„Trennung leicht gemacht“

Streitgespräch Gabriele Heinisch-Hosek & Josef Bucher am Do., 29.8.2013 im KURIER mit Bernhard Gaul
Bucher vs. Heinisch-Hosek: BZÖ-Steuerzuckerl ist für SP-Ministerin Heinisch „frauenfeindlich“.

BZÖ-Parteichef Josef Bucher will den Vätern im Land unter die Arme greifen. Deswegen fordert er, dass 50 Prozent der Alimente steuerlich absetzbar sein sollen. Der KURIER lud ihn und SPÖ-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek zum Streitgespräch.

KURIER: Herr Bucher, finden Sie, dass Frauen gesetzlich generell bevorzugt werden?

Josef Bucher: Nein, aber Männer sind gegenwärtig benachteiligt. Frauen waren benachteiligt, aber nun sind die Männer extrem benachteiligt.

Gabriele Heinisch-Hosek: Die Männer sind doch nicht die Leidtragenden. Wenn ein Vater seinem Kind Alimente zahlt, ist das doch keine Benachteiligung des Vaters.

Bucher: Ich will, dass Männer die Chance bekommen, eine zweite Familie zu gründen. Ein Vater mit einem Durchschnittsgehalt von 1800 Euro im Monat zahlt 700 Euro Unterhalt für zwei Kinder aus erster Ehe. Wie soll dieser Mann eine zweite Familie finanzieren?

Heinisch-Hosek: Das zu reduzieren auf ‚Familie finanzieren‘, diesen Begriff lehne ich ab!

Bucher: Den lehnen Sie ab, aber die Realität ist so. Der Vater will seiner Erstfamilie ja nichts wegnehmen, er will die 700 Euro zahlen. Er will aber auch eine steuerliche Erleichterung, damit er sich ein Kind in einer Zweitbeziehung leisten kann.

Heinisch-Hosek: Es geht doch darum, dass auch die erste Familie gut versorgt ist.

KURIER: Tatsache ist, dass jede achte Frau in Österreich mit einem Kind unter 15 Jahren alleinerziehend ist. Und von 100 Alleinerziehenden ist nur einer männlich.

Bucher: Ich unterstütze die Frauen! Ich will den Müttern ja nichts wegnehmen.

Heinisch-Hosek: Aber so ein Steuerzuckerl wäre doch frauenfeindlich. Die Erziehungs- und Betreuungsarbeit bleibt ja den Frauen. Die kann man nicht von der Steuer absetzen. Und Väter ersparen sich dann noch etwas. Ich möchte stattdessen in Kinderbetreuung investieren.

Bucher: Das ist wieder etwas anderes.

Heinisch-Hosek: Das hängt doch alles zusammen. Man kann sich nicht eine Rosine rauspicken und sagen: „Ha, dann kann ich mir eine zweite Familie leisten“. Das ist billig.

Bucher: Aber Sie müssen irgendwo einmal anfangen. Derzeit leben 65.000 Alleinerzieherinnen an der Armutsgrenze.

Heinisch-Hosek: Eben. Das gehört geändert.

Bucher: Ja, aber Sie sitzen in der Regierung.

KURIER: Ihr Vorschlag kommt vor allem Gutverdienern zugute, Herr Bucher. Väter, die keine Lohnsteuer zahlen, weil ihr Einkommen zu gering ist, gehen hier leer aus.

Bucher: Ein Vater mit einem Durchschnittseinkommen von 1800 Euro kann rund 350 Euro steuerlich absetzen.

Heinisch-Hosek: Der Punkt ist doch, dass es bereits genug Vergünstigungen für Väter gibt. Es gibt eine Obergrenze für Unterhaltskosten. Man kann Absetzbeträge beim Unterhalt geltend machen, das sind 58 Euro pro Kind und Monat. Aber woher soll eigentlich das Geld für Ihr Steuerzuckerl kommen?

Bucher: Das finanziert sich von alleine, wenn die Väter eine zweite Familie gründen.

Heinisch-Hosek: Das finanziert sich nicht von alleine.

KURIER: Bedeutet die Absetzbarkeit von Alimenten nicht auch, dass man sich als Familie Geld spart, wenn man sich scheiden lässt?

Bucher: Na ja, Sie müssen schon getrennt leben. Sie werden sich ja nicht scheiden lassen, um mehr Geld zu bekommen.

KURIER: Na ja, überlegen kann man sich das schon ...

Heinisch-Hosek: Eben, das ist Trennung leicht gemacht.

Bucher: Vielleicht können wir uns in einem anderen Punkt einigen. Es gibt Alleinerzieherinnen, die keinen Unterhalt bekommen, weil der Vater nicht zahlen kann.

Heinisch-Hosek: Dafür haben wir sowieso Regelungen. Aber das Unterhaltsvorschussgesetz gehört verbessert. Da sind wir kurz davor. Momentan haben wir 50.000 Bevorschussungen vom Staat pro Jahr, die Dunkelziffer der Väter, die nicht zahlen, ist sicher viel höher.

KURIER: Welche Reformen stellen Sie sich da vor?

Heinisch-Hosek: Zum Beispiel, dass die Bevorschussung bis zum Ende der Ausbildung verlängert wird und nicht mit dem 18. Lebensjahr endet. Außerdem muss schneller agiert werden, wenn wirklich Zahlungsunfähigkeit herrscht. Da muss der Staat rasch einspringen.

Bucher: Das ist eine unserer zentralen Forderungen. Aber mir geht es auch um die Patchwork-Familien.

Heinisch-Hosek: 100.000 Menschen leben in Patchwork-Situationen.

Bucher: Das sind eine Million Betroffene, die Großeltern gehören da ja auch dazu.

Heinisch-Hosek: Darauf sind wir schon eingegangen. Wir haben die Pflegefreistellung für Patchwork-Elternteile durchgebracht und auch für den leiblichen Vater, der nicht im Haushalt mit dem Kind lebt.

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