterlagen zu den Gegengeschäften gebeten. Es bestehe „der Verdacht, dass bei einigen angemeldeten und genehmigten Gegengeschäften über operativ nicht tätige Offshore-Gesellschaften im Wege von Scheinverträgen Provisions- und Schmiergeldzahlungen geleistet worden sind“.

Meinungsschwenk

Pilz erinnerte in diesem Zusammenhang an Magnas Engagement bei dem Rüstungsdeal: „Herr Wolf (damals Europa-Chef von Magna) hat sich enorm für den Eurofighter engagiert.“ Zudem sei bei Karl-Heinz Grasser eine bemerkenswerte Meinungsänderung eingetreten. „Er war erst ganz gegen Abfangjäger, dann für gebrauchte Jets – und schließlich für die teuren Eurofighter.“

Tatsächlich waren die Ereignisse am 2. Juli 2002 im Ministerrat für Augenzeugen dramatisch: Während viele zu diesem Zeitpunkt noch mit einer Entscheidung zugunsten des schwedischen „Saab-Gripen“ rechneten, ging der Zuschlag überraschend an den Eurofighter.

Die Entscheidung war zuvor bei einem „Kanzlerfrühstück“ gereift: Im kleinen Kreis entschieden sich Bundeskanzler Schüssel, Verteidigungsminister Scheibner, Finanzminister Grasser und Wirtschaftsminister Bartenstein für den Eurofighter – wegen der lukrativen Gegengeschäfte. Pilz bringt für den Meinungsschwenk noch eine andere Erklärung ins Spiel: „Regierungsvertreter wie Grasser, Reichhold oder Westenthaler landeten später auf der Payroll des Magna-Konzerns. Warum wohl?“

Martin Bartenstein war Wirtschaftsminister, als der Eurofighter-Deal 2002 besiegelt wurde. Als solcher war der Steirer politisch für jene Gegengeschäfte verantwortlich, die die Justiz nun untersucht. Und so missfallen ihm die Äußerungen seines Nachfolgers im Wirtschaftsressort. Parteifreund Reinhold Mitterlehner befindet in den Oberösterreichischen Nachrichten, beim Jet-Kauf sei „nicht alles sauber gelaufen“.

Mitterlehner machte sich mit dem Schlachtmesser an die heilige Kuh von Schwarz-Blau heran – den Eurofighter-Deal, bei dem er „eine Serie von Merkwürdigkeiten“ ortet: So hätten „maßgebliche Personen“ (gemeint der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser und Verteidigungsminister Herbert Scheibner) binnen einer Woche einen Sinneswandel vollzogen – dahingehend, welcher Jet-Typ zu bestellen sei. Plötzlich war es der Eurofighter. Das habe ihn „zum Schluss gebracht, dass da nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sein kann“, sagt Mitterlehner. Und das, obwohl Mitterlehner als Wirtschaftsminister seit 2008 für die Gegengeschäfte politisch verantwortlich ist und als einstiger Wirtschaftskammergeneralsekretär jener „ARGE OFFSET“ vorstand, die heimischen Klein- und Mittelbetrieben zu Gegengeschäften verhalf.

Fakten fehlen

„Es geht nicht um Überzeugungen, sondern um Fakten. Wenn es neue gibt, dann auf den Tisch damit. Dann sind sie der Justiz zu liefern. Ich kenne solche Fakten nicht“, sagt Bartenstein im KURIER-Gespräch. Er verweist darauf, „dass Mitterlehner Mitglied des Eurofighter-Untersuchungsausschusses war“. Bei den Ermittlungen sei „alles im Sande verlaufen“. Die wurden eingestellt.

Ebenso ärgert Bartenstein, dass Mitterlehner von einem jähen Sinneswandel der Protagonisten spricht – hin zu den Eurofightern. „Ich widerspreche der Darstellung, dass Entscheidungsträger ihre Meinung geändert haben. Wir waren kein Gripen-Fanklub.“

Sehr verwundert zeigte sich auch Ex-Minister Scheibner. „Mitterlehners Äußerungen sind merkwürdig, nicht nachvollziehbar. Seltsam, wenn zehn Jahre nach dem Kauf Zweifel aufkommen. Das ist auch harte Kritik an der eigenen Partei“, urteilt Scheibner im KURIER-Gespräch. Er bleibt dabei: Alles sei rechtens gewesen. Die Eurofighter-Ermittlungen hätten mit der Typenentscheidung nichts zu tun: „Da geht es um die Abwicklung der Gegengeschäfte.“

SPÖ-Geschäftsführer Günther Kräuter behagt Mitterlehners Befund. „Es ist wichtig, dass erstmals ein ÖVP-Spitzenpolitiker die Dinge beim Namen nennt.“ Die Causa neuerlich politisch untersuchen will er aber nicht: „Die Justiz wird ja bald Ergebnisse haben.“

ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf sieht ebenfalls keinen Grund für eine parlamentarische Untersuchung. „Man kann nicht gleich einen U-Ausschuss einrichten, weil jemand sein schlechtes Gefühl ausdrückt.“ Und neue Fakten gebe es ja nicht.

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