Nulldefizit geschafft, strikter Sparkurs bleibt

Finanzminister Hans Jörg Schelling
Nach dem strukturellen Nulldefizit will Finanzminister Schelling nun "echtes" Nulldefizit. Dafür soll jede zweite Pensionierung im öffentlichen Dienst nicht mehr nachbesetzt werden.

Die neuen Budgetzahlen sowie der sparsame Finanzrahmen bis 2019 sind ein kräftiger Rückenwind für Finanzminister Hans Jörg Schelling von der ÖVP. Er will jetzt nach der Steuerreform als nächstes die Verwaltungsreform angehen und hier gemeinsam mit den Ländern 1,1 Milliarden Euro einsparen.

Zusammen mit Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner lässt Schelling keinen Zweifel daran, dass man sich dafür mit den Beamten und Lehrern anlegen wird, um die Personalkosten zu senken. "Meine Aufgabe ist es, Österreich zurück an die Spitze zu führen", sagt Schelling strotzend vor Selbstbewusstsein.

Konkret will die Regierung von den Pädagogen eine um zwei Stunden erhöhte Lehrverpflichtung, was das Budget von Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek um 300 Millionen Euro entlasten würde. Und bei den Beamten soll jede zweite Pensionierung nicht nachbesetzt werden. Außerdem kündigt die Regierung sehr sparsame Gehaltsrunden für den öffentlichen Dienst an. Bis 2019 bedeutet das rund 1130 Stellen weniger bei den Bundesbediensteten, obwohl bei der Polizei 750 und bei den Steuerbetrugsbekämpfern der Finanz 500 Planstellen neu geschaffen werden.

Die Beamtengewerkschaft hat ihren lautstarken Protest zu den Sparplänen deponiert. Mitterlehner sagte am Dienstag: "Wir werden schon noch die eine oder andere Auseinandersetzung mit den Betroffenen haben."

Geschafft ist jetzt einmal das strukturelle Nulldefizit und das zwei Jahre früher als geplant. Der für das Budget überaus teure Einmaleffekt Hypo (Heta) ist da herausgerechnet, ebenso die ungünstige Konjunktur.

Betrachtet man das "echte" Defizit nach Maastricht-Kriterien, liegt es bei 2,4 Prozent, soll heißen: Der Staat nimmt 164 Milliarden ein, gibt aber 172 Milliarden aus. Aber auch dieser Defizit-Wert ist bereits besser als die prognostizierten 2,8 Prozent. Schellings Ehrgeiz ist es jetzt, ein "echtes" Nulldefizit zu schaffen. Bis 2019 soll das Haushaltsloch daher auf 0,5 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung reduziert werden.

Bis dahin sinkt nach derzeitiger Planung auch die Verschuldung Österreichs wieder knapp unter die magische Grenze von 80 Prozent, erlaubt wären nach Maastricht bloß 60 Prozent.

Warum ist das alles so zäh und schwierig? Weil die Konjunktur nicht und nicht anspringt, das Wachstum soll bis 2019 nie über zwei Prozent steigen. Und außerdem die Arbeitslosigkeit weiter kräftig steigt – wie auch die Ausgaben für die Pensionen.

Großbaustelle Soziales

All das sieht man deutlich am Budget von Sozialminister Rudolf Hundstorfer. Die Ausgaben für Arbeitslose und Notstandshilfe-Bezieher steigen von 2015 auf 2016 um stolze 944 Millionen Euro.

Ähnlich deutlich – um 689 Millionen – steigt der Bundesbeitrag zur Pensionsversicherung im kommenden Jahr. Bis 2019 macht der Anstieg besorgniserregende 2,6 Milliarden Euro aus.

"Acht Monate im Amt und acht Jahre gealtert": Zum KURIER-Gespräch mit Hans Jörg Schelling geht's hier.

Nulldefizit geschafft, strikter Sparkurs bleibt

Das kann sich nicht ausgehen: Im Bildungsressort von Gabriele Heinisch-Hosek steigt der Bundesfinanzrahmen zwar in den kommen Jahren kontinuierlich, aber bei Weitem nicht genug, um die strukturellen Mehrkosten abdecken zu können. Besonders die steigenden Gehälter für die 127.000 Lehrer, und auch höhere Mieten und die Instandhaltung der Schulen führen zu einer dramatischen "Unterdeckung" im Bildungsbereich.

Konkret sieht das so aus:

Für das laufende Jahr 2015 sind 7,99 Milliarden Euro für das Bildungsbudget vorgesehen – um 343 Millionen Euro zu wenig, wie auch das Ministerium bestätigt hat.

Für 2016 steigt der Finanzrahmen auf 8,099 Milliarden Euro. Dann müssen allerdings Mietrückstände von 2014 (!) in Höhe von rund 90 Millionen Euro zusätzlich zu den aktuellen Mieten bezahlt werden. Zusätzlicher Spielraum ist also offenbar nicht vorhanden.

In den Folgejahren 2017 und 2018 erhöht sich der Finanzrahmen um jeweils rund 70 Millionen Euro.

"Der Bundesfinanzrahmen für 2016 bis 2019 nimmt keine Rücksicht auf die effektive Entwicklung der Kosten, die im Bildungsbereich durch die hohe Personalquote und die Mieten bedingt sind", warnt Grünen-Bildungssprecher Harald Walser. "Der Finanzminister lässt das Bildungssystem sehenden Auges in den Abgrund fahren."

Das Bildungsressort sei weiterhin von Kürzungen bedroht. "Schon für das laufende Budgetjahr fehlen 343 Millionen Euro."

Lehrer-Mehrarbeit

Walser verweist auf einen entscheidenden Satz im Bundesfinanzrahmengesetz, der noch für viel Wirbel in diesem Jahr sorgen wird: "Ausschöpfung von Effizienzpotenzialen in der Unterrichtsorganisation bzw. Restrukturierung der mit der Unterrichtsorganisation verbundenen Ressourcenallokation."

Gemeint ist damit nicht weniger als der Plan, die Lehrer – und zwar alle 127.000 – um zwei Stunden pro Woche länger unterrichten zu lassen. ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner präzisierte das Vorhaben am Dienstag im Ministerrat: "Die zwei Stunden wären ein realisierbarer Ansatz, aber der jeweilige Fachminister muss den Vorschlag bringen." Nachsatz: "Die Medien wird das freuen. Wir werden schon noch die eine oder andere Auseinandersetzung mit den Betroffenen haben."

Aus dem Bildungsressort hieß es dazu am Dienstag nur: "Wir werden die Unterdotierung gemeinsam mit dem Finanzminister in den Griff bekommen."

Kommentare