Bundespräsident stellt sich hinter Militärführung

Bundespräsident Heinz Fischer stärkt der Militärführung den Rücken.
Heinz Fischer mahnt zur Räson: Nicht das Heer, sondern die Politik sei verantwortlich für die schlechte Finanzlage.

Die Debatte um das Bundesheer ist um eine Facette reicher: Nachdem Finanzminister Michael Spindelegger am Donnerstag davor gewarnt hatte, das Heer „kaputtzusparen“, prasselt gleich von mehreren Seiten Kritik auf ihn ein. Sowohl Verteidigungsminister Gerald Klug, der vom Finanzminister ja aufgefordert worden war, bis Herbst ein Konzept vorzulegen, als auch Generalstabschef Othmar Commenda sowie zahlreiche hochrangige Offiziere attackierten Spindelegger deshalb – und bekamen Rückendeckung von höchster Stelle: von Bundespräsident Heinz Fischer nämlich.

Ursache und Wirkung

Fischer reagierte am Samstag auf einen offenen Brief, den die Unteroffiziersgesellschaft kürzlich an ihn gerichtet hatte – darin kritisierten sie die Sparmaßnahmen beim Heer in drastischen Worten. Fischer forderte in seiner Antwort dazu auf, die vom österreichischen Bundesheer unter "außerordentlich schwierigen finanziellen Bedingungen" erbrachten Leistungen anzuerkennen – und vor allem die auf eine restriktive Budgetierung zurückzuführenden Probleme richtig zuzuordnen.

Zwar erwähnte er Spindelegger nicht persönlich, schrieb jedoch: "Man darf Ursache und Wirkung nicht miteinander verwechseln.“ Wenn die finanziellen Parameter von Jahr zu Jahr verändert würden, werde eine erfolgreiche Arbeit immer schwieriger: „Dafür darf man aber nicht das österreichische Bundesheer und seine Führung verantwortlich machen.“ Der Bundespräsident lud die Vertreter der Unteroffiziersgesellschaft im September zu einer persönlichen Aussprache ein.

Hungrige Familie

Zuvor hatten sich auch zahlreiche hochrangige Offiziere mit ähnlichen Unmutsäußerungen zu Wort gemeldet - der Chef des Kommandos Luftunterstützung, Andreas Putz, sprach etwa in den Oberösterreichischen Nachrichten von einer "Chuzpe" Spindeleggers. Er verglich den Finanzminister mit einem Familienvater, der das Haushaltsbudget für Lebensmittel drastisch kürzt und sich dann wundert, wenn die Familie hungrig ist.

Streitkräftekommandant Franz Reißner verwies im Standard auf "arge Fehlentscheidungen" der ÖVP-Verteidigungsminister der vergangenen Jahrzehnte, die aus seiner Sicht zur Situation des Bundesheeres beigetragen haben. Etwa dass in den 1990er-Jahren (heute überflüssige, Anm.) Raketenjagdpanzer und Panzerhaubitzen beschafft wurden, anstatt die Kfz-Flotte des Heeres zu erneuern. "Damit ist auch Geld unter ÖVP-Ministern in den Sand gesetzt worden", so Reißner.

Der Leiter der Militärvertretung bei EU und NATO in Brüssel, Günter Höfler, sieht Österreichs Auslandseinsätze in Gefahr. Österreich werde damit "zu einem unverlässlichen Partner, wenn wir unsere Soldaten nicht entsprechend ausbilden". Mit 0,6 Prozent der Wirtschaftsleistung gebe nur noch Malta weniger für Verteidigung aus als Österreich.

Verwunderung in den Bundesländern

Unverständnis schlägt dem Finanzminister auch von den regionalen Militärkommandanten entgegen. "Der Finanzminister stellt fest, dass das Heer nicht ausgehungert werden dürfe und entzieht ihm gleichzeitig die Ressourcen", beschwert sich Oberösterreichs Kurt Raffetseder. Der Burgenländer Johann Luif warf Spindelegger daher "Zynismus" vor, der Wiener Kurt Wagner reagierte "verwundert". Denn die von Spindelegger geforderten Reformkonzepte gebe es - die Umsetzung scheitere aber am fehlenden Geld.

Ähnlich auch der Kärntner Militärkommandant Walter Gitschthaler und sein steirischer Kollege Heinz Zöllner. "Uns fehlen nicht Konzepte, sondern Geld", sagte Gitschtaler in einer Aussendung. Und Zöllner erinnerte daran, dass die von Spindelegger erwähnten - heuer abgezahlten - Eurofighter-Raten ursprünglich nicht vom Bundesheer hätten finanziert werden sollen. "Nun geht man offenbar davon aus, dass das Bundesheer nach Abzahlung der Eurofighter plötzlich dieses Geld übrig hätte", kritisiert Zöllner.

So eine Stimmung habe ich noch nie erlebt, die Offiziere haben alle solche Kabel und sind nur mehr wütend auf den Finanzminister.“ Grund für das, was dem KURIER aus dem Heeres-Ressort hinter vorgehaltener Hand berichtet wird, sind Aussagen von Finanzminister Spindelegger im ORF-Radio: „Das Bundesheer darf nicht ausgehungert werden“, richtete der schwarze Finanzminister dem roten Verteidigungsminister Gerald Klug aus. Spindelegger reagierte damit auf Berichte, wonach beim Heer aufgrund des Spardrucks nur mehr ein Notbetrieb möglich sei.

Klug ließ die Bemerkungen Spindeleggers nicht auf sich sitzen. „Kollege Spindelegger ist als Finanzminister die angespannte finanzielle Situation beim Heer nur zu gut bekannt.“ Nur sei man jetzt „am Boden des Fasses angekommen, es gibt keine Reserven mehr.“ So sei das Heer nicht finanzierbar, er erwarte sich vielmehr Unterstützung.

Empört & entsetzt

Noch schärfer die Reaktion von der Truppe: „Das gesamte Bundesheer ist empört und entsetzt über die Aussagen des Finanzministers“, sagt Othmar Commenda, Chef des Generalstabes zum KURIER. Die Zeit, Konzepte zu schreiben oder auszuarbeiten, sei nun vorbei. „Die Miliz wurde bereits totgespart, nun folgt der Rest der Armee. Uns steht das Wasser nicht nur bis zu Hals, sondern längst darüber. Darauf wurde der Herr Finanzminister mehrfach hingewiesen.“ Spindelegger beharrt dennoch auf dem Sparkurs, und er erhoffe sich viel von den im Herbst präsentierten Reformplänen von Klug.

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