Bundeshymne "ein nettes Sommerthema"

Der Text polarisiert
Die Regierungsspitzen halten wenig vom Vorschlag, eine neue Hymne zu suchen.

Die Töchter-Problematik beschäftigt weiterhin die österreichische Politik: Nachdem der Volksanwältin Gertrude Brinek der Streit um die Neufassung des Texts offenbar zu weite Kreise zog, hatte sie vorgeschlagen, per Wettbewerb überhaupt eine ganz neue Hymne zu suchen. Davon halten die Regierungsspitzen offensichtlich wenig: "Die Bundeshymne soll so bleiben wie sie ist", meinte Bundeskanzler Werner Faymann heute nach dem Ministerrat. "Ich bin kein besonders guter Sänger, aber ich singe sie mit Überzeugung", erklärte Faymann.

Selbst Brineks Parteifreund, Vizekanzler Michael Spindelegger, sprach sich gegen eine Änderung aus. Er kommentierte die Frage lediglich damit, dass es sich um ein "nettes Sommerthema" handle. Auch Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter und Sozialminister Rudolf Hundstorfer halten nichts von einer Änderung, wie sie vor Journalisten sagten.

Am Montag hatte bereits SPÖ-Kulturminister Josef Ostermayer Brinek via KURIER - unter ähnlicher Anspielung auf ein Sommerloch - eine Abfuhr erteilt: "Jetzt die Diskussion über die Einführung einer neuen Hymne zu starten, halte ich für eine sommerliche Beschäftigung."

Die Musikunis, die nach Brineks Einschätzung ja eine neue Hymne komponieren könnten, reagierten zurückhaltend: Während etwa das Mozarteum zuerst einmal eine Debatte fordert, ob es überhaupt den Wunsch nach einer modernen Hymne gibt, sieht man sich an der Kunstuni Graz mangels Fachbereich für Textgestaltung nicht zur Hymnen-Neugestaltung berufen. An der Wiener Universität für Musik und darstellende Kunst zeigt man sich vorsichtig offen für das Experiment: "Wenn es aus der Politik eine Entscheidung gibt, wären wir bereit, an einer sinnvollen Kriterienerarbeitung für die Erstellung einer neuen Hymne mitzuarbeiten", so Andrea Kleibel, Vizerektorin für Außenbeziehung, zur APA. Auch am Konservatorium Wien ist man, wie es aus dem Rektorat der Privatuniversität heißt, "grundsätzlich an einer Beteiligung interessiert". Die tatsächliche Entscheidung hänge allerdings von den konkreten Wettbewerbsregeln ab.
Seit Dezember 2011 sind die "Töchter" gesetzlich Teil der österreichischen Bundeshymne. Seitdem Volksmusikant Andreas Gabalier beim Formel-1-Grand-Prix in Spielberg absichtlich auf die "Töchter" verzichtete, ist das Thema wieder aufgeflammt.

Die österreichische Bundeshymne ist zwei Jahre jünger als die Zweite Republik: Am 25. Februar 1947 wurde der Text der Dichterin Paula von Preradovic (1887-1951) zur Melodie der Freimaurerkantate aus dem Jahr 1791, die lange Zeit Wolfgang Amadeus Mozart zugeschrieben wurde, per Ministerratsbeschluss zur österreichischen "Volkshymne" erklärt. Nach immer wieder aufgeflammten Diskussionen soll nun der Text um die "Töchter" erweitert werden.

Preradovic' Text wurde aus 1800 Einreichungen im Rahmen eines Preisausschreibens ausgewählt. Ihr Vorschlag wurde von der damaligen Bundesregierung abgeändert, denn die "Söhne" hatten ursprünglich auch noch Väter. Zudem attestierte die Autorin in der ersten Strophe der Ur-Fassung Österreich "arbeitsam und liederreich" zu sein. So hieß es in ihrem am 17. Dezember 1946 eingereichten Vorschlag: "Land der Berge, Land am Strome, / Land der Aecker, Hämmer, Dome / Arbeitsam und liederreich. / Grosser Väter freie Söhne, / Volk, begnadet für das Schöne, / Vielgerühmtes Österreich."

Die Autorin erhielt für ihren Sieg beim Wettbewerb einen Geldgewinn und trat im Gegenzug sämtliche Urheberrechte an den Staat ab. Dies und die Tatsache, dass ihr Text schon mit der Beschlussfassung abgeändert worden war, waren für das Handelsgericht Wien erst im Vorjahr Argumente, die Verbreitung einer modifizierten Version mit Töchtern nicht zu stoppen.

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