Wahlanfechtung: Heimliches Rüsten für Neuwahl

Van der Bellen und Hofer duellierten sich im Wahlkampf. Im September könnte es wieder passieren
Freitag um 12 Uhr werden die Richter ihre Entscheidung bekanntgeben. Polit-Spitzen rechnen mit Stichwahl-Reprise.

Bis Freitag um 12 Uhr müssen Grüne und Blaue zittern. Da wird im Verfassungsgericht öffentlich Recht gesprochen. Wie werden die 14 Höchstrichter urteilen?

Bis 6. Juli hatten sie Zeit für die Entscheidung im Verfahren zur Hofburg-Wahl gehabt. Es ging schneller. Und es geht um viel: Muss die Stichwahl zwischen dem Grünen Alexander Van der Bellen und dem Blauen Norbert Hofer vom 22. Mai, die die Freiheitlichen angefochten haben, wiederholt werden?

Die mit Hofer unterlegene FPÖ ortet ja Missbrauch bei der Auszählung der Briefwahlstimmen. Das haben alle Zeugen vor Gericht verneint; Schlampereien und Regelverletzungen sind aber zu Tage getreten.

Etliche Experten, aber auch Regierungspolitiker rechnen damit, dass neuerlich gewählt werden muss. Vom Fristenlauf her könnte es frühestens Mitte September - die Rede ist vom 18. September - so weit sein.

„Die Dynamik geht derzeit in diese Richtung“, heißt es gleichlautend in den Stäben von SPÖ-Kanzler Christian Kern und ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner. ÖVP-Innenminister Wolfgang Sobotka sagte bereits: „Wir sind vorbereitet.“

Heimliches Rüsten

Und hinter den Kulissen wird schon daran gearbeitet, den Wahlkampf zu wiederholen – und eine Stichwahl zu schlagen. So haben laut dem KURIER vorliegenden Informationen die Grünen intern bereits das Wahlkampf-Budget für eine allfällige Neu-Austragung beschlossen.

Mitarbeiter des Wahlkampfstabes haben lange geplante Urlaube storniert. In Strategie-Sitzungen wird überlegt, wie ein allenfalls im September zu schlagender, zweiter Stichwahlkampf anzulegen wäre.

Lothar Lockl, Wahlkampfleiter des vorläufigen Siegers Van der Bellen, will all das nicht offiziell bestätigen, er sagt nur so viel: „Wir sind auf alle Eventualitäten vorbereitet.“

Tatsächlich haben sich zuletzt die Hinweise verdichtet, dass die Höchstrichter bei ihrer strengen Spruchpraxis bleiben – und das Ergebnis der Hofburg-Stichwahl aufheben. Als eines der gewichtigsten Indizien für diese Überlegung wird die Äußerung von Höchstrichter Johannes Schnizer genannt, der die strenge Spruchpraxis seit 1927 als gegeben sieht.

Dessen ungeachtet wollen Spitzenjuristen einen Umstand nicht vergessen wissen: Das laufende und in seiner Art bislang einzigartige Beweisverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof hat zwar eklatante Formalfehler, aber keinen einzigen Beweis erbringen können, dass bei der Hofburg-Wahl Stimmen gefälscht worden sind. Unjuristisch formuliert: Am Ergebnis ist nichts manipuliert worden.

Inwieweit der fehlende Beweis für Wahlbetrug entscheidungsrelevant ist, darüber haben die Verfassungsrichter hinter verschlossenen Türen beraten. Schriftlich ausgefertigt wird das Urteil der Top-Juristen am Freitag noch nicht sein.

Kommentare