Zwölf Piloten für 15 Eurofighter

Sparkurs führt zu Reduktion bei Piloten - VP übt scharfe Kritik am SP-Verteidigungsminister: Das Vorgehen sei nicht abgesprochen.

Der Sparkurs beim Bundesheer trifft nun auch die Eurofighter: Für die 15 Flugzeuge stehen aus Spargründen nur mehr zwölf Piloten zur Verfügung. Das Verteidigungsministerium bestätigte am Donnerstag einen entsprechenden Bericht der Salzburger Nachrichten. Als Vorsorge wegen geburtenschwacher Jahrgänge, die bald schlagend werden, werden für 2015 und 2016 indes weniger Rekruten einberufen.

Seit Ende April sind statt vorher 18 nur mehr zwölf Eurofighter-Piloten im Einsatz. Das hat finanzielle Gründe, erklärte ein Sprecher von SP-Verteidigungsminister Gerald Klug: Die Flugstunden mussten reduziert werden, gleichzeitig müssen Piloten aber ein Minimum an Flugstunden absolvieren - ein kleinerer "Pool" an Flugstunden führte also dazu, dass die Zahl der Piloten reduziert werden musste. Auswirkungen auf die Sicherheit habe das keine, wurde betont. Die betroffenen Piloten sollen beim Heer gehalten werden, etwa als Simulatortrainer.

Mobilitätskrise

Auch bei den Fahrzeugen wird bekanntlich gespart. "Wir haben eine Mobilitätskrise", meinte Streitkräftekommandant Franz Reißner in den SN. "Das möchte ich gar nicht beschönigen. Im Fahrzeugbereich fallen jetzt die Einsparungen und die Altlasten zusammen." Man könne das aber durch Umverteilung und Zuweisungen auffangen. Für "einsatzwahrscheinliche Aufgaben" sei man gut gerüstet. Aus Spargründen werden übrigens auch die sogenannten Partnerschaftsschießen des Bundesheers mit Vereinen eingeschränkt oder abgesagt. Man brauche die Munition, Vorrang habe die Einsatzvorbereitung, sagte Reißner.

Kritik von der VP: "Keine Planung"

Scharfe Kritik vom Koalitionspartner muss sich Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) anhören. "Das ist keine besonders vertrauensbildende Vorgangsweise", meinte ÖVP-Wehrsprecher Bernd Schönegger am Donnerstag in einer Aussendung. Klug habe im Budgetausschuss am vergangenen Dienstag kein Wort über die Reduktion der Rekruteneinberufungen oder Pilotenreduzierung verloren, kritisierte Schönegger. "Das entspricht in keiner Weise unserer Vorstellung von einer ordentlichen Planung. Es wird Zeit, dass der Minister Einsparungen beim Bundesheer mit seinem Koalitionspartner ÖVP im Vorfeld abklärt."

Es gelte, mit dem Budget für das Landesverteidigungsressort sorgsam und gezielt umzugehen und die richtigen Prioritäten zu setzen, meinte der ÖVP-Abgeordnete. Klug aber "setzt die falschen oder, schlimmer, keine Prioritäten". Mit seiner "überfallsartigen Planung gefährdet er die Einsatzfähigkeit des Bundesheeres und damit auch die Sicherheit Österreichs", glaubt Schönegger.

Er gehe davon aus, dass die Lage sich nun noch ernster als angenommen darstelle, erklärte Schönegger: "Die 42,5 Millionen Euro Sparvorgaben für 2014 können dieses Landesverteidigungsfiasko bei einem Zwei-Milliarden-Euro-Budget jedenfalls nicht ausgelöst haben, weswegen sich der Verdacht durchaus erhärtet, dass es weit größere Probleme in der Budgetierung gibt, als diese Sparvorgabe."

Tauglichkeitskriterien bleiben

Dass im Heer überlegt wird, aus Spargründen die Tauglichkeitskriterien zu erhöhen, damit weniger Grundwehrdiener zu versorgen sind, wird im Ministerium nicht bestätigt: Zwar würden 2015 rund 1.500 junge Männer weniger einberufen und 2016 noch einmal weniger - aber als Vorkehrung. Die vorerst nicht Einberufenen sollen nämlich eine Reserve bilden und werden später einrücken, wenn ab 2017/2018 geburtenschwache Jahrgänge schlagend werden.

Geschehen soll das aber nicht über die Tauglichkeitskriterien, sondern etwa über Information, dass man vor dem Wehrdienst auch die Ausbildung fertig machen könnte. Es herrsche also "keine Wehrungerechtigkeit", da die Burschen einfach später dienen, betonte Klugs Sprecher.

Die angekündigte Strukturreform hat nicht die Zielsetzung, die Aufgaben des Bundesheeres bestmöglich zu erfüllen, sondern an das verfügbare Budget anzupassen, also zu reduzieren. Dafür gibt es jedoch keine Legitimität – das wäre ein Bruch der Verfassung durch die Bundesregierung." Drastische Worte waren Dienstag bei der Pressekonferenz der Plattform wehrpolitischer Verbände zu hören. Jene Plattform mit insgesamt 300.000 Mitgliedern, die zur Aufrechterhaltung der Wehrpflicht gegründet wurde, warnt nun vor einem drohenden Zusammenbruch der Armee.

Erich Cibulka, Chef der Offiziersgesellschaft: "In wenigen Monaten wird das Bundesheer seine Rechnungen nicht mehr bezahlen können." Niemand käme auf die Idee, Feuerwehren oder Rettungsdiensten die Autos wegzunehmen, deren Reparatur nicht mehr zu bezahlen oder das Geld für Benzin zu streichen. Beim Bundesheer sei das aber bereits Realität.

Vizeleutnant Paul Keller von der Unteroffiziersgesellschaft beklagt, dass viele Berufssoldaten ihren Job aufgeben, weil die weiterführenden Kurse gestrichen wurden. Sogar teuer ausgebildete Eurofighterpiloten würden die Zulassungen verlieren, weil sie bei dem marginalen Flugbetrieb nicht mehr auf die geforderten Flugstunden kämen.

Schutzlos

Die Kritiker sind sich einig: Ein Grenzsicherungseinsatz wie im Jahre 1991 sei heute nicht mehr möglich. Angesichts der Annexion der Krim durch Russland und die Gefahr einer Ausweitung der Krise auf Moldawien fürchten die Vertreter der Wehrverbände, dass ein Grenzsicherungseinsatz wieder nötig werden könnte. "Heute wären wir aber in dieser Situation schutz- und wehrlos."

Die Verbände wollen insbesondere Kanzler Werner Faymann (SP) und Vizekanzler Michael Spindelegger (VP) in die Pflicht nehmen, die für die Sparvorgaben verantwortlich gemacht werden. "Während in vergleichbaren Ländern wie Schweden und Finnland intensiv über die Aufstockung des Verteidigungsbudgets und auch die Anschaffung moderner Waffensysteme diskutiert wird, wird in Österreich das Bundesheer still und heimlich zu Grabe getragen."

Verteidigungsminister Gerald Klug bezeichnete das Sparpaket zwar als "Herkulesaufgabe" für das Ressort, sieht aber die Einsatzfähigkeit nicht gefährdet. Man müsse aber das Bundesheer auf die "militärisch einsatzwahrscheinlichen Aufgabenstellungen" reduzieren (siehe unten).

Dass das Bundesheer "auf Zeit mit diesem Budget nicht mehr finanzierbar" sei, verlautbarte Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) schon vor mehreren Wochen. Er gab dem Generalstab den Auftrag, die Auswirkungen der Einsparungen zu analysieren. Das Ergebnis ist alarmierend: Ab Herbst kann nicht einmal mehr die Benzinrechnung bezahlt werden.

Das Bundesheer hatte schon bisher keinen Spielraum mehr. Bei einem Gesamtbudget von 1,948 Milliarden Euro gehen 1,3 Milliarden für Personalkosten drauf. Der Investitionsbereich wurde heuer auf null gesetzt. Das bedeutet, dass nicht einmal mehr eine abgebrochene Zeltstange ersetzt werden kann. Keine Hoffnungen gibt es auch für Bauprojekte wie in der Kaserne Melk. Dort verrottet nun teures Pioniergerät, weil die Garagen fehlen.

In Gefahr ist aber auch die Black-Hawk-Hubschrauberflotte. Es müsste dringend ein Update beim Hersteller Sikorsky im Umfang von 50 bis 80 Millionen eingeleitet werden. Sonst sind die Hubschrauber ab dem Jahr 2018 nachtblind, und spätestens 2020 verlieren sie die Flugzulassung. Geld dafür ist aber nicht in Sicht.

Finanzloch

Trotz des Verzichtes auf Investitionen tut sich aber dieses Jahr erstmals auch eine Finanzierungslücke von 355 Millionen auf. Das schlägt sich unmittelbar im laufenden Betrieb nieder.

Zwölf Piloten für 15 Eurofighter
APA12951278-2 - 29052013 - HORN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT II - (v.l.) Der Generalstabschef des österreichischen Bundesheeres Othmar Commenda und Verteidigungsminister Gerald Klug besuchen am Mittwoch, 29. Mai 2013, die Bundesheerübung EURAD13 in Horn. Die EURAD13, die größte Bundesheerübung dieses Jahres, findet von 21. Mai bis 7. Juni 2013 statt. Insgesamt üben rund 4.400 Soldatinnen und Soldaten des Österreichischen Bundesheeres internationales Krisenmanagement sowie internationale Katastrophenhilfe. APA-FOTO: HANS KLAUS TECHT
Ab Herbst kann das Heer mit den vorgesehenen Mitteln seine Treibstoffrechnungen nicht mehr zahlen. Und das, obwohl die Fahrzeugflotte ohnehin dramatisch verkleinert wird. Größere Reparaturen werden bei den Fahrzeugtypen Pinzgauer und Puch-G nicht mehr durchgeführt, weil die Ersatzteile zu teuer sind. Die Fahrzeuge werden ausgeschieden.

Schon jetzt kann etwa die 7. Jägerbrigade in Klagenfurt nur mehr wenige Kompanien mit Fahrzeugen transportieren. Die Folge: Die Soldaten müssen zu Fuß gehen. Es entstehen wieder "Fußtruppen" wie zu Napoleons Zeiten. Das wird sich nach Erkenntnissen der Generalstäbler auch auf den Einsatz auswirken. Wohl wird das Bundesheer wie bisher in den Hochwassereinsatz gehen, aber in der Anfangsphase nur mit einem Fünftel der Kräfte. Der Rest der Truppe kommt später, weil zivile Autobusse angemietet werden müssen.

Reine Makulatur seien daher auch die Versprechen der Politik, den Grundwehrdienst und die Miliz attraktiver zu machen.

Überstandpersonal

Zwölf Piloten für 15 Eurofighter
Apropos Einsatz: Per Ministerratsbeschluss verliert das Bundesheer 400 Planposten an Polizei, Finanz und Justiz. Und zwar jene Posten, auf denen die jungen, einsatzfähigen Soldaten sitzen. Dem Heer bleibt nur das sogenannte "Überstandpersonal" – ältere Jahrgänge, die man nicht mehr in den Einsatz schicken kann. Auch die Planposten der Spezialisten für Cybersecurity sollen wegfallen.

Ein Licht am Horizont ist nicht in Sicht. Michael Bauer, Sprecher des Verteidigungsministeriums: "Die Einschnitte sind sehr schmerzhaft, aber es führt kein Weg daran vorbei." Heute will eine Plattform der wehrpolitischen Organisationen auf die "Demontage des Bundesheeres und die damit verbundene Bankrotterklärung der Wehrpolitik in Österreich" aufmerksam machen.

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