Einige Kompetenzen des Präsidenten "anachronistisch"

Alexander Van der Bellen bei einem Treffen mit Heinz Fischer
Von Van der Bellen bis Lopatka: Rufe nach Reform der Befugnisse des Bundespräsidenten werden laut.

Der designierte Bundespräsident Alexander Van der Bellen und auch einige Politiker aus dem Reihen von ÖVP, SPÖ und den Grünen sehen Reformbedarf bei den Kompetenzen des Bundespräsidenten.

Konkret hatte sich Van der Bellen daran gestoßen, dass der Bundespräsident die theoretische Möglichkeit hätte, das Parlament "auszuhebeln". Dies deshalb, weil der Bundespräsident das Recht hat, auf Antrag der Regierung den Nationalrat aufzulösen und damit Neuwahlen herbeizuführen. Für eine Änderung wäre jedenfalls eine Zweidrittelmehrheit nötig.

Lopatka für Enquete

Die Regierungsparteien zeigten sich bei diesem Thema jedenfalls gesprächsbereit, ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka schlug im Ö1-Morgenjournal eine Enquete im Parlament dazu vor. Auch Lopatka sieht den Passus, der dem Präsidenten die Auflösung des Nationalrats erlaubt, kritisch.

Einige Befugnisse hält Lopatka mittlerweile für anachronistisch, wie etwa das Begnadigungsrecht. Auch ob der Bundespräsident Gesetze beurkunden soll, stellt Lopatka zur Diskussion. Das könnte auch von Nationalrats- und Bundesrats-präsident gemacht, die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen ohnehin vom Verfassungsgerichtshof geprüft werden.

Grünen-Bundessprecherin Eva Glawischnig ist für eine Diskussion über die Kompetenzen des Bundespräsidenten. "Wir hatten die Vorschläge aus dem Österreich-Konvent", sagte nun Glawischnig. Diese Debatte sei aber auf Bitte des noch amtierenden Bundespräsidenten Heinz Fischer gestoppt worden. Nun will sich die Grünen-Chefin die Ergebnisse noch einmal "in Ruhe anschauen". Laut ihr sollte man einige Kompetenzen des Bundespräsidenten, die nicht mehr zeitgemäß sind, reduzieren. Ob eine solche Diskussion in einer Enquete, wie von Lopatka vorgeschlagen, oder in einer anderen Form geschieht, ist für Glawischnig "zweitrangig".

"Entrümpelung der Kompetenzen"

Auch die SPÖ im Parlament will die derzeitigen Ermächtigungen des Bundespräsidenten überdenken. Klubchef Andreas Schieder sprach sich am Freitag gegenüber der APA für eine "Entrümplung der Kompetenzen" aus. Im Herbst solle dies von den Fraktionen "ausführlich und möglichst breit" diskutiert werden, egal ob in einer Enquete oder in einer anderen Form.

Auch Schieder ortet in den Kompetenzen des Bundespräsidenten "einige Dinge, die nicht mehr zeitgemäß sind". Er meint etwa die Ehelicherklärung von Kindern und das Begnadigungsrecht. Aber auch die Ermächtigung zur Auflösung des Parlaments müsse "klarer, eindeutiger und sauberer" geklärt werden.

FPÖ und Haslauer zurückhaltend

Die FPÖ hält nichts davon, die Kompetenzen des Bundespräsidenten zusammenzustreichen. Auch der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) zählt nicht zu den Befürwortern der - von seinem Parteikollegen Reinhold Lopatka angeregten - Bereinigung der Kompetenzen des Staatsoberhauptes. Die Diskussion müsse man führen, aber "sehr sorgsam", sagte er am Freitag im ORF-"Mittagsjournal".

Gesprächsbereit ist auch die FPÖ, erklärte deren Verfassungssprecher Harald Stefan zur APA. Aber: "Entweder hat man den Bundespräsidenten, gewählt durchs Volk, dann soll er auch Kompetenzen haben. Wenn man ihn total reduziert wie etwa in Deutschland, dann brauchen wir ihn nicht." Vorstellbar ist für Stefan, die Kompetenzen zu konkretisieren oder eine Begründung vorzuschreiben z.B. für die Auflösung der Regierung. Aber prinzipiell erachte es die FPÖ mit Blick auf den Machtausgleich für sinnvoll, dass der Bundespräsident "hohe Kompetenzen" hat.

Schließlich seien diese auch vom historischen Verfassungsgesetzgeber nur für Situationen gedacht, mit denen man jetzt nicht unmittelbar rechnen müsse - und Vorsorge für negative Entwicklung sei sinnvoll. Denkbar wäre für Stefan allenfalls die Auflösung der Regierung durch den Bundespräsidenten im Vorjahr gewesen, als die Regierung in der Flüchtlingskrise "konsequent Gesetze negiert hat". Selbst wenn die Regierung aufgelöst wird, "würde ja nichts passieren, dann gibt es halt Neuwahlen. Damit zerstört man nicht die Demokratie."

Auch für Haslauer "stellt sich die Frage, ob man den Bundespräsidenten überhaupt noch braucht" - wenn man ihn auf die Funktionen der moralischen Instanz und des Repräsentanten des Staates reduziert. Mehr bliebe nicht, wenn man ihm die jetzige "enorme politische Macht" nimmt, die Angelobung einer Regierung zu verweigern, diese abzuberufen, über Vorschlag der Regierung den Nationalrat aufzulösen bzw. das verfassungsmäßige Zustandekommen von Gesetzen zu überprüfen oder Begnadigungen vorzunehmen

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